In mehreren Projekten, die deutsche katholische Hilfswerke im Ausland unterstützen, kam es in der Vergangenheit zu Missbrauchsfällen. Jetzt reagieren die großen Hilfswerke hierzulande. Projektpartner in anderen Ländern, die kein Schutzkonzept für Minderjährige und Erwachsene vorlegen, sollen in Zukunft keine Förderung mehr erhalten.
Alle unterstützten Projekte müssen Schutzkonzepte vorlegen
Mehrere Jahre lang war ein wegen sexuellen Missbrauchs verurteilter Priester in der Ukraine tätig. Das Bistum Trier hatte den Geistlichen entsandt. Dort arbeitete er in Projekten, die das deutsche Osteuropa-Hilfswerk Renovabis finanziell unterstützt.
- Missbrauch im Heim: Da hat unsere Kindheit aufgehört
Damit sich Fälle wie diese nicht wiederholen, will das Hilfswerk nun entschiedener gegen sexuellen Missbrauch vorgehen – auch in den Partnerländern. Alle Projekte, die von Renovabis Geld erhalten, müssen demnach ein Schutzkonzept zur Prävention sexualisierter Gewalt vorlegen. Sonst dreht das Hilfswerk den Geldhahn zu, erklärt der Sprecher von Renovabis, Matthias Dörr.
"Wer bis Mai kein eigenes Schutzkonzept vorliegen hat, das auch den Kriterien entspricht, wird nicht mehr gefördert." Matthias Dörr
Feste Fristen, das ist neu und gleichzeitig ein Weg, den auch andere katholische Hilfsorganisationen gehen. Das Lateinamerikahilfswerk Adveniat und das Kindermissionswerk stoppen die Förderung zum September 2023, wenn bis dahin kein ausreichendes Schutzkonzept vorliegt.
Auch Missionswerk Missio setzt auf finanziellen Anreiz
Auch Alexandra Roth vom katholischen Missionswerk Missio in München sieht im finanziellen Hebel die einzige Möglichkeit, international mehr Schutz von Kindern und Jugendlichen zu erreichen. Feste Fristen setzt Missio jedoch nicht.
Das Hilfswerk hat seine rund 600 Partnerprojekte in aller Welt angeschrieben und entsprechende Konzepte eingefordert. Im Zweifelsfall will auch missio die Fördermittel streichen und die Zusammenarbeit beenden, sagt Roth.
Evangelische Hilfswerke gehen einen anderen Weg
Anders die evangelischen Hilfswerke Brot für die Welt und Diakonie Katastrophenhilfe: Sie fordern derzeit keine eigenen Schutzkonzepte von ihren Partnern. Allerdings müssen die Partner eine Selbsteinschätzung abgeben und gegebenenfalls nachbessern. Beide Hilfswerke haben zudem Länderbüros eingerichtet, die auf Schutzmaßnahmen vor Ort achten sollen.
Hilfswerke wollen mit Stichproben Arbeit vor Ort prüfen
Bleibt die Frage: Wer prüft, ob die Schutzkonzepte im Ausland auch umgesetzt werden? Letztlich liegt die Verantwortung vor allem bei den Partnerorganisationen. Den deutschen Hilfswerken bleibt nur die Option, Stichproben zu machen, das Gespräch mit den Partnerorganisationen zu suchen oder in Schulungen zu investieren. "Ein Schutzkonzept ist nur ein Stück Papier", unterstreicht Susanne Brenner-Büker von der Stabsstelle Kinderschutz beim Kindermissionswerk. Es sei aber vor allem wichtig, dass der Inhalt umgesetzt werde. Dazu fördere man schon an vielen Stellen die Ausbildung von Fachleuten vor Ort.
Eines ist klar: Eine hundertprozentige Sicherheit geben auch solche Konzepte und Vereinbarungen nicht. Dass die Hilfswerke jetzt Druck machen, kann jedoch dazu führen, dass die Sensibilität für sexuellen Missbrauch in den Partnerländern überall auf der Welt wächst.
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