Mehr als ein Jahr nach ihrer Festnahme in Berlin hat der Prozess gegen die ehemalige RAF-Terroristin Daniela Klette vor dem Landgericht Verden in Niedersachsen begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft der 66-Jährigen versuchten Mord unter anderem aus Habgier vor. Die Anklage spricht zudem von versuchtem und vollendetem schweren Raub als "Mitglied einer Bande" sowie von unerlaubtem Waffenbesitz.
Strenge Sicherheitsvorkehrungen
Der Gerichtsprozess findet aus Sicherheitsgründen nicht in den Räumen des Landgerichts Verden, sondern im Staatsschutzsaal des Oberlandesgerichts Celle statt. Die Angeklagte wurde hinter einer Glaswand platziert. Vor den Eingängen des Gerichtsgebäudes standen Justizbeamte und Polizisten mit Maschinenpistolen.
Hintergrund der Sicherheitsvorkehrungen ist die Vergangenheit der Angeklagten. Klette gehörte der sogenannten dritten Generation der linksextremistischen Roten Armee Fraktion (RAF) an. 1998 erklärte sich die RAF, die mehr als 30 Menschen tötete, für aufgelöst. Am 26. Februar 2024 nahmen Einsatzkräfte die ehemalige RAF-Terroristin in Berlin-Kreuzberg fest, wo sie unter falschem Namen lebte.
Staatsanwaltschaft: Raubüberfälle in drei Bundesländern
Laut Anklage soll die Deutsche 13 Überfälle gemeinsam mit den ehemaligen RAF-Mitgliedern Ernst-Volker Staub (70) und Burkhard Garweg (56) begangen haben. Die beiden Männer sind weiter auf der Flucht. Laut Anklage soll das Trio von 1999 bis 2016 Geldtransporter und Kassenbüros in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein überfallen haben. Klette habe meist das Fluchtauto gefahren.
"Gemeinsamer Tatplan" für Mordversuch
Das Trio sei "arbeitsteilig und äußerst konspirativ" vorgegangen, so die Staatsanwältin. Auch die von Garweg und Staub begangenen Handlungen rechnet ihr die Staatsanwaltschaft daher als Teil eines gemeinsamen Tatplans zu. Dies gilt auch für den versuchten Mord durch die mutmaßlich von Garweg abgegebenen Schüsse 2015, bei denen niemand verletzt wurde. Klette habe "versucht, aus Habgier einen Menschen zu töten" – so eine der beiden Anklagevertreterinnen.
Millionen-Beute für Jahrzehnte im Untergrund?
Klette, Garweg und Staub hätten die zeitintensive Planung und die Ausführung der Raubüberfälle als ihre Arbeit, die Beute von 2,7 Millionen Euro als "ihren Lebensunterhalt" angesehen, sagte die Staatsanwältin bei Verlesung der Anklage. Um Widerstände zu überwinden, hatte das Trio den Ermittlungen zufolge Waffen dabei: Eine täuschend echt aussehende Panzerfaust, Elektroschocker und Pistolen. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft soll das Trio in Kauf genommen haben, Menschen zu verletzen oder zu töten.
Verteidigung kritisiert Umgang mit Klette
Die Anwälte der 66-Jährigen fordern ein faires Verfahren. "Frau Klette soll nicht besser oder schlechter gestellt werden als irgendeine andere angeklagte Person", sagte Verteidiger Lukas Theune vor Prozessbeginn.
Nach Schilderung des Anwalts erfährt Klette in der Untersuchungshaft eine gesonderte Behandlung. Auch bei den Transporten zu den Prozessterminen soll seine Mandantin nach dem Willen der Bundesanwaltschaft immer an Händen und Füßen gefesselt werden. Schwer bewaffnete Spezialeinsatzkräfte sollen sie begleiten.
Zweites Verfahren wegen Terroraktivitäten möglich
Die nun zu verhandelnden Taten haben keinen terroristischen Hintergrund, wie die Ermittler betonen. Gegen die 66-Jährige besteht aber auch Haftbefehl wegen des Verdachts der Beteiligung an Terroranschlägen. Die Bundesanwaltschaft wirft ihr versuchten Mord in zwei Fällen sowie Mittäterschaft bei Sprengstoffexplosionen bei drei Anschlägen der RAF in der Zeit von Februar 1990 bis März 1993 vor.
Zu diesem Komplex wird eine weitere Anklage erwartet, die zu einem weiteren Gerichtsprozess führen kann. Die Mitgliedschaft in der terroristischen Vereinigung RAF an sich ist inzwischen verjährt.
Prozessauftakt: Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette vor Gericht
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