Der Bundestag am 12. Oktober letzten Jahres. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gibt eine Regierungserklärung zur Sicherheit Israels – fünf Tage nach dem Überfall der Hamas auf Israel. Es gebe für Deutschland nur einen Platz, den Platz an der Seite Israels, sagt der Bundeskanzler. "Das meinen wir, wenn wir sagen, die Sicherheit Israels ist deutsche Staatsräson." Aber was bedeutet das? Auch einen Einsatz der Bundeswehr? Zehn Monate später wird die Frage konkret – denn der Konflikt im Nahen Osten könnte eskalieren.
Militärische Unterstützung für Israel in einem möglichen Krieg?
Nach der Tötung von Anführern der Hamas und der Hisbollah durch Israel droht der Iran mit einem Vergeltungsschlag. Befürchtet wird, dass dadurch ein Flächenbrand entsteht – und Israel an mehreren Fronten kämpfen würde. Wäre Deutschland verpflichtet, Israel dann auch militärisch zu helfen? Der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner nennt das eine "hypothetische Frage", über die er "nicht spekulieren" wolle. Und der Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums Arne Collatz fügt hinzu, das stünde "im Moment" nicht zur Debatte.
Bayerns Antisemitismus-Beauftragter Ludwig Spaenle befürwortet Unterstützung
Der bayerische Antisemitismus-Beauftragte Ludwig Spaenle (CSU) ist ganz klar in seiner Haltung. Wenn die Sicherheit Israels deutsche Staatsräson sei, dann könne Deutschland sich nicht wegducken im Falle einer äußeren Bedrohung Israels. Und das bedeute "auch militärische Unterstützung", sagt er zu BR24.
Mehrheit lehnt militärische Unterstützung für Israel ab
Die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland sehen diese Frage allerdings mit großer Skepsis. Im jüngsten ARD-DeutschlandTrend, einer bundesweiten Umfrage für den August, lehnen 68 Prozent der Befragten die militärische Unterstützung Israels ab. Nur 19 Prozent sind dafür. Besonders stark ist diese Ablehnung bei den Anhängern von AfD und BSW.
Politikwissenschaftler: Unterstützung darf nicht an Umfragen hängen
Sollte diese Haltung in der Bevölkerung Richtschnur für das politische Handeln sein? Der Politikwissenschaftler Nico Lange findet das schwierig. Man dürfe sicherheitspolitische Entscheidungen nicht mit der jeweiligen Stimmungslage bei Umfragen abgleichen, sagt er BR24. Man müsse "das tun, was richtig ist". Und das sei eben auch militärische Unterstützung – wenn Israel das wünscht.
Israel will keinen Flickenteppich an Militärhilfe
Der Politikwissenschaftler Nico Lange sieht genau das derzeit nicht. Israel habe bisher keinerlei Wünsche an die Bundesregierung gerichtet. Das Land werde hauptsächlich von den USA und Großbritannien unterstützt. Es sei einfacher, mit nur wenigen Alliierten zusammenzuarbeiten als mit einem "Flickenteppich an kleinen Unterstützern", so Nico Lange. Anders sei es mit "indirekter Unterstützung". Wenn Deutschland die USA an anderer Stelle entlaste – etwa in der Ukraine – würde das auch Israel helfen.
Rüstungsgüter für die Unterstützung Israels
Trotzdem könnte im Fall eines größeren Krieges im Nahen Osten auch die Unterstützung der Bundeswehr gefragt sein. Etwa bei der Luftbetankung von alliierten Kampfflugzeugen. Deutschland hat hier eine militärische Fähigkeit, die sehr gefragt ist. Auch die Lieferung von Sanitätsmaterial ist denkbar. Vor allem aber der Nachschub an Rüstungsgütern. Etliche Einkaufswünsche Israels liegen derzeit auf Eis. Diese schnell zu bewilligen, dafür plädiert auch Nico Lange. Und falls Israel doch militärische Unterstützung anfordere, müsse man das dann diskutieren.
Im Audio: Pistorius zur Frage nach einem möglichen Bundeswehr-Einsatz zum Schutz Israels
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