"In Großbritannien ist der König ein Kampfpilot, in der Ukraine ist heute jeder Kampfpilot ein König": Um was es dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bei seinem Überraschungsbesuch im Vereinigten Königreich vor allem gegangen sein dürfte, hob er sich für den Schluss seiner Rede im Parlament in London auf. Er dankte im Voraus für "leistungsfähige englische Flugzeuge" und überreichte Unterhaussprecher Lindsay Hoyle einen Pilotenhelm als Geschenk.
Vor Hunderten Parlamentariern in der altehrwürdigen Westminster Hall dankte Selenkskyj, der im olivgrünen Pullover gekommen war, den Briten und ihrer Regierung generell für die Unterstützung. Diese sei vom ersten Tag der Invasion an dagewesen, betonte er – und erntete großen Applaus.
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Großbritannien will auch ukrainische Kampfpiloten schulen
Großbritannien kündigte im Zuge des Besuchs an, sein Ausbildungsprogramm für ukrainische Soldaten zu erweitern. Sunak zufolge werden künftig auch Kampfpiloten und Marinesoldaten ausgebildet. Damit sollen ukrainischen Piloten auch dazu befähigt werden, in Zukunft Nato-Kampfjets zu fliegen – was die Debatte über mögliche Lieferungen solcher Maschinen aus westlichen Ländern weiter befeuern dürfte.
Sunak ließ später mitteilen, er habe das Verteidigungsministerium darum gebeten, die Verfügbarkeit von Kampfflugzeugen zu prüfen. Es handele sich aber um eine "langfristige" Lösung, hieß es aus dem Regierungssitz Downing Street.
Treffen mit ukrainischen Soldaten – und König Charles III.
Zuvor hatte der britische Premierminister Rishi Sunak Selenskyj am Londoner Flughafen Stansted begrüßt. Arm in Arm, wie enge Freunde, begann das Treffen der Verbündeten auf dem Rollfeld. Später wurde Selenskyj von König Charles III. im Buckingham-Palast empfangen. Auch ein Besuch ukrainischer Soldaten, die von der britischen Armee ausgebildet werden, stand auf dem Programm.
Großbritannien gilt als einer der engsten Unterstützer Kiews im Kampf gegen den russischen Angriffskrieg. Das Land ist nach Angaben des Kieler Instituts für Weltwirtschaft auf Platz zwei der wichtigsten Waffenlieferanten für die Ukraine nach den USA. Sunak bezeichnete Selenskyjs Besuch als "Zeugnis für den Mut, die Entschlossenheit und den Kampfgeist seines Landes und Zeugnis der unerschütterlichen Freundschaft unserer beiden Länder".
Russland warnt London vor Kampfjet-Lieferungen
Die russische Botschaft in Großbritannien warnte unterdessen die Regierung in London davor, der Ukraine Kampfjets zu liefern. In einer von staatlichen russischen Nachrichtenagenturen zitierten Erklärung heißt es, die britische Regierung trage die Verantwortung für "Blutvergießen, die nächste Runde der Eskalation und die daraus resultierenden militärischen und politischen Konsequenzen für den europäischen Kontinent und die ganze Welt", die durch die Entsendung moderner Kampfjets an die Ukraine ausgelöst würde. Russland werde einen Weg finden, um auf alle unfreundlichen Schritte der britischen Seite zu reagieren.
Treffen in Paris mit Macron und Scholz
Nach einer Reise in die USA mit Zwischenstopp in Polen ist der Besuch in Großbritannien erst die zweite öffentlich bekannte Auslandsreise Selenskyjs seit Beginn des russischen Angriffskrieges vor knapp einem Jahr. Am Abend trifft er in Paris den französischen Präsidenten Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz.
Am Donnerstag wird Selenskyj dann in Brüssel erwartet. Am selben Tag treffen sich dort auch die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten zu einem Gipfel. Selenskyj könnte dort eine Rede im Europaparlament halten. Sein Besuch rund zwei Wochen vor dem Jahrestag des russischen Angriffs dürfte ein Symbol der Einheit Europas gegenüber Russland werden.
Ukraine fürchtet russische Großoffensive um den 24. Februar
Die Ukraine befürchtet, dass die russischen Streitkräfte zu diesem Jahrestag des Kriegsbeginns am 24. Februar eine neue Offensive starten könnten. Deswegen fordert die Regierung in Kiew vom Westen schnellstmöglich die Lieferung weiterer schwerer Waffen.
Derzeit konzentrieren sich die Kämpfe im Donbass im Osten des Landes und vor allem in der Region Donezk. Beide Seiten liefern sich dort seit Wochen einen Stellungskrieg, der Frontverlauf hat sich währenddessen nicht wesentlich verschoben.
Mit Informationen von dpa und AFP
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