20 Prozent der Landwirte in Deutschland können sich vorstellen, in den nächsten zwei bis drei Jahren auf Ökolandbau umzustellen. In Süddeutschland sind es sogar 27,5 Prozent. Das ergab eine Umfrage des Deutschen Bauernverbands. Es sind Rekordwerte.
Landwirte setzen auf Bio-Trend
Die Landwirte Stefan und Michaela Grandl aus Marzling bei Freising vermuten, dass die Umfrageergebnisse mit der anhaltenden Nachfrage nach Bio-Produkten zu tun hat. Auch sie vertrauen auf den Trend.
Gerade stellen sie auf Ökolandbau um. Vor einem halben Jahr ist ihr neuer Stall fertig geworden. Die gut 80 Rinder haben nun ökologisch erzeugtes Futter und mehr Platz und Komfort. "Wir wollten mit mehr Tierwohl den Betrieb zukunftsfähig machen. Und natürlich hoffen wir, dass die Verbraucher auch nach Corona auf Bio-Produkte setzen", sagen sie. Planungssicherheit sei in seinem Beruf alles.
30 Prozent Ökolandbau ist immer noch in weiter Ferne
Auch Hubert Heigl von der Landesvereinigung für den ökologischen Landbau in Bayern (LVÖ) sieht die derzeitige Lage grundsätzlich positiv. Doch es brauche noch größere Anstrengungen, schließlich will Bayern den Öko-Anteil bis 2030 auf 30 Prozent steigern. Und auch die neue Bundesregierung hat das als Ziel für ganz Deutschland in den Koalitionsvertrag geschrieben.
Für das letzte Jahr verzeichnen die LVÖ-Mitgliedsverbände Bioland, Naturland, Biokreis und Demeter insgesamt 358 neue Betriebe – die landwirtschaftliche Fläche wuchs bei den Verbänden um gut 25.000 Hektar. "Auf die gesamte landwirtschaftliche Nutzfläche in Bayern bezogen hatten wir damit eine Umstellung von einem Prozent. Wenn man das einordnet in das Ziel des Volksbegehrens, dann müssten wir die Umstellung pro Jahr verdoppeln."
Im Moment liegt der Bio-Anteil an der landwirtschaftlichen Fläche deutschlandweit bei etwas über zehn Prozent, Bayern steht bei knapp 12,7 Prozent.
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Neues Förderungssystem könnte Bio-Ausbau verlangsamen
Es ist also noch ein langer Weg bis zum 30-Prozent-Ziel. Vor allem könnte er steiniger werden. Daniela Gehler vom Bayerischen Bauernverband sieht zwei negative Signale aus der Politik, die Landwirte vor einer Umstellung abschrecken könnten.
Erstens: Früher durften vereinzelt auch Rinderhalter auf Bio umstellen, die keine Weidefläche zur Verfügung hatten; man machte unter bestimmten Umständen Ausnahmen. Um das zu verhindern, hat die Europäische Union mittlerweile ein Pilotverfahren gegen Deutschland eröffnet. In Zukunft könnten die Ausnahmen verboten werden und einige Landwirte würden damit ihr Bio-Siegel verlieren, meint Daniela Gehler vom Bayerischen Bauernverband.
Zweitens: Ab 2023 sollen EU-Gelder in der deutschen Landwirtschaft anders verteilt werden. Ein neues, komplexes Fördersystem will Landwirte für gewisse Naturschutz-Leistungen belohnen, durch ein Doppel-Förderungsverbot könnten sich aber Nachteile für Bio-Bauern ergeben.
Bio-Trend bei Landwirten könnte sich verlangsamen
Gehler befürchtet, dass die Öko-Betriebe mit deutlich weniger Fördermittel zurechtkommen müssen. Die neue Bundesregierung müsse unbedingt nacharbeiten, wenn der Öko-Ausbau gelingen soll.
So sieht es auch der Landwirt Stefan Grandl. Weidehaltung hat er bereits. Aber er weiß, dass die Umstellung auf Bio nicht nur ein deutlicher Mehraufwand bedeutet, sondern dass sie finanzielle Risiken mit sich bringt. Falls Öko-Landwirten ab 2023 weniger Unterstützung bekommen, dann könne es nach einem Auf in der Bio-Nachfrage ein Ab im Bio-Angebot geben.
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