Nachdem ein Hubschrauber der iranischen Präsidentenflotte am Sonntagmittag offenbar abgestürzt ist, ist das Schicksal des iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi unklar. Die staatliche iranische Nachrichtenagentur "Irna" berichtete, Raisi und sein Außenminister Hossein Amir-Abdollahian seien unter den Passagieren des Hubschraubers. Manche iranische Medien sprechen von einer "harten Landung", andere wiederum von einem "Absturz" in einer bergigen Waldregion. Hinweise zu einem absichtlich herbeigeführten Absturz gibt es bislang nicht.
Insider gegenüber Reuters: Raisi in Lebensgefahr
Am Sonntagabend wurde bekannt, dass Retter Kontakt zu zwei Insassen des Hubschraubers herstellen konnten. In einem Interview des Staatsfernsehens sagte der Vizepräsident für Exekutivangelegenheiten, Mohsen Mansuri, dass mehrfach bereits mit der Besatzung Kontakt aufgenommen worden sei. Nähere Details gab der Politiker am späten Sonntagabend nicht preis.
Einem Insider zufolge soll sich Raisi in Lebensgefahr befinden. Dies gelte auch für Außenminister Amir-Abdollahian, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am Sonntag von dem Insider, der namentlich nicht genannt werden wollte. "Wir haben noch immer Hoffnung, aber die Informationen, die von der Absturzstelle kommen, sind sehr beunruhigend." Der Hubschrauber sei abgestürzt, als er auf dem Rückweg von einem Besuch an der Grenze zu Aserbaidschan bei dichtem Nebel ein Berggelände überflogen habe.
Rettungskräfte mit Drohnen und Spürhunden unterwegs
Die Bergung des Helikopters gestaltet sich in unwegsamen Gelände bei schlechter Witterung und Dunkelheit schwierig. Auf sozialen Medien waren Bilder von Rettungskräften in der Region inmitten dichten Nebels zu sehen. Die Route sei matschig und fern von Straßen, daher würden die Retter zu Fuß weitersuchen, wie ein Reporter im Staatsfernsehen sagte.
Der 63-jährige Raisi hatte sich an Bord eines Hubschraubers vom Typ Bell 212 befunden, der Teil eines Konvois von insgesamt drei Hubschraubern war. Zwei der Helikopter landeten sicher in der Stadt Täbris im Nordwesten, nicht aber der Hubschrauber mit Raisi an Bord.
Die Europäische Kommission unterstützt den Iran bei der Suche nach der Unglücksstelle. Der für die EU-Krisenhilfe zuständige EU-Kommissar Janez Lenarcic schrieb am Sonntagabend auf der Plattform X, auf das iranische Hilfeersuchen hin werde der Kartenservice des Copernicus Notfalldiensts der Europäischen Kommission aktiviert. Der Dienst liefert eigenen Angaben zufolge auf Abruf detaillierte Informationen für Notfallsituationen, indem er auf Satellitenbasis Geodaten und Bilder bereitstellt.
Raisi war im Nordwesten des Landes bei Staudamm-Einweihung
Raisi war zu Besuch in der Provinz Ost-Aserbaidschan im Nordwesten des Iran. Dort hatte er zusammen mit dem aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Alijew einen Staudamm an der Grenze der beiden Länder eingeweiht. Es sollte ein Zeichen der Kooperation sein, nachdem die Beziehung der Nachbarländer zuletzt angespannt war.
Raisi wurde 2021 im zweiten Anlauf zum Präsidenten gewählt. Der 63-Jährige gilt als Hardliner. Er hatte etwa die blutige Niederschlagung von landesweiten Protesten, nach dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amini in Polizeigewahrsam, vor anderthalb Jahren angeordnet. Die sogenannte Sittenpolizei hatte sie festgenommen, weil sie ihr Kopftuch falsch getragen haben soll.
Was passiert im Falle des Todes von Raisi?
Sollte Raisi tatsächlich ums Leben kommen, würde sein Stellvertreter, Vizepräsident Mohammad Mochber das Kabinett leiten – mit Erlaubnis des Revolutionsführers Ajatollah Ali Chamenei. Ein neuer Präsident müsste innerhalb von 50 Tagen gewählt werden. Eigentlich sollte die nächste Präsidentschaftswahl erst im kommenden Jahr stattfinden. Irans Kabinett kam am Abend zu einer Krisensitzung zusammen, die von Mochber geleitet wurde, wie die staatliche Nachrichtenagentur Irna berichtete.
Chamenei betet für Raisi – Freude bei Regime-Gegnern
Irans Oberster Führer Chamenei rief nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Irna die Bevölkerung auf, nicht besorgt oder ängstlich zu sein. "Es wird keine Unterbrechung der Regierungsgeschäfte geben", versicherte das geistliche Oberhaupt der Islamischen Republik. Die Staatsangelegenheiten würden durch den Zwischenfall nicht beeinträchtigt. Chamenei erklärte weiter, er bete für die Unversehrtheit Raisis.
Bei Regime-Gegnern in den sozialen Medien überwiegt die Freude über den vermuteten Tod Raisis. Sie machen am Sonntag auf die Vielzahl von Hinrichtungen nach den Protesten um Mahsa Amini aufmerksam, die auch Raisi zu verantworten habe. Auf der Nachrichtenplattform "X" kursieren Bilder von Feuerwerk über dem Nachthimmel Teherans.
Mit Informationen von AFP, dpa und Reuters
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!