Schon seit drei Jahren wird eine Abgabe auf fossile Brennstoffe wie Gas, Benzin und Öl fällig. Der sogenannte CO₂-Preis wird erhoben, um den Verbrauch dieser Brennstoffe und damit klimaschädliches Verhalten zu belasten. Dieser Preis ist erst im Januar gestiegen und wird in den nächsten Jahren weiter steigen, das ist schon lange so entschieden und auf europäischer Ebene vereinbart. Dadurch soll der Anreiz zunehmen, auf klimafreundliche Produkte und Produktionen umzusteigen.
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Einnahmen aus CO₂-Preis soll an die Bürger zurückfließen
Im Koalitionsvertrag hat die Ampel-Koalition beschlossen, einen "sozialen Kompensationsmechanismus" zu schaffen, um den Anstieg des CO₂-Preises finanziell auszugleichen. Gemeint ist, die Einnahmen aus dem CO₂-Preis sollen in Form eines Klimagelds an die Bürgerinnen und Bürger ausgezahlt werden. Doch bisher gibt es kein Klimageld.
In den vergangenen Tagen ist der Druck auf die Bundesregierung immer größer geworden. 16 Verbände und Organisationen aus den Bereichen Umwelt- und Klimaschutz, Soziales und Verbraucherschutz haben einen offenen Brief an Bundesfinanzminister Christian Lindner geschrieben. In dem Schreiben fordern sie die Einführung des Klimagelds noch vor der nächsten Bundestagswahl, also spätestens 2025.
Breites Bündnis fordert schnelle Klimageld-Einführung
In dem Schreiben heißt es, viele der Verbände hätten sich für die CO₂-Bepreisung eingesetzt - unter der Bedingung, dass die gezahlten Beiträge als Klimageld an die privaten Haushalte rückerstattet werden.
Das Geld dürfe nicht im Staatshaushalt für andere Aufgaben verplant werden. Mit dem Klimageld könne die gesellschaftliche Akzeptanz für Klimaschutzmaßnahmen gestärkt werden, heißt es in dem Brief weiter. Zudem gehe es darum, Klimaschutz sozial gerechter zu machen.
Ökonomin: "Zahlung pro Kopf ist der transparenteste Mechanismus"
Auch Ökonomen setzen sich für das Klimageld ein. Wirtschaftswissenschaftlerin Veronika Grimm erinnert an den Kerngedanken der Maßnahme: Wird der CO₂-Preis erhöht, bekommen die Menschen die steigenden Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung als Ausgleich zurückgezahlt. Das wäre spätestens jetzt der Fall.
"Die Zahlung des Klimagelds pro Kopf ist der transparenteste Mechanismus", sagt Grimm von der Universität Erlangen-Nürnberg im BR24-Interview. Das wäre auch sozial ausgewogen, erklärt sie. Denn: Leute mit kleinen Einkommen haben meist einen geringeren CO₂-Fußabdruck, weil sie sich zum Beispiel nicht so viele Flugreisen leisten und damit das Klima weniger schädigen als wohlhabende Menschen.
CO₂-Preis soll keine neue Einnahmequelle für den Staat sein
Veronika Grimm, die als Wirtschaftsweise die Bundesregierung berät, betont die Wichtigkeit der CO₂-Bepreisung: Ohne dieses Instrument sei nicht absehbar, wie man die klimaschädlichen Emissionen reduziert bekommt, um die Klimaschutzziele zu erreichen.
Allerdings: "Es ist wichtig, dass die Menschen verstehen, dass das keine zusätzliche Einnahme für den Staat ist, sondern der Staat zahlt uns das zurück. Die Anreizwirkung bleibt erhalten." Clever sei demnach, CO₂ einzusparen und dadurch weniger finanziell belastet zu werden, zugleich aber von den steigenden Einnahmen des CO₂-Preises zu profitieren.
Bürger sollen möglichst viele Einnahmen zurückbekommen
Unterstützung bekommt Ökonomin Veronika Grimm von Matthias Kalkuhl, Professor für Klimawandel, Entwicklung und Wirtschaftswachstum an der Universität Potsdam. Wie gerecht das Klimageld ist, hänge von der Ausgestaltung ab. "Grundsätzlich sollten möglichst viele Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung zurückerstattet werden", fordert der Wissenschaftler gegenüber BR24. Von einer Pro-Kopf-Zahlung würden vor allem ärmere Haushalte profitieren, erklärt er ähnlich wie Grimm. Möglich wäre aber auch, die Auszahlung je nach Region, in der man lebt, oder je nach Klimazustand des Gebäudes, in dem man wohnt, unterschiedlich zu gestalten.
In jedem Fall sollte das Klimageld schnellstmöglich kommen, betont Kalkuhl: "Wenn die CO₂-Bepreisung nur als Instrument wahrgenommen wird, die Bürgerinnen und Bürger zu schröpfen und um Geld in die Staatskasse zu spülen", leide die Akzeptanz für den Klimaschutz. Mit Hilfe des Klimagelds soll Klimaschutz kostengünstig werden.
Grüne erhöhten den Druck
In den vergangenen Tagen machten die Grünen in der Bundesregierung Druck. Katharina Dröge, Vorsitzende der Bundestagsfraktion, forderte: Sobald geklärt sei, wie das Geld an die Bürgerinnen und Bürger ausgezahlt werden kann, müsse es auch kommen.
Auslöser war ein Interview am Wochenende mit Finanzminister Lindner von der FDP. Er hatte gesagt, dass erst 2025 die technischen Möglichkeiten geschaffen werden, um ein Klimageld an die Bürger auszahlen zu können. Ob das Geld dann wirklich komme, müsse von der nächsten Bundesregierung entschieden werden. Auch die FDP-Bundestagsfraktion stand bisher mit Verweis auf die ungeklärte Finanzierung auf der Bremse.
Liberale lenken ein - stellen aber Bedingungen
Inzwischen kommen aus der Fraktion andere Töne. Die FDP-Bundestagsabgeordneten zeigen sich jetzt offen für den von den Koalitionspartnern gewünschten Start der Auszahlung noch vor der nächsten Bundestagswahl.
Allerdings stellen die Liberalen Bedingungen. Für das Klimageld gebe es dann grünes Licht, wenn im Klima- und Transformationsfonds Ausgaben für Subventionen gestrichen werden, heißt es aus der FDP-Fraktion. Aus diesem Fonds soll das Klimageld nämlich finanziert werden.
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Lukas Köhler macht konkrete Sparvorschläge. So sollten zum Beispiel Subventionen zur Förderung der Chip-Produktion in Deutschland, klimafreundlicher Industrieprozesse und der E-Mobilität gestrichen werden.
Klimageld: 100 Euro für jeden Bürger?
Mit den eingesparten Mitteln soll das Klimageld finanziert werden. Köhler sagt dem ARD-Hauptstadtstudio: Jeder Bürger könnte dann ab dem kommenden Jahr ein Klimageld in Höhe von 100 Euro erhalten. In den folgenden Jahren würde sich die Summe noch mal deutlich erhöhen, so der FDP-Politiker.
Das Bundesfinanzministerium wollte die Vorstöße aus der FDP-Bundestagsfraktion nicht bewerten. Genauso wenig wie das Bundeswirtschaftsministerium, in dessen Verantwortungsbereich der Klima- und Transformationsfonds fällt. Die Einsparvorschläge dürften dort auf wenig Begeisterung stoßen.
- Zum Artikel: CO₂-Umlage: Vermieter müssen sich beteiligen
Dieser Artikel ist erstmals am 17.01.2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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