Millionen Beschäftigte und Rentner müssen sich zum Jahreswechsel auf noch stärker steigende Kassenbeiträge als erwartet einstellen. Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung warnte am Freitag, dass der von jeder einzelnen Kasse berechnete Zusatzbeitrag in vielen Fällen den von der Bundesregierung geplanten Durchschnitt von 2,5 Prozent deutlich zu überschreiten drohe.
AOK-Vorsitzende: "Es wird richtig happig"
Die Vorstandsvorsitzende Doris Pfeiffer sagte der "Augsburger Allgemeinen": "Die Krankenkassen haben im kommenden Jahr einen drastischen Erhöhungsdruck." Mehrere Kassen hätten bereits Beitragserhöhungen angekündigt, die über den 0,8 Prozentpunkten lägen, die der vom Bund beauftragte Schätzerkreis prognostiziert hat.
"Zum Jahreswechsel wird es für Beitragszahler und Arbeitgeber richtig happig", sagte auch die Vorsitzende des AOK-Bundesverbands Carola Reimann der Zeitung. Wie bereits erfolgte Ankündigungen einiger Kassen zeigten, "werden 0,8 Prozentpunkte nicht überall ausreichen", betonte sie.
Krankenkassen haben kaum noch Reserven
Der Zusatzbeitrag klettere auf einen historischen Höchststand. "Das liegt vor allem daran, dass die Politik in den letzten Jahren die Kassenrücklagen abgeschmolzen und immer mehr Instrumente zur Ausgabensteuerung abgeschafft hat, während gleichzeitig die Entwicklung der Ausgaben steil nach oben zeigt", sagte Reimann.
"Bei den meisten Krankenkassen stehen keine Reserven mehr zur Verfügung, um Beitragssteigerungen im nächsten Jahr zu vermeiden oder auch nur abzumildern", betonte auch die Spitzenverbandsvorsitzende Pfeiffer. Für immer mehr Kassen sei es ein Problem, ihre gesetzliche Mindestreserve von 20 Prozent der Ausgaben eines Monats vorzuhalten.
Kassen werfen der Politik vor, Kosten abzuwälzen
"Vor diesem Hintergrund ist unerklärlich, dass die Gesundheitspolitik der sich immer schneller drehenden Beitragsspirale tatenlos zuschaut", kritisierte die Verbandsvorsitzende. Die Krankenkassen kritisieren seit Langem, dass die Regierung politische Maßnahmen wie die bessere Bezahlung von Pflegekräften, die Kosten der geplanten Krankenhausreform oder die Versorgungskosten einer steigenden Zahl von Bürgergeldempfängern allein auf die gesetzlichen Versicherten abwälze. Der Bund müsse diese versicherungsfremden Leistungen endlich vollständig übernehmen, fordert die Chefin des AOK-Bundesverbands Reimann.
Der festgeschriebene allgemeine Beitragssatz der gesetzlichen Krankenkasse beträgt 14,6 Prozent, die Hälfte davon trägt der Arbeitgeber. Krankenkassen können ergänzend noch einen Zusatzbeitrag erheben, der unterschiedlich hoch sein kann. Damit soll auch der Wettbewerb gestärkt werden. Im Schnitt liegt der Zusatzbeitrag aktuell bei 1,7 Prozent; laut ersten Prognosen könnte er auf über 2,5 Prozent ansteigen. Erhöht eine Kasse den Zusatzbeitragssatz, haben die Mitglieder ein Sonderkündigungsrecht.
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