Ein Leopard-2-Panzer der Bundeswehr, der von der NATO eingesetzt wird (aufgenommen am 07.06.22).
Bildrechte: pa/dpa/Michael Kappeler
Videobeitrag

Ein Leopard-2-Panzer der Bundeswehr, der von der NATO eingesetzt wird (aufgenommen am 07.06.22).

Videobeitrag
>

Leopard 2-Panzer für die Ukraine: Der "Gamechanger"?

Leopard 2-Panzer für die Ukraine: Der "Gamechanger"?

Die Ukraine erhält westliche Kampfpanzer, auch aus Deutschland. Obwohl noch einige Fragen offen sind: Welche Fähigkeiten bekommen Kiews Truppen mit "Leopard 2" & Co – und wie könnte sich das auf den Kriegsverlauf auswirken?

Über dieses Thema berichtet: BR24live am .

Egal ob der britische "Challenger", der französische "Leclerc", der US-amerikanische "Abrams" oder eben der deutsche "Leopard 2" – die Ukraine muss ihre Panzertruppen auf ein westliches Modell umstellen. Der Grund: Für die bisher von der ukrainischen Armee eingesetzten russischen bzw. ehemals sowjetischen Kampfpanzer-Modelle werden mittel- bis langfristig Ersatzteile und Munition ausgehen.

  • Zum Artikel: Wird Deutschland wegen der Panzerlieferungen zur Kriegspartei?

Technik, Schutz: Westliche Kampfpanzer überlegen

Hinzu kommt, dass westliche Kampfpanzer den jeweils vergleichbaren russischen Panzern im Kampf überlegen sind. Sie verfügen über computergestützte Feuerleittechnik, können Ziele über mehrere Kilometer Entfernung bekämpfen – und das auch während der Fahrt. Außerdem sind Besatzungen bei Volltreffern besser geschützt als in russischen Panzertypen. Experten sprechen hier von der sogenannten Überlebensfähigkeit.

Schon um den russischen Truppen weiter standhalten zu können, braucht die Ukraine nach Einschätzung von Militäranalysten zwingend westliche Kampfpanzer wie den "Leopard 2". Und das angegriffene Land möchte diese Panzer so schnell wie möglich, mit Blick auf eine mögliche russische Frühjahrsoffensive.

Militärexperte Glas: Ukraine braucht neues Material

"Die Ukraine steht in einem Abnutzungskampf", erläutert Militär-Analyst Andreas Glas bei BR24live. Glas arbeitet an der Universität der Bundeswehr in München, ist dort Experte für Rüstungsbeschaffung. Er sagt: Zwar habe das Land bisher erfolgreich die russische Invasion stoppen können – um selbst wieder in die Offensive gehen zu können, brauche es aber neues Material wie Kampfpanzer. Dazu komme, dass Russland noch große Material-Reserven habe, etwa bei den Kampfpanzern.

Obwohl die russische Armee einen "Krieg gegen die Verkehrswege" führe, rechnet der Militärexperte damit, dass die westlichen Lieferungen "in ein paar Wochen" wirksam werden könnten. Allerdings brauche es auch die entsprechende Ausbildung für die ukrainischen Soldaten. Laut Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) kann Deutschland der Ukraine in rund drei Monaten die ersten Leopard-Kampfpanzer zur Verfügung stellen. Mit der Ausbildung ukrainischer Soldatinnen und Soldaten an dem Panzer wolle man "sehr schnell" beginnen, ebenso damit, die Nachschubwege zu klären.

Kampfpanzer sind Angriffswaffen – Erfolg offen

Grundsätzlich sind Kampfpanzer Angriffswaffen. Sie könnten also bei möglichen Offensiven der ukrainischen Armee, etwa für die Befreiung von Russland besetzter Gebiete, eine wichtige Rolle spielen. In welchem Umfang sie das Kriegsgeschehen beeinflussen und als sogenannte "Gamechanger" sogar entscheidend verändern könnten, hängt nicht zuletzt davon ab, wie viele Kampfpanzer von westlichen Verbündeten an die Ukraine geliefert werden – und wie stabil der Nachschub an Panzern, Ersatzteilen und Munition wird.

Die ukrainische Armeeführung hält eine Zahl von rund 300 Kampfpanzern für nötig. Wie viele Panzer insgesamt die Verbündeten bis wann zur Verfügung stellen, ist noch nicht klar. Die aus Deutschland zunächst zugesagten 14 "Leopard 2" aus Bundeswehr-Beständen allein werden keinen großen Einfluss auf das Kriegsgeschehen haben. Aber die deutsche Entscheidung macht auch den Weg für Leopard-Lieferungen aus anderen Staaten frei. Als Herstellerland muss Deutschland solche Exporte genehmigen. Nach dem deutschen Beschluss haben bereits Spanien und die Niederlande angekündigt, ihrerseits auch Kampfpanzer zu liefern.

"Leopard 2" schneller verfügbar als andere Typen

Was den deutschen Kampfpanzer aus ukrainischer Sicht so interessant macht, ist nicht nur seine Kampfkraft, sondern vor allem seine Verbreitung. Rund 3.500 Stück wurden in unterschiedlichen Versionen seit Ende der 1970er-Jahre produziert. Geschätzt 2.500 davon befinden sich in Europa, verteilt auf 14 Länder.

Mehrere europäische Armeen haben "Leopard 2" in ihren Depots und könnten aus diesen Reservebeständen Panzer an die Ukraine abgeben. Auch Polen und Finnland haben ihren Willen zu Lieferungen signalisiert. Norwegen, Dänemark oder Schweden kommen ebenfalls als Lieferanten in Frage.

Glas: Leopard könnte "gewisse Überlegenheit" bieten

Militärexperte Glas zufolge könnten die "Leopard 2" im Landgefecht "eine gewisse Überlegenheit" bieten. Topographisch gebe es in der Ukraine "panzergünstiges Gelände", der Leopard sei sicher ein Waffensystem, das der Ukraine helfe. "Wir unterstützen die Ukraine so, dass Russland seine Kriegsziele nicht erreichen kann", fasst er die Politik der westlichen Alliierten zusammen.

Glas stellt im BR24live aber auch klar, dass Kampfpanzer nur im Verbund mit anderen Elementen funktionieren – etwa mit Schützenpanzern und Panzerhaubitzen. Angesichts der sich verändernden Waffenlage erwartet er in der Ukraine "eher das Entstehen eines Patts", warnt aber vor einem "Blick in die Glaskugel".

Pistorius: Kampfpanzer möglicherweise "wichtiger 'Gamechanger'"

Deutschlands Verteidigungsminister kann sich derweil vorstellen, dass die Lieferung von Kampfpanzern die entscheidende Wende bringt. Pistorius nennt die Entscheidung historisch – und fügt hinzu: "Das ist ein wichtiger 'Gamechanger' möglicherweise in diesem Krieg oder in dieser Kriegsphase."

Karte: Die militärische Lage in der Ukraine

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!