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Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu hat in einem Telefonat mit seinem französischen Amtskollegen Sebastien Lecornu behauptet, Kiew plane zur Diskreditierung Moskaus die Zündung einer radioaktiven Bombe. Damit solle Moskau diskreditiert werden, sagte Schoigu demnach in dem Telefonat. Als "schmutzige Bombe" werden Sprengsätze mit konventionellem Sprengstoff bezeichnet, denen radioaktive Stoffe beigemischt sind.
Schoigu warnt vor "weiterer unkontrollierter Eskalation"
Schoigu habe zudem erklärt, dass sich der Konflikt zu einer "weiteren unkontrollierten Eskalation" zuspitze, so das Verteidigungsministerium in Moskau. Vor dieser Eskalation warnte er am Sonntag auch in Gesprächen mit anderen Nato-Staaten: den USA, Großbritannien, Frankreich und der Türkei.
Verbreitet wurden diese Informationen zudem über die kremlnahe staatliche russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti. Sie behauptete, dass Kiew die Fertigstellung einer kleinen taktischen Atombombe faktisch abgeschlossen habe und bereit sei, diese auf eigenem Boden zu zünden, "um eine starke antirussische Kampagne zu starten, die das Vertrauen zu Moskau untergraben soll".
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Kuleba: Ukraine steht treu zum Atomwaffensperrvertrag
Die Ukraine wirft ihrerseits Moskau vor, den Abwurf einer solchen Bombe zu planen. Das Land hatte nach dem Zerfall der Sowjetunion seine Atomwaffen abgegeben.
"Die russischen Lügen über angebliche Pläne der Ukraine, eine 'schmutzige Bombe' zu nutzen, sind so absurd wie sie gefährlich sind", reagierte Außenminister Dmytro Kuleba auf Twitter. Die Ukraine stehe treu zum Atomwaffensperrvertrag. "Die Russen beschuldigen andere oft dessen, was sie selber planen", warnte Kuleba.
Selenskyj: Welt sollte "Schmutz" nicht schlucken
Ähnlich formulierte es der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Wenn Moskau der Ukraine vorwerfe, eine sogenannte schmutzige Bombe werfen zu wollen, bereite es selber irgendetwas Schmutziges vor. Das sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache am Sonntag.
Er sprach von einem "Telefonkarussell" des russischen Verteidigungsministers. "Wenn jemand in unserem Teil Europas Atomwaffen einsetzen kann, dann ist das nur einer - und dieser eine hat dem Genossen Schoigu befohlen, dort anzurufen", sagte Selenskyj unter Anspielung auf Russlands Staatschef Wladimir Putin. Die Welt müsse klarstellen, dass sie nicht bereit sei, diesen "Schmutz" zu schlucken.
"Wohin Russland auch geht, es hinterlässt Massengräber, Folterlager, zerstörte Städte und Dörfer, vermintes Land, zerstörte Infrastruktur und Naturkatastrophen", sagte der Präsident. Die Ukraine versuche dagegen, ihren Menschen wieder ein normales Leben zu ermöglichen. "Wo die Ukraine ist, wird kein Leben zerstört."
Ukraine auf dem Vormarsch
Zuletzt hatte Russland mehrfach mit dem Einsatz nuklearer Waffen gedroht - insbesondere der russische Präsident Wladimir Putin. Bei seiner Ansprache zur Teilmobilmachung der Streitkräfte hatte er Ende September angekündigt, sein Land mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln verteidigen zu wollen.
Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine läuft seit Monaten nicht so wie von Moskau geplant. Der Vormarsch geriet zunächst ins Stocken, inzwischen sind die russischen Einheiten sogar teilweise in die Defensive geraten. Trotz massiver Raketenangriffe kommen die ukrainischen Truppen Präsident Wolodymyr Selenskyj zufolge an der Front voran. Russland würde sich "aus dem Schlachtfeld zurückziehen".
Vor diesem Hintergrund mehren sich Spekulationen um einen möglichen russischen Einsatz taktischer Atomwaffen gegen das Nachbarland. Moskau bestreitet derartige Absichten.
Hohes politisches und militärisches Risiko für Putin
Expertinnen und Experten wollen das Szenario nicht ausschließen, halten den Einsatz nuklearer Waffen jedoch für nicht sehr wahrscheinlich. Putin würde sowohl ein hohes militärisches Risiko eingehen, weil die USA mit konventionellen Waffen reagieren würden, erläuterte Gerhard Mangott, Professor für internationale Beziehungen mit dem Schwerpunkt Russland und Osteuropa von der Universität Innsbruck, im BR-24-Format "Possoch klärt".
- Zu "Possoch klärt": Atomwaffen: Blufft Putin im Krieg gegen die Ukraine?
Darüber hinaus würde der Einsatz von Atomwaffen Beobachterinnen und Beobachtern zufolge auch bedeuten, dass Russland komplett von der Weltgemeinschaft ausgestoßen würde. China und Indien, bislang noch an der Seite Russlands, würden diese Eskalation höchstwahrscheinlich nicht mitgehen, sagen Expertinnen und Experten.
Mit Informationen von dpa und Reuters