Der Fahrgastverband Pro Bahn hat enttäuscht auf die von Bund und Ländern vereinbarten Eckpunkte zur weiteren Finanzierung des Deutschlandtickets reagiert und vor einer zu großen Preiserhöhung gewarnt. Man könne Preiserhöhungen nun nicht mehr ausschließen, dies "sollte aber in einem vertretbaren Rahmen bleiben", sagte Pro-Bahn-Bundesvorstand Detlef Neuß den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Zu hohe Preiserhöhungen "inakzeptabel"
Einen Preis, der mit den Kosten für ein Abo-Ticket der unteren Preisstufen von Verkehrsverbünden gleichzieht oder diese übersteigt, werden viele Inhaber des Deutschlandtickets nicht akzeptieren und aussteigen. "Eine Preiserhöhung um 20 oder gar 30 Euro im kommenden Jahr halten wir für inakzeptabel", sagte Neuß.
Gleichzeitig forderte er den Bund auf, sich an den steigenden Kosten angemessen zu beteiligen. "Auch wenn der Nahverkehr Sache der Länder ist, so ist der Bund doch Initiator dieses Tickets und darf sich jetzt nicht aus der Verantwortung stehlen", betonte der Fahrgastvertreter.
Experte: Ticket müsste billiger sein
Auch ein Mobilitätsexperte warnte im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa vor einer Preiserhöhung. "Nach unseren Berechnungen nutzen rund zehn Millionen Menschen derzeit das Deutschlandticket. Sollte der Preis auf 59 Euro steigen, blieben vielleicht noch sechs bis sieben Millionen", sagte Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum für Sozialforschung in Berlin. "Das Ticket müsste eigentlich 29 Euro kosten, dann hätte man viel mehr Menschen in den Zügen." Von den aktuellen politischen Entwicklungen sei er "bestürzt".
Doch vor allem zu Hauptverkehrszeiten, in den Ferien und an Feiertagen sind viele Züge jetzt schon voll, das System überlastet. Verkehrsexperten kritisierten in der Vergangenheit immer wieder, dass das Schienennetz unterfinanziert und ein Ausbau dringend nötig sei.
Wissenschaftler Knie kritisierte, dass das Deutschlandticket bereits jetzt ein Fahrschein für Menschen mit höherem Einkommen sei. Er geht davon aus, dass lediglich 400.000 bis 500.000 Menschen, die vorher gar kein ÖPNV-Ticket hatten, mit dem Deutschlandticket nun Busse und Bahnen nutzen. Vor allem Menschen, die in den Speckgürteln großer Städte wohnen und vor dem Deutschlandticket teils dreistellige Beträge für einen Monatsfahrschein zur Arbeit ausgeben mussten, profitierten vom 49-Euro-Angebot.
Länder-Verkehrsminister sollen Zukunftskonzept entwickeln
Bund und Länder haben sich am Montag darauf verständigt, dass es das Deutschlandticket auch im kommenden Jahr geben wird. Zumindest bis Ende April soll das Ticket weiterhin monatlich 49 Euro kosten. Die weitere Finanzierung ist noch unklar. Die Verkehrsminister der Länder wurden aufgerufen, ein Konzept für die Zukunft des Deutschlandtickets über den 1. Mai 2024 hinaus zu entwickeln - inklusive einer möglichen Preiserhöhung.
Mit Informationen von AFP und dpa
Im Audio: Deutschlandticket - Preiserhöhung nicht ausgeschlossen
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