Die SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken, aufgenommen nach der SPD-Präsidiumssitzung während der Pressekonferenz zu den Landtagswahlen in Hessen und Bayern.
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SPD-Chefin Saskia Esken

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SPD fordert Aussetzen der Schuldenbremse - FDP weist das zurück

Die Steuerschätzung sagt ein mageres Jahr 2024 voraus. Doch der Finanzbedarf ist hoch, besonders bei Bundeswehr und Polizei. SPD-Chefin Esken hat deshalb ein erneutes Aussetzen der Schuldenbremse gefordert. Die FDP reagiert prompt.

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Nach SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat nun auch SPD-Chefin Saskia Esken ein erneutes Aussetzen der Schuldenbremse gefordert. "Durch die anhaltenden Krisen (...) ergeben sich Herausforderungen, die wir nicht aus einem Normalhaushalt stemmen können, ohne dabei andere Aufgaben zu vernachlässigen", sagte Esken der "Rheinischen Post" vom Montag. "Ich bin davon überzeugt, dass wir erneut eine Ausnahme von der Schuldenbremsen-Regelung benötigen." Die SPD-Chefin nannte explizit den Krieg in der Ukraine und den Nahostkonflikt als Hintergrund ihrer Forderung.

SPD - "keine Krisenbewältigung auf Kosten der sozialen Infrastruktur"

Krisenbewältigung auf Kosten der sozialen Infrastruktur, der Demokratieförderung oder der Integration sei mit der SPD nicht zu machen, betonte Esken.

Die Schuldenbremse sei "in ihrer aktuellen Ausgestaltung" nicht dazu geeignet, "den Nachholbedarf bei den Investitionen in eine moderne Infrastruktur zu bewältigen", argumentierte die Sozialdemokratin. "Viel zu lange haben wir von der Substanz gelebt. Wenn sich die Schuldenbremse als Investitions- und als Innovationsbremse herausstellt, dann müssen wir diese Regelung kippen."

FDP weist Forderung zurück

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hat Forderungen nach einem erneuten Aussetzen der Schuldenbremse strikt zurückgewiesen. "Eine solide Finanzpolitik ist die Voraussetzung für nachhaltiges Wachstum", sagte er der "Rheinischen Post" (Dienstagausgabe). "Die wichtigen Konsolidierungsanstrengungen dürfen nicht durch ständig wiederkehrende Debatten zur Aufweichung oder zum Aussetzen der Schuldenbremse konterkariert werden."

"Wir brauchen solide und generationengerechte Finanzen, um gezielte steuerliche Entlastungen, Anreize für private Investitionen sowie Innovationen und die Modernisierung unserer Infrastruktur zu ermöglichen", sagte FDP-Generalsekretär Djir-Sarai. "Die aktuellen, erneuten Forderungen, die Schuldenbremse auszusetzen, sind nicht zielführend, kontraproduktiv und erinnern an den Filmklassiker: Täglich grüßt das Murmeltier."

Grünen-Politiker fordern mehr Geld für Polizei und Bundeswehr

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte für das kommende Jahr eine Rückkehr zur Schuldenbremse angekündigt. Dies wurde bereits von Wirtschaftsminister Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock (beide Grüne) infrage gestellt. Mehrere führende Grünen-Politiker fordern mehr Geld und eine bessere Ausrüstung von Bundeswehr und Polizei. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck mahnte zudem eine rechtzeitige Debatte über die Finanzierung der Bundeswehr nach Auslaufen des 100 Milliarden Euro umfassenden Sondervermögens an. Auch Parteichef Omid Nouripour forderte, die Sicherheitsbehörden in Deutschland zu stärken.

Steuerschätzung: "Kein Spielraum für neue Ausgaben"

Die Schätzung der Steuereinnahmen für das kommende Jahr zeigen allerdings schwarz auf weiß: Spielraum für neue Ausgaben gibt es nicht. Der Bund nimmt 2024 nur magere 3,8 Milliarden Euro zusätzlich ein. Ein Teil davon ist sogar schon verplant, sodass die Haushälter für 2024 nur 2,3 Milliarden zusätzlich verteilen können. Das zerstöre wohl einige Illusionen, sagte Finanzminister Christian Lindner. "Es kommt kein Deus Ex Machina, der uns Milliarden beschert."

Hauptgrund für die magere Steuerschätzung ist der Abschwung der Wirtschaft. Tatsächlich kommt Deutschland langsamer aus der Krise heraus als gedacht. Das hat mit dem russischen Krieg in der Ukraine zu tun: die Nachwehen der Energiepreiskrise, die hohen Zinsen und eine schwache globale Wirtschaft. Dazu kommt Unsicherheit wegen des neusten geopolitischen Konfliktherds im Gazastreifen und Israel.

Neue Spielräume oder weitere Sparmaßnahmen?

Die Prognose der Steuerschätzer ist eine wichtige Grundlage für die abschließenden Beratungen zum Bundeshaushalt 2024 im November. Sie entscheidet mit, ob im Bundestag weitere Sparbeschlüsse gefasst werden müssen - oder ob es Spielräume für zusätzliche Ausgaben gibt.

Wünsche gibt es reichlich. Zur Debatte steht zum Beispiel, ob die Mehrwertsteuer auf Speisen im Restaurant dauerhaft gesenkt bleibt. Gerungen wird auch um die Frage, ob es neue Mittel für die Seenotrettung im Mittelmeer gibt.

Lindner - "Schuldenbremse steht im Grundgesetz"

Lindner ist die Schuldenbremse heilig. Sie stehe im Grundgesetz, es gebe daher gar keine Chance, sie nicht einzuhalten, betonte er mehrfach. Weil der Finanzminister zugleich Steuererhöhungen ausschließt, hatte der seinen Ministerkollegen bereits im Frühjahr einen harten Sparkurs verordnet. "Aus der Steuerschätzung selbst heraus ergeben sich keine Spielräume", sagte er. Für jede neue Ausgabe müsse an anderer Stelle gespart werden.

Mit Material von AFP, Reuters und dpa.

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