Die Europäische Kommission hat im Zusammenhang mit der inzwischen annullierten Präsidentenwahl im EU- und Nato-Land Rumänien ein Verfahren gegen die Online-Plattform Tiktok eröffnet. Es gebe "ernsthafte Hinweise darauf, dass sich ausländische Akteure mit Hilfe von Tiktok in die rumänischen Präsidentschaftswahlen eingemischt haben", erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
Von der Leyen: Müssen Demokratien schützen
"Wann immer wir eine solche Einmischung vermuten, insbesondere bei Wahlen, müssen wir schnell und entschlossen handeln", sagte von der Leyen. Demokratien müssten vor jeder Art von ausländischer Einmischung geschützt werden. Brüssel werde nun prüfen, ob der chinesische Konzern solche Risiken ausreichend bekämpft oder ob möglicherweise ein Verstoß gegen EU-Gesetze vorliegt.
Rumänien Ziel "aggressiver" Einmischungen Russlands?
Der prorussische Rechtsradikale Calin Georgescu hatte vor allem auf Tiktok Wahlkampf vor der Präsidentschaftswahl in Rumänien gemacht. In der ersten Runde der Präsidentenwahl kam Georgescu überraschend auf Platz eins, gefolgt von der konservativ-liberalen Politikerin Elena Lasconi.
Das Büro des scheidenden rumänischen Präsidenten Klaus Iohannis hatte daraufhin beklagt, Georgescu habe bei der Wahl "massiv" von seiner Reichweite auf Tiktok profitiert. Iohannis gab Geheimdienst-Dokumente frei, in denen von "manipulierten" Influencern und Cyberangriffen die Rede war. Rumänien sei ein Ziel "aggressiver" Einmischungen Russlands.
Nach den Geheimdienstberichten hatte das Oberste Gericht Rumäniens die erste Runde der Präsidentschaftswahl Anfang Dezember vollständig annulliert und damit auch die anstehende Stichwahl abgesagt. Das Gericht ordnete eine Wiederholung der Wahl an, der Termin muss noch festgesetzt werden. Zu den Methoden des Wahlkampfs von Georgescu und dessen Finanzierung ermittelt Rumäniens Staatsanwaltschaft.
EU-Gesetz macht strenge Vorgaben
Die EU-Kommission will nun konkret unter anderem Tiktoks Empfehlungssysteme unter die Lupe nehmen, also den Algorithmus der Plattform. Das Verfahren soll klären, ob Georgescu durch die Algorithmen, die Nutzern Videos und Profile empfehlen, einen unrechtmäßigen Vorteil hatte. Außerdem steht im Fokus, wie Tiktok mit politischer Werbung umgeht und ob ein Verbot, bezahlte Werbefunktionen für politische Inhalte zu nutzen, beachtet wurde.
Plattformen wie Tiktok, Facebook, X, Google und andere müssen laut dem Digital Services Act (DSA) der EU schneller und schärfer als früher gegen illegale Inhalte im Netz vorgehen. Sonst drohen ihnen Strafen. Der Kommission zufolge können etwa Geldbußen in Höhe von 6 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes auf Tiktok zukommen. Die Behörde könne auch eine tägliche Geldstrafe verhängen, bis sie das Problem als behoben ansieht.
Tiktok ist sich keiner Schuld bewusst
Tiktok weist die Vorwürfe von sich. "Wir haben die Integrität unserer Plattform bei über 150 Wahlen auf der ganzen Welt geschützt", teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit. Man akzeptiere "keine bezahlte politische Werbung" und entferne proaktiv Inhalte, "die gegen unsere Richtlinien zu Fehlinformationen, Belästigung und Hassreden verstoßen". Tiktok wolle weiterhin mit der Europäischen Kommission sowie mit nationalen Behörden zusammenarbeiten, um Bedenken zu diskutieren.
Mit Informationen von dpa
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