Im Prozess um die Kuss-Affäre im spanischen Fußball ist der frühere Verbandschef Luis Rubiales zu einer Geldstrafe in Höhe von 10.800 Euro verurteilt worden. Außer der Geldstrafe verfügte das Gericht in San Fernando de Henares nahe Madrid, dass Rubiales sich seinem "Kussopfer", der Fußballspielerin Jennifer Hermoso, nur bis auf 200 Meter nähern und ein Jahr lang nicht mit ihr kommunizieren darf.
Das Gericht wertete die vieldiskutierte Kuss-Szene am Rande des Fußball-WM-Finales der Frauen 2023 als sexuellen Übergriff. Vom Vorwurf der Nötigung wurden Rubiales und seine drei Mitangeklagten freigesprochen.
Urteil noch nicht rechtskräftig
Die Staatsanwaltschaft hatte für Rubiales zweieinhalb Jahre Haft gefordert. Die Verteidigerin des Ex-Funktionärs hatte einen Freispruch gefordert, da Rubiales' Verhalten "unangemessen", aber nicht kriminell gewesen sei. Gegen das Urteil kann Berufung vor dem spanischen Staatsgerichtshof eingelegt werden.
Bis zum Schluss Aussage gegen Aussage
Der damalige Präsident des spanischen Fußballverbands hatte bei der Siegerehrung nach dem WM-Finale der Frauen 2023 vor laufenden Fernsehkameras den Kopf der Top-Spielerin mit beiden Händen gepackt und sie grob auf den Mund geküsst. Nach Hermosos Aussage geschah dies gegen ihren Willen.
In dem Prozess, der Anfang Februar begonnen hatte, hatte Rubiales einen "Fehler" eingeräumt. Er hätte "mehr in einer institutionellen Rolle" bleiben sollen, sagte er und versicherte zugleich, dass er "vollkommen sicher" sei, dass Hermoso dem Kuss zugestimmt habe.
Kritiker sehen Machtmissbrauch vor laufender Kamera
Die weltweit im Fernsehen übertragene Szene löste Empörung aus, Kritiker werteten sie als Machtmissbrauch. Im Prozess sagte die 34-jährige Sportlerin über den Kuss, sie habe sich "wenig respektiert gefühlt" und Derartiges sollte "niemals passieren, weder im sozialen noch im beruflichen Umfeld".
Die Kuss-Affäre hatte Hermoso, die inzwischen in Mexiko spielt, zu einer Symbolfigur im Kampf gegen Sexismus im Sport gemacht. Unter dem Hashtag #SeAcabó (Es reicht) forderten die spanischen Fußballerinnen in den Online-Netzwerken Frauen auf, Macho-Gewalt und Ungerechtigkeit anzuprangern.
Rubiales: "ein Kuss unter Freunden"
Rubiales hatte sich wochenlang geweigert, als Chef des spanischen Fußballverbands zurückzutreten, und die gegen ihn erhobenen Vorwürfe als "falschen Feminismus" abgetan. Er stellte den Vorfall bei der Siegerehrung als harmlosen "Kuss unter feiernden Freunden" dar, Hermoso sprach dagegen von einer "sexistischen und unangebrachten Handlung". Seit einer Reform des spanischen Strafrechts gilt ein nicht einvernehmlicher Kuss als sexueller Übergriff.
Das Nachspiel: laut Gericht keine Nötigung
Außer dem sexuellen Übergriff wurde Rubiales zusätzlich mit seinen drei Mitangeklagten Nötigung zur Last gelegt, weil sie die Spielerin gedrängt haben sollen, sich der Darstellung vom einvernehmlichen Kuss anzuschließen. In diesem Punkt wurden Rubiales sowie der ehemalige Trainer der Frauennationalmannschaft, Jorge Vilda, und zwei ehemalige Funktionäre des Fußballverbands, Rubén Rivera und Albert Luque, am Donnerstag jedoch freigesprochen. Rubiales' drei Mitangeklagte hatten ausschließlich wegen Nötigung vor Gericht gestanden.
Mit Informationen von dpa
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24