Drei Jahre haben Laien und Bischöfe in Deutschland diskutiert. Ihr gemeinsamer Reformprozess Synodaler Weg ist einmalig in der Kirchengeschichte und so gibt es auch im Kirchenrecht dazu keine Regeln. Nun will die katholische Kirche in Deutschland den Synodalen Weg institutionalisieren und einen Synodalen Rat einrichten, ein festes Gremium aus Laien und Bischöfen.
Kurz vor der Frühjahrsvollversammlung der Bischöfe im Februar kam dann ein Schreiben aus Rom, das die Bischöfe eindringlich bat, davon Abstand zu nehmen. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Georg Bätzing erklärte damals, dass der Synodale Rat selbstverständlich im Einklang mit dem Kirchenrecht und der Zustimmung aus Rom gestaltet werden solle. "Was sie nicht approbieren, hat uns Rom mehrfach und deutlich gesagt. Aber sie haben uns nicht gesagt, dass es kein Gremium gemeinsamer Beratung und Entscheidung geben kann", sagte Bätzing.
Die Kurie befürchtet, dass die Position der Bischöfe geschwächt werde
Der Vatikan befürchtet, ein Gremium, in dem Laien und Bischöfe gleichberechtigt mitbestimmen, könnte die Position der Bischöfe unzulässig schwächen. Darüber will heute eine Delegation der Bischofskonferenz in Rom mit Vertretern des Vatikans diskutieren.
Für die Gespräche sei es 10 nach 12, mahnt die Präsidentin des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken, Irme Stetter-Karp, die seit mehr als drei Jahren Teil der Beratungen ist. Zu den Gesprächen ist sie, genauso wie alle anderen Laienvertreter, nicht eingeladen. An ihre Bischöfe hat sie eine klare Botschaft: "Ich erwarte, dass die Delegation vermittelt, wie bedeutsam ein verbindliches Weitergehen für die Ortskirche in Deutschland ist." Die Sorgen, die deutsche Kirche würde sich von der Weltkirche entfernen, seien unbegründet.
Es geht auch um die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs
Außerdem sei es wichtig, dass die deutschen Bischöfe den Dreh- und Angelpunkt des Synodalen Wegs in Rom wieder in Erinnerung rufen. Der Reformprozess begann mit dem Versprechen, den sexuellen Missbrauch aufzuarbeiten. Das erwartet auch Viola Kohlberger, die drei Jahre lang als Synodale am Reformprozess mitgewirkt hat. "Jetzt muss geklärt werden, dass wir die Betroffenen von Missbrauch in den Mittelpunkt stellen", sagt die Diözesankuratin der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg aus Augsburg. Für sie sei es keine Option, auf den weltweiten synodalen Prozess zu warten. Die Bischöfe müssten sich jetzt darauf fokussieren, dass Missbrauch und Leid nicht mehr begünstigt werden.
Die 32-jährige Theologin engagiert sich heute nicht mehr als Offizielle im Reformprozess. Doch genauso wie die große Mehrheit der Katholikinnen und Katholiken wünscht sie sich weiter grundlegende Reformen für die katholische Kirche in Deutschland. Irme Stetter-Karp vom Zentralkomitee der Katholiken möchte sich nicht ausmalen, was passiert, wenn die deutschen Bischöfe mit ihren Vorschlägen in Rom auf taube Ohren stoßen. "Ich bin mir sicher, es wird nicht wenige Gläubige geben, sondern viele, deren Geduld mit den großen Versprechungen restlos aufgebraucht ist", sagt sie. Es gehe um die Zukunft der Ortskirche.
96 Prozent der Noch-Kirchenmitglieder verlangen Reformen
Auch Christian Weisner von der reformorientierten Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche" hofft, dass die deutschen Bischöfe heute in Rom mit den Vertretern des Vatikans zu einer Lösung kommen. Weisner kritisiert diejenigen Bischöfe, die sich gegen den Reformkurs stellen. "Sie handeln natürlich auch unverantwortlich gegenüber ihrer eigenen Diözese", sagt er. 96 Prozent der Noch-Kirchenmitglieder verlangen Reformen und mehr als 40 Prozent sind austrittsgeneigt.
Wie viel Mitentscheidung durch Laien verträgt also die katholische Kirche? Der Ausgang der Gespräche in Rom wird mit Spannung erwartet. Das letzte Mal waren deutsche Bischöfe im Juli 2023 zu Gesprächen im Vatikan.
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