Für Friedrich Merz ist die Sache klar: "Wir haben es mit einem veritablen Problem mangelnder Integration junger Menschen zu tun." Der CDU-Chef sitzt im Studio von Markus Lanz und spricht über die Ursachen der Gewalt in der Silvesternacht. Merz redet von einer kleinen Gruppe von Ausländern, die keinen Respekt habe vor dem Rechtsstaat. Es seien überwiegend Jugendliche aus dem arabischen Raum, die nicht bereit seien, sich an die Regeln zu halten.
Schon an Grundschulen erleben Lehrkräfte nach der Beobachtung des CDU-Chefs verbale Gewalt. Wenn diese Kinder zur Ordnung rufen, kämen dann die Väter in die Schulen und verbäten sich das. Und dann fällt ein Satz, der nachhallt: "Insbesondere, wenn es sich um Lehrerinnen handelt, dass sie ihre Söhne, die kleinen Paschas, da mal etwas zurechtweisen."
"Ich hätte gedacht, wir sind weiter"
Wenige Stunden nach dem Merz-Aufritt sitzt Reem Alabali-Radovan auf dem Podium der Bundespressekonferenz in Berlin – und ist entsetzt. Die SPD-Politikerin ist die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung und zuständig für den Kampf gegen Rassismus. Aussagen wie "kleine Paschas" lehne sie entschieden ab: "Diese Bemerkung schürt rassistische Ressentiments und kann auch zur Stigmatisierung von ganzen Gruppen führen."
Alabali-Radovan findet es nach eigenen Worten "erschreckend", dass in der Debatte über die Silvesternacht immer wieder rassistische Ressentiments zu hören seien. "Ich hätte gedacht, wir sind mittlerweile weiter und können sachlich darüber reden, was passiert ist."
Die Staatsministerin kritisiert auch die Forderung der Berliner CDU, nach den Ausschreitungen die Vornamen der Tatverdächtigen zu veröffentlichen. "Wir müssen die Täter von Silvester nach ihren Taten beurteilen und nicht nach ihren Vornamen", so Alabali-Radovan.
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Sozialarbeiter und Strafverfolgung
Die SPD-Politikerin findet es wichtig, eine Diskussion darüber zu führen, warum sich Jugendliche nicht mehr als Teil einer Gesellschaft sehen. Sie sei aber enttäuscht, wie schnell es zu so einer emotionalen Debatte gekommen sei. Angesprochen auf mögliche Antworten auf die Gewalt in der Silvesternacht, nennt Alabali-Radovan die Vorschläge für ein schärferes Waffenrecht und den Runden Tisch zur Jugendgewalt in Berlin.
Während die Integrationsbeauftrage der Bundesregierung ihren Lagebericht über Rassismus in Deutschland vorstellt, steht auch Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) vor den Mikrofonen. Sie fordert im Roten Rathaus eine "gemeinsame Kraftanstrengung" für mehr Respekt in der Stadt.
Eine konzertierte Aktion solle helfen, die Probleme in den Griff zu bekommen. Inklusive einer konsequenten Strafverfolgung und Sozialarbeit. Einzelheiten sollen bis Ende Februar feststehen. Giffey stellt Ausgaben in Millionenhöhe in Aussicht. Allerdings fehlt oft gar nicht das Geld, sondern das Personal.
Silvestergewalt dominiert Wahlkampf in Berlin
Runde Tische, konzertierte Aktionen – es sind bekannte Werkzeuge, zu denen Politikerinnen und Politiker greifen, um Handlungsfähigkeit zu demonstrieren. Giffey kämpft um ihre Wiederwahl am 12. Februar. Dann wird in Berlin nach diversen Pannen die Wahl zum Abgeordnetenhaus wiederholt.
Ihre Herausforderin Bettina Jarasch von den Grünen hatte Giffey Anfang der Woche indirekt vorgeworfen, auf die Gewalt in der Silvesternacht nicht richtig vorbereitet gewesen zu sein. Jarasch forderte ein rasches Schutzkonzept für die Einsatzkräfte. Die Gewalt in der Silvesternacht ist längst zum Wahlkampfthema geworden.
Wer für die Gewalt verantwortlich ist, lässt sich nach wie vor nicht eindeutig sagen. Die Berliner Polizei spricht bisher von 145 Festgenommenen mit 18 verschiedenen Nationalitäten. Das Bundeskriminalamt arbeitet momentan an einem deutschlandweiten Lagebild.
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