Der im Straflager ums Leben gekommene Kremlkritiker Alexej Nawalny soll nach Angaben seines Teams an diesem Freitag in Moskau beerdigt werden. Am 1. März solle es zuerst eine Trauerfeier in einer Kirche im südöstlichen Bezirk Marjino geben und anschließend die Beisetzung des Leichnams auf dem Borissowskoje-Friedhof, schrieb Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch auf der Plattform X.
Zuvor hatten Nawalnys Unterstützer tagelang nach einem Ort für die Trauerfeier gesucht und beklagt, dass sie dabei von den russischen Behörden behindert wurden.
Nawalnys Witwe: "Putin ist Chef einer kriminellen Bande"
In einer Rede vor dem Europaparlament in Straßburg rief Julia Nawalnaja die westlichen Staaten unterdessen auf, gegen Putins Helfer vorzugehen. Putin sei Chef einer kriminellen Bande, es brauche "keine Betroffenheitsadressen, sondern eine Suche nach den Mafia-Verbündeten in Ihren Ländern, den diskreten Anwälten und Geldgebern", sagte Nawalnaja. Die EU habe dafür starke Verbündete.
"Es gibt Millionen von Russen, die gegen den Krieg sind, gegen Putin, gegen das Böse, das er bringt." Julia Nawalnaja
Über ihren im Alter von 47 Jahren in sibirischer Lagerhaft verstorbenen Mann sagte Nawalnaja, er sei vor seinem Tod auf Geheiß Putins drei Jahre lang gefoltert worden. Russische Behörden hatten eine natürliche Todesursache angegeben, Vorwürfe einer staatlichen Verwicklung wiesen sie zurück. Anhänger Nawalnys und führende westliche Politiker machen indes Putin für den Tod des Oppositionspolitikers verantwortlich. Nawalnajas Rede wurde von den Abgeordneten mit lang anhaltendem, stehenden Applaus bedacht.
Nawalnys Mutter lehnte Ultimatum der Behörden ab
Die Zweifel an den staatlichen Erklärungen befeuert hatte auch die Tatsache, dass die Behörden Nawalnys Leiche zunächst rund eine Woche unter Verschluss hielten und seine Mutter Ljudmila Nawalnaja gemeinsam mit einem Anwalt in der Polarregion nach dem Körper suchen musste. In der vergangenen Woche dann hatten die Behörden der Mutter von Alexej Nawalny ein Ultimatum gestellt: Sie habe drei Stunden Zeit, um einer geheimen Beerdigung ohne öffentliche Verabschiedung zuzustimmen – andernfalls werde ihr Sohn in der Strafkolonie begraben.
Ljudmila Nawalnaja hat nach Angaben der Nawalny-Unterstützer allerdings auf der Einhaltung des Gesetzes bestanden, nach dem die Ermittler verpflichtet sind, die Leiche innerhalb von zwei Tagen nach Feststellung der Todesursache zu übergeben – das wäre der Samstag gewesen. Zugleich erklärte Nawalnys Team, einen Ort für die Trauerfeier organisieren zu wollen.
Die schwierige Suche nach einem Grabplatz
Nach russisch-orthodoxer Tradition ist es eigentlich üblich, Tote nach drei Tagen zu beerdigen und ihren Leichnam vorher aufzubahren, damit Trauernde sich verabschieden können. Ein Saal für ein solches Abschiedsritual sei aber nirgends zur Verfügung gestellt worden, schrieb Iwan Schdanow, der Direktor des von Nawalny gegründeten Anti-Korruptions-Fonds. Er veröffentlichte auf X ein entsprechendes Schreiben eines kommunalen Unternehmens an Nawalnys Mutter, das das belegen soll. Kurz vor der Präsidentenwahl am 17. März sind dem Kreml jegliche größeren kritischen Veranstaltungen ein Dorn im Auge. Hunderte Menschen wurden zuletzt schon bei der Niederlegung von Blumen für Nawalny festgenommen.
Audio: Zeitplan für Nawalny-Trauerfeierlichkeiten steht
Putins gefährlichster Gegner
Der Jurist Nawalny, der um die Jahrtausendwende erstmals als Kritiker der russischen Vetternwirtschaft auffiel, hatte sich zur größten politischen Bedrohung für Präsident Putin entwickelt – auch noch nach einem Giftanschlag auf Nawalny 2020 und seiner Verbannung in eine der härtesten Strafanstalten Russlands 2021.
Mitte Februar war er dort zu Tode gekommen, was weltweit Empörung auslöste. Viele westliche Staats- und Regierungschefs machen den russischen Präsidenten Wladimir Putin persönlich für Nawalnys Tod verantwortlich.
Mit Informationen von AFP, dpa und Reuters
Video: Botschaft von Julia Nawalnaja nach dem Tod ihres Mannes
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