Sie stammen aus dem tiefsten Mittelalter oder sind heutzutage vielleicht noch beim Turnierkampf im oberbayerischen Kaltenberg zu sehen: edle Ritter, hoch zu Ross, mit Rüstung, Schwert und Schild. So die landläufige Meinung. Was viele nicht wissen: Neben all dem Spektakel und der Verkleidung gibt es sie auch heute noch – echte Ritter.
Wer wird heutzutage noch Ritter?
Am vergangenen Wochenende erhielten sieben Männer und Frauen den Ritterschlag in Passau, sie gehören damit zum "Ritterorden zum Heiligen Georg". Einer der neu aufgenommenen ist Georg Rodenbach. Passender Name, sagt er. Der 76-Jährige war Religionslehrer und außerdem 30 Jahre lang für SOS-Kinderdörfer in Brasilien tätig.
Dass er nun Ritter ist, soll man nicht an einer Rüstung, sondern an seinen Taten erkennen. Er selbst fragt sich: "Was kann man in meinem Falle noch mehr tun für Kinder?" Georg Rodenbach gibt auch Deutschunterricht für Geflüchtete und betreut traumatisierte Kinder aus der Ukraine. Was ihn dabei motiviert, ist sein christlicher Glaube – auch ein Bestandteil des Ritterordens.
Der Ritterorden zum Heiligen Georg wurde 1326 gegründet und nach einer Ruhezeit im Jahr 1990 erneuert. Er ist der erste in Europa gestiftete königliche Ritterorden, der den Namen des Heiligen Georg trägt und dessen Fortbestehen nie unterbrochen wurde.
Warum tritt man heute in einen Ritterorden ein?
Hauptziele des Ordens seien heute die Völkerverständigung – das Mitwirken am Frieden und der Austausch mit Gleichgesinnten – aber auch die Bereitschaft, Schwächeren beizustehen, sagt Constanze Müller, die ebenfalls erst neu zur Ritter-Dame geschlagen wurde. Die Mitglieder des Ordens sind außerdem unter anderem in der Pflege der Wissenschaften und der Wahrung von Werten und Traditionen tätig.
Für die 60-jährige Constanze Müller war dies auch ein Grund, in den Ritterorden einzutreten. "Ich bin ein konservativer Mensch", sagt sie im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk. Die Pflege klassischer Werte wird aus ihrer Sicht "immer wichtiger in der heutigen Zeit". Dazu zählt sie "Haltung, Respekt, Ehrlichkeit, Moral und vor allem natürlich die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, die Bereitschaft, zu leisten".
Wie wird man in den Ritterorden aufgenommen?
Der Ritterorden ist – im Gegensatz zum Mittelalter – heutzutage ein christlicher Verein. Doch man kann nicht einfach beitreten. Aufgenommen wird nur, wer gewisse Anforderungen erfüllt. "Wir sind kein Larifari-Unternehmen. Da muss die Idee stimmen, die Einstellung zum Karitativen, zum Sozialen und immer wieder zum Völkerverständigenden", betont Konrad Kobler, Großprior des Ritterordens.
Wer Mitglied werden will im Ritterorden zum Heiligen Georg, der muss laut Ordens-Konstitution unter anderem ein "unbescholtenes Vorleben" haben, einem christlichen Bekenntnis angehören und mindestens 27 Jahre alt sein. Der Anwärter oder die Anwärterin muss erklären, welche Arbeit er auf sich nehmen möchte und die Idee des Ordens für sich verbindlich erklären. Außerdem muss er oder sie während der vorgeschriebenen Zeit der Anwartschaft, die üblicherweise ein bis drei Jahre beträgt, "durch eine herausragende Tätigkeit auf sich aufmerksam" gemacht haben.
Ritterschlag zeremonieller Höhepunkt des Aufnahmeverfahrens
Nur in zwei Städten Europas – im Gründungsort Visegrád und in Passau – schlägt der Orden neue Männer und Frauen zu Rittern beziehungsweise Damen. Es ist der zeremonielle Höhepunkt des langen Aufnahmeverfahrens in den Orden. Am 11. Mai erhielten in der Abteikirche Niedernburg in Passau vier Männer und drei Frauen den Ritterschlag.
Heute gibt es noch rund 120 Mitglieder des Georg-Ordens in Bayern und Ungarn. In die Zukunft blickt der Orden optimistisch: Bereits jetzt gibt es vier Anwärter für den Ritterschlag im kommenden Jahr.
Im Audio: Interview mit Ritter-Dame Constanze Müller
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