Um den Kachowka-Staudamm in der Region Cherson drehen sich immer wieder Sorgen. Nun ist das Absperrbauwerk eines der größten Stauseen in der Ukraine nach russischen Angaben getroffen worden. Es habe jedoch keine schwerwiegenden Schäden bei dem ukrainischen Angriff gegeben, hieß es am Sonntag.
Am Morgen habe es in der von russischen Truppen besetzten südukrainischen Region einen Angriff mit "sechs Himars-Raketen" gegeben, zitierten russische Nachrichtenagenturen örtliche Rettungsdienste. Die Luftabwehr habe fünf Raketen abgeschossen, eine Rakete habe eine Schleuse des Kachowka-Damms getroffen, hieß es weiter.
Russische Angaben: "Die Staumauer ist heil"
"Alles ist unter Kontrolle", zitierte die Nachrichtenagentur Ria Nowosti einen lokalen pro-russischen Behördenvertreter. Eines der Geschosse sei zwar am Damm eingeschlagen, "hat aber keine kritischen Schäden verursacht". "Die Staumauer ist heil", sagte Ruslan Agajew von der russischen Stadtverwaltung der staatlichen Nachrichtenagentur Tass zufolge. Die Angaben waren nicht unabhängig überprüfbar.
Der Staudamm des Wasserkraftwerks Kachowka liegt am Dnipro. Die Anlage versorgt vor allem die bereits im Jahr 2014 annektierte Krimhalbinsel mit Wasser. Auf der Staumauer läuft einer von zwei Übergängen über den Dnipro im Gebiet Cherson. Die ukrainische Artillerie hat diese Straße der Nachrichtenagentur dpa zufolge schon früher unter Feuer genommen, um Bewegungen russischer Truppen zu verhindern.
Gegenseitige Vorwürfe
Die Zerstörung des Staudamms würde nach Angaben des von Moskau eingesetzten Regionalgouverneurs Wladimir Saldo zu einer "Überflutung des linken Ufers" des Dnipro führen. Die Ukraine hatte ihrerseits Russland bereits beschuldigt, den Staudamm des Wasserkraftwerks zerstören zu wollen. Demnach hätten russische Streitkräfte den Staudamm angeblich vermint, um mit einer Flutwelle eine ukrainische Gegenoffensive in Cherson zu stoppen. Nach Angaben Kiews wäre ein Dammbruch eine "Katastrophe großen Ausmaßes".
Pro-russische Besatzer: Cherson ohne Strom
Außerdem war die von Russland kontrollierte Stadt Cherson nach Angaben pro-russischer Besatzungsbehörden am Sonntag nach einem ukrainischen Luftangriff "ohne Strom und Wasser". Drei Betonmasten mit Hochspannungsleitungen seien beschädigt worden, erklärten die Behörden bei Telegram. Es handelt sich um den ersten Strom- und Wasserausfall größeren Ausmaßes in Cherson.
In Kiew und weiteren Regionen der Ukraine wurde indes angesichts der durch russische Angriffe zerstörten Energie-Infrastruktur am Wochenende die Stromversorgung weiter eingeschränkt. Nach Angaben der Ukraine wurde durch die Angriffe mindestens ein Drittel der Stromanlagen des Landes zerstört. Um eine Überlastung des gesamten Verteilernetzes zu verhindern, wird in vielen Regionen seit Tagen regelmäßig für mehrere Stunden der Strom abgestellt.
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Bürger sollen in Kiew Vorräte anlegen
Der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko warnte vor einem Zusammenbruch der Versorgung in der ukrainischen Hauptstadt. Für den Fall eines Totalausfalls von Strom-, Wärme- und Wasserversorgung sollten die Bürger Vorräte anlegen und auch überlegen, zeitweise außerhalb der Stadt unterzukommen, sagte er bereits am Samstagabend im ukrainischen Fernsehen. Die Stadt wolle zudem 1.000 Wärmestuben einrichten.
Die Stadtverwaltung trat jedoch einem Bericht der "New York Times" entgegen, die Überlegungen reichten bis zu einer Räumung der Stadt bei einem Blackout. "Das System des Zivilschutzes muss auf verschiedene Szenarien vorbereit sein; aber das heißt nicht, dass wir eine Evakuierung vorbereiten", teilte Roman Tkatschuk, verantwortlich für die Sicherheit der Stadt, am Sonntag mit.
EU: Beitrittsvorbereitung der Ukraine dauern wohl Jahre
Die EU-Kommission dämpft derweil Erwartungen des offiziellen Beitrittskandidaten Ukraine an einen kurzfristige Aufnahme in die Staatengemeinschaft. "Angesichts der umfangreichen Arbeiten, die zur Vorbereitung der Teilnahme am EU-Binnenmarkt und an vielen anderen wichtigen Politikbereichen erforderlich sind, werden die gesamten Beitrittsvorbereitungen höchstwahrscheinlich länger als ein oder zwei Jahre dauern", teilte EU-Erweiterungskommissar Oliver Varhelyi der "Welt" mit.
Mit Informationen von AFP, dpa und Reuters
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