Drei mal schuldig - so lautet das Urteil gegen eine Gruppe von Bulgaren, die sich seit Ende November vergangenen Jahres vor dem Central Criminal Court in London verantworten mussten. Das Gericht sah es demnach als erwiesen an, dass die Angeklagten im Alter von 33, 30 und 39 Jahren für den russischen Geheimdienst Objekte in mehreren europäischen Ländern Ziele ausspioniert haben. Das Brisante an dem Fall: Die Gruppe soll im Auftrag des ehemaligen Topmanagers von Wirecard Jan Marsalek gehandelt haben.
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Spionage in mehreren Ländern - auch in Deutschland
Wie hoch das Strafmaß ist, das ist noch nicht entschieden. Es soll im Mai verkündet werden. Den drei Angeklagten drohen Haftstrafen von bis zu 14 Jahren. Sicher sei jedoch, dass die zwei Frauen und der Mann als ausländische Agenten Leben und die nationale Sicherheit gefährdet hätten, so der zuständige Richter Nicholas Hilliard.
Konkret sollen Personen und Orte ausgespäht worden sein, die für Russland interessant sind. Die Spionageaktivitäten sollen in London sowie in Stuttgart, Wien, Valencia und dem Balkanstaat Montenegro stattgefunden haben. Die Gruppe soll etwa Journalisten ausgeforscht und einen fingierten Protest vor der kasachischen Botschaft in London geplant haben. In Deutschland sei eine Luftwaffenbasis sowie eine nicht näher genannte Botschaft im Fokus der Agenten gewesen, hieß es. Laut Staatsanwaltschaft sollen auf einer US-Militärbasis in Ausbildung befindliche ukrainische Soldaten ausspioniert worden sein. Zudem soll es Entführungspläne gegeben haben.
Spionage im großen Stil
"Das war Spionage im industriellen Stil für Russland", sagte der Anti-Terror-Chef der Londoner Polizei, Dominic Murphy. Es seien Beweismittel in dem Maße gefunden worden, wie man sie eigentlich in einem Spionageroman erwarten würde. Im Versteck des Spionagerings wurden beispielsweise Video- und Tonaufnahmegeräte in Alltagsgegenständen sichergestellt. Die russische Botschaft in London äußerte sich nicht zu dem Urteil.
Dafür hätten die Angeklagten beträchtliche Geldsummen erhalten, hatte die Staatsanwältin im Verlauf des Prozesses gesagt. Zwei weitere Bulgaren hatte sich der Spionage schuldig bekannt, gegen sie war es nicht mehr zum Prozess gekommen.
Marsalek als Strippenzieher im Hintergrund?
Gehandelt haben sollen sie dabei mutmaßlich im Auftrag von Ex-Wirecard-Vertriebsvorstand Jan Marsalek, wie die Nachrichtenagentur PA meldete. Marsalek, der kurz vor dem milliardenschweren Bilanzskandal untergetaucht ist und seit der Pleite von Wirecard international wegen Betrugs gesucht wird, habe demnach als Vermittler zwischen dem russischen Geheimdienst und dem Anführer des Spionagerings gehandelt. Der frühere Manager des einstigen Dax-Konzerns aus Aschheim bei München wird aktuell in Russland vermutet. In dem Londoner Prozess war Marsalek nicht selbst angeklagt.
Mit Informationen von dpa und Reuters
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