Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, will Mitgliedern der rechtspopulistischen AfD den Zugang zu kirchlichen Laien-Ämtern verwehren. "Ein aktives Eintreten für die AfD widerspricht den Grundwerten des Christentums", hatte sie dem Onlineportal "Kirche und Leben" Anfang der Woche gesagt. Eine AfD-Mitgliedschaft sei daher aus ihrer Sicht mit der Übernahme eines Kirchenamtes unvereinbar.
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Stetter-Karp: Ablehnung von AfD-Mitgliedern prüfen
Trotz des Aufsehens, das sie damit auslöste, bekräftigt sie im Interview mit BR24 ihre Position. Es sei "eindeutig, dass antisemitische, rassistische, menschenverachtende Haltungen und Äußerungen keinen Platz in einer katholischen Organisation haben", sagt die Sozialwissenschaftlerin. Gemeint sind alle Ämter, die es in der kirchlichen Vereinswelt eben so gibt: vom Pfarrgemeinderat bis zur Kita, stellt Stetter-Karp gegenüber dem BR klar.
Sie regt an, bei einer Kandidatur von AfD-Mitgliedern um kirchliche Mandate eine Ablehnung zu prüfen. "Rechtlich entscheidend sind hier allerdings die jeweiligen Satzungen und Wahlordnungen." Es sei "das absolute Minimum, ein Bekenntnis zu christlichen Werten und zur freiheitlich demokratischen Grundordnung gezielt abzuprüfen und eine Wahl an dieses individuelle Bekenntnis zu binden."
AfD-Mitglieder: Wir werden pauschal verurteilt
Das könnte in der Praxis durchaus Folgen haben: "Es gibt ja genug Christen in der AfD, und da sind sicherlich einige, die das gerne machen möchten", sagt Jutta Flores-Garcia. Sie ist AfD-Mitglied im unterfränkischen Kreisverband Miltenberg – und Katholikin. Sie selbst hat kein Kirchenamt inne, stattdessen engagiert sich die Unterfränkin in der innerparteilichen Gruppierung "Christen in der AfD".
Der ZdK-Präsidentin hält Flores-Garcia entgegen, sie würde generalisieren: "Diese pauschalen Urteile, die da immer kommen, mit Nazi und radikal und, weiß der Kuckuck, von der Gesinnung her – das stimmt ja alles gar nicht."
Das sagt auch Wolfgang Reitinger, AfD-Mitglied im schwäbischen Landkreis Unterallgäu – und Sprecher der lokalen "Christen in der AfD". Bis zu seiner Pensionierung unterrichtete er unter anderem katholische Religion. Würde die Kirche AfDlern Ämter verwehren, wäre das seiner Meinung nach schlichtweg Ausgrenzung.
Für die Kirche würde dadurch ein großer Schaden entstehen, so Reitinger, und es würde der Polarisierung weiter Vorschub leisten. "Es ist eine üble Forderung, aber diese Forderung kommt für mich jetzt nicht überraschend. Wir in der AfD müssen täglich mit Ausgrenzung leben. Meine Tochter ist 1996 gestorben, und seitdem ich AfD-Mitglied bin, hat jemand ständig Müll auf das Grab geworfen", sagt er im Gespräch mit BR24.
Was sagen Juristen zu einem Ausschluss?
Der Jurist Stefan Korioth, Professor für Öffentliches Recht an der Ludwig-Maximilians-Universität, findet, dass die Kirche als religiöse Gemeinschaft durchaus die Möglichkeit habe, beim Zugang zu Ämtern auf die Kompatibilität mit ihren Auffassungen zu achten. "Aber so pauschal vorzusortieren, ist nicht unproblematisch." Die AfD sei keine verbotene Partei. Die Kirche spreche sogar die Empfehlung aus, sich politisch zu engagieren, so Korioth zu BR24. Auch Papst Franziskus hatte es 2019 als "kreative und verantwortungsvolle Aufgabe der Christen" bezeichnet, sich aus dem Glauben heraus sozial und politisch einzubringen.
Rechtlich gesehen, kann jeder Verein AfDlern nicht nur Ämter, sondern sogar die Mitgliedschaft verwehren, sagt der Kirchenrechtsexperte Thomas Schüller: "Bei der Aufnahme in den Verein besteht immer Aufnahmefreiheit. Und da könnten tatsächlich die katholischen Jugendverbände, aber auch Erwachsenenverbände eine Bestimmung aufnehmen, AfD-Mitglieder grundsätzlich nicht in Vereine aufzunehmen und auch wieder aus dem Verein auszuschließen."
Dazu müsste eine Mitgliederversammlung nur die Statuten um diesen Punkt erweitern. Schüller hält Satzungsänderungen per se zuungunsten der AfD aber ebenfalls für problematisch. Er rät lediglich zu der sinngemäßen Formulierung: "Bewerber für die Aufnahme in den katholischen Verein oder die schon drin sind, die sich vereinsschädigend im Sinne einer rassistischen, antisemitischen Äußerung verhalten, werden entweder nicht aufgenommen oder können aus dem Verein entlassen werden." Allerdings: Auch das müssten kirchliche Vereine und Verbände erstmal in ihre Statuten aufnehmen.
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