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Presserat: So viele Rügen wie nie

Presserat: So viele Rügen wie nie

Wie steht es um die Qualität in Print- und Onlinemedien? Um diese Frage kümmert sich der Deutsche Presserat. Im vergangenen Jahr hatte das Gremium viel zu tun. 2023 wurden so viele Verstöße kritisiert wie nie zuvor.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Im vergangenen Jahr 2023 hat der Presserat 73 Rügen ausgesprochen. Das geht aus dem Jahresbericht hervor, der heute vorgestellt wurde. Zum Vergleich: Im Jahr 2022 wurden nur 47 Rügen verteilt. Generell ist über die letzten zehn Jahre ein Anstieg erkennbar. Mit einer Rüge werden Print- und Onlinemedien für besonders schwere Verstöße gegen den Pressekodex in Deutschland kritisiert. In diesem Kodex sind seit 1973 Grundregeln für sauberes journalistisches Arbeiten festgehalten.

Sorgfalt und Opferschutz besonders kritikwürdig

Ein Grund für den Anstieg der Rügen waren besonders Verletzungen der journalistischen Sorgfalt. Dazu gehörten irreführende Überschriften oder nicht ausreichende Recherche von Redaktionen. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass Beschuldigte keine Möglichkeit bekamen, zur Berichterstattung Stellung zu nehmen.

So berichtete "Bild.de" über Vorwürfe gegen einen Pfarrer, der kinderpornographisches Material besessen haben soll. Die Redaktion erklärte nach Angaben des Presserats, dass unklar sei, ob sie den Pfarrer persönlich konfrontiert habe.

Experten sind beunruhigt

Dass mehr Rügen wegen mangelhafter Recherche ausgesprochen wurden, besorgt die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union in der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi (DJU). Die Bundesvorsitzende, Tina Groll, erklärte, es gehe dabei auch "um das Vertrauen in die Medien und in journalistische Angebote".

Auch nicht fehlender Opferschutz kritisierte der Presserat. Zum Teil wurde über Menschen, die Opfer von Straftaten wurden, so berichtet, dass sie identifiziert werden konnten. Gleichzeitig wurden sie selbst oder deren Angehörige nicht vorher um Erlaubnis gefragt.

Streitthema Künstliche Intelligenz

Software, die in Sekundenschnelle mit Hilfe von KI Bilder und Texte erstellen, beschäftigt den Presserat ebenfalls. So gab es eine Rüge für die Zeitschrift "die aktuelle". Unterstützt von Künstlicher Intelligenz hatte die Redaktion ein angebliches Interview mit dem früheren Rennfahrer Michael Schumacher erfunden. Dabei wurden Leserinnen und Leser erst im hinteren Teil über die Hintergründe informiert.

Auch die Zeitschrift "Lisa" wurde gerügt. In einem Sonderheft waren Rezepte ausschließlich mit künstlich erstellten Fotos vorgestellt worden. Dies hätte klar gekennzeichnet sein müssen, so der Presserat.

Weniger Schleichwerbung

Der Presserat hob allerdings auch positive Entwicklungen hervor. So hätten Print- und Onlinemedien bei großen Themen "überwiegend sauber" gearbeitet. Dazu zählt vor allem die Berichterstattung über die Kriege im Nahen Osten und in der Ukraine.

Hier konnten Beschwerden meist als unbegründet zurückgewiesen werden. Deutlich zurückgegangen sind auch Fälle von Schleichwerbung. 2023 betraf nur noch gut jede zehnte Rüge die nicht ausreichende Trennung von Werbung und Inhalt. 2022 bezog sich noch jede dritte Rüge auf Schleichwerbung.

"Ansehen der Presse wahren"

Der Deutsche Presserat wird von Verleger- und Journalistenverbänden getragen. Aufgabe des Gremiums ist die Freiwillige Selbstkontrolle von Printmedien und deren Online-Auftritten in Deutschland. Dabei geht es nach eigenen Angaben auch darum, das "Ansehen der deutschen Presse zu wahren und gleichzeitig die Pressefreiheit zu schützen".

Eine öffentliche Rüge ist die schärfste Sanktionsmöglichkeit des Gremiums. Rechtliche Konsequenzen sind damit nicht verbunden. Rügen sollen allerdings in den betroffenen Medien veröffentlicht werden. Das wird jedoch nicht von allen Verlagen eingehalten. 2023 wurden laut Presserat rund 80 Prozent der Rügen auch gedruckt. Grundlage für die Arbeit des Presserats sind auch Beschwerden, die jeder Bürger einreichen kann. Insgesamt gingen im vergangenen Jahr 1.850 Einzelbeschwerden ein. 2022 waren es noch 1.733 Beschwerden gewesen.

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