Arbeitskräftemangel, Inflation und Lieferkettenprobleme haben 2022 auch die Geschäfte der Rüstungsindustie eingetrübt. Einer neuen Erhebung des schwedischen Friedensforschungsinstituts Sipri zufolge ist der Wert der verkauften Waffen und der militärischen Dienstleistungen im Vergleich zu 2021 um 3,5 Prozent zurückgegangen. Die weltweit 100 größten Rüstungskonzerne und Auftragnehmer in der Branche hätten im vergangenen Jahr 597 Milliarden Dollar (rund 548,5 Milliarden Euro) erwirtschaftet.
Kapazitätsengpässe bei vielen Rüstungsfirmen
Sipri erklärte, wegen der russischen Invasion in die Ukraine und weltweiter Spannungen sei die Nachfrage nach Waffen und Rüstungsgütern 2022 in die Höhe geschnellt. Die Unternehmen hätten derzeit jedoch zu wenig Kapazitäten. "Viele Rüstungsfirmen sind beim Umstellen der Produktion auf hochintensive Kriegsführung auf Hindernisse gestoßen", sagte Rüstungsexpertin Lucie Béraud-Sudreau.
Entgegen dem Trend: Rheinmetall und Diehl verzeichnen Plus
Ungeachtet dieses Trends verzeichnet die Sipri-Statistik etwa bei den beiden deutschen Unternehmen Rheinmetall und Diehl für 2022 ein Plus von 6 beziehungsweise 13 Prozent bei den Waffenverkäufen im Vergleich zum Jahr davor. Für transeuropäische Unternehmen wie Airbus errechnete das schwedische Institut Einnahmen von 19,7 Milliarden Dollar und einen Zuwachs von 9,6 Prozent.
Besonders starker Einnahmerückgang bei US-Firmen
Besonders starke Einnahmerückgänge gab es bei den 42 US-Unternehmen auf der Liste, auf die allein 51 Prozent der gesamten Waffenverkäufe entfallen. Deren Umsätze sanken 2022 um 7,9 Prozent auf 302 Milliarden Dollar. Von diesen Konzernen hätten 32 Einnahmerückgänge im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet, zumeist wegen anhaltender Lieferkettenprobleme und Arbeitskräfteknappheit, die noch aus der Corona-Pandemie herrührten. Dennoch sei der Gesamtumsatz der 100 größten Rüstungsfirmen 2022 noch immer um 14 Prozent höher gewesen als jener von 2015. In jenem Jahr hatte Sipri erstmals chinesische Konzerne in ihr Ranking aufgenommen.
Auftragsplus bei Lockheed Martin und Raytheon Technologies
Zugleich meldeten Unternehmen ein Auftragsplus. Sipri-Forscher Nan Tian sprach etwa von einem verstärkten Eingang neuer Aufträge in Verbindung mit dem Ukraine-Krieg. Nutznießer seien unter anderen die US-Rüstungskonzerne Lockheed Martin und Raytheon Technologies. Angesichts des bestehenden Auftragsbestands und den Schwierigkeiten bei der Steigerung der Produktionskapazität würden sich die Einnahmen aus diesen Aufträgen aber vermutlich erst in zwei oder drei Jahren in den Geschäftsberichten widerspiegeln.
Sipri ergänzte, dass Regierungen ihre neuen Rüstungsaufträge eher zum Jahresende hin erteilt hätten. Der zeitliche Abstand zwischen Auftrag und Produktion bedeutete, dass sich der Nachfrageschub nicht in den Bilanzen von 2022 niedergeschlagen habe. Béraud-Sudreau erklärte, dass vor allem neue Verträge für Munition unterzeichnet worden seien.
Erhebliches Einnahmeplus für Firmen in Israel und Südkorea
Unternehmen in Asien und im Nahen Osten hätten im vergangenen Jahr hingegen ein erhebliches Einnahmeplus verzeichnet. Dies demonstriere "deren Fähigkeit, innerhalb eines kürzeren Zeitrahmens auf eine erhöhte Nachfrage zu reagieren", teilte Sipri mit. Das Institut nannte vor allem Israel und Südkorea. Auch Hersteller in China, Indien, Japan und Taiwan profitieren demnach von anhaltenden staatlichen Investitionen in die Modernisierung des Militärs.
Mit Material von dpa, AP und AFP
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