In Augsburg kommen ab heute Deutschlands katholische Bischöfe zu ihrer Frühjahrsvollversammlung zusammen, kurz nach Beginn der Fastenzeit. Fröhlichen Charakter haben nicht viele der Themen, die auf dem Tisch liegen.
So stellt sich für die Kirchenmänner die Gretchenfrage: Wie hältst Du es mit der AfD? Bisher gibt es dazu keine klare Linie. Während sechs ostdeutsche Bischöfe ausdrücklich vor einer Wahl der AfD warnen, will der Gastgeber der Tagung, Augsburgs Bischof Bertram Meier, Wähler und Mitglieder der AfD nicht ausgrenzen. "Eine Parteimitgliedschaft allein ist kein Kriterium, Menschen auszuschließen", sagte Meier im Herbst der "Augsburger Allgemeinen".
Einige Bistümer positionieren sich offen gegen die AfD
In einigen Bistümern sieht man das offenbar anders: In Berlin und in Würzburg gibt es Regeln, die einen Ausschluss von AfD-Mitgliedern aus ehrenamtlichen Gremien, zum Beispiel dem Pfarrgemeinderat, ermöglichen. Auf Demos, wo Regenbogen-Fahnen neben Nazis-Raus-Plakaten geschwenkt werden, sieht man neuerdings hohe katholische Geistliche. "Mir ist wichtig, dass wir den öffentlichen Raum nicht den Verächtern der Demokratie überlassen, und dafür gehe ich auch gern auf die Straße!", so Bischof Stephan Ackermann aus Trier.
"Wir möchten keine Leute bei uns in den Gremien haben, die gegen unsere Grundsätze, gegen die Würde des Menschen verstoßen", sagt Anja Mantel, stellvertretende Vorsitzende des Diözesanrats im Bistum Würzburg. Hier erlaubt eine Satzung seit knapp drei Jahren, Mitglieder vom Pfarrgemeinderat auszuschließen, wenn sie eine Organisation oder Partei unterstützen, die rassistische oder fremdenfeindliche Positionen vertritt.
Angewendet wurde die Klausel noch nie – vielleicht auch, weil sie gar nicht so leicht umsetzbar ist. Schließlich könne man nicht "von jedem das Parteibuch kontrollieren", sagt Mantel. Selbst bei rechtspopulistischen Aussagen müsse man unterscheiden, ob das nun Stammtischparolen seien oder ein wirkliches Bekenntnis zur AfD. "Da muss man das Gespräch suchen."
Ostdeutsche Bischöfe warnen vor Wahl der AfD
Auch wegen solcher Schwierigkeiten hat mancher Bischof rechtliche Bedenken gegen Regeln wie in Würzburg geäußert, die es sonst nur noch im Erzbistum Berlin gibt. Trotzdem wird gerade in mehreren Diözesen diskutiert, ob es so eine Unvereinbarkeitsklausel braucht – etwa in Freiburg, Erfurt oder Magdeburg. Erst vor einigen Wochen haben die ostdeutschen Bischöfe davor gewarnt, die AfD zu wählen.
Dort lässt die Beliebtheit der AfD vermuten, dass auch viele Katholiken mit der Partei sympathisieren. Gesicherte Erkenntnisse darüber gebe es aber nicht, sagt Claudia Pfrang vom Kompetenzzentrum für Demokratie und Menschenwürde der katholischen Kirche Bayern. Die Theologin sieht inhaltliche Ähnlichkeiten zwischen rechtskatholischen und rechtsnationalen Kreisen.
Extremistische Positionen mit "gutem katholischen Glauben" nicht vereinbar
"Ich sage immer gerne, das sind die Themen, wo Kirche noch nicht den Sprung ins 21. Jahrhundert geschafft hat", sagt Pfrang im Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk. Sie sieht "Andockpunkte“ zwischen rechtskatholischen und rechtsnationalen Kreisen bei den Themen Geschlechterordnung, Familienbild, Sexualität und Lebensschutz.
Doch Pfrang glaubt: Extremistische Positionen seien mit dem "guten katholischen Glauben" nicht vereinbar. Wie sie fordern viele von den Bischöfen, sich nun bei ihrer Vollversammlung auf eine gemeinsame Position gegenüber rechtsradikalen Strömungen zu einigen.
Neues Friedenswort angesichts der Kriege in der Welt
Die Bischöfe wollen aber nicht nur ins Inland schauen, auch die Weltpolitik spielt auf ihrem Treffen eine Rolle. So wollen die Kirchenmänner angesichts der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten ein neues Friedenswort präsentieren.
Laut Bischofskonferenz ist das neue Friedenswort mit dem Titel "Friede diesem Haus" der Versuch, die Friedensbotschaft des Evangeliums im Angesicht der aktuellen weltpolitischen Situation "prinzipienfest, aber auch nuanciert und wirklichkeitsgerecht zur Sprache zu bringen". Und weiter: "Insbesondere seit dem Frontalangriff auf die Prinzipien der geltenden Ordnung, die der Ukraine-Krieg darstellt, ist die Frage nach der christlichen Gewaltfreiheit neu aufgerufen."
Die spannende Frage ist, wie das Friedenswort mit den innerkirchlichen Spannungen zwischen Pazifisten und Anhängern der Lehre vom "Gerechten Krieg" umgeht. Laut Kirchenvater Augustinus ist Gewalt als äußerstes Mittel zur Gefahrenabwehr und Selbstverteidigung legitim. Doch Papst Franziskus stellte sich zuletzt deutlich auf die Seite des christlichen Pazifismus. Immer wieder warnt er vor einem "dritten Weltkrieg in Stücken".
Studie sagt steigende Kirchen-Austrittszahlen voraus
Aber auch an innerkirchlichen Debatten mangelt es nicht. So wollen sich die Bischöfe mit den Ergebnissen der Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung vom November befassen. Das Ergebnis aus kirchlicher Sicht: dramatisch. Nicht nur Kirchenbindung und religiöse Praxis, sondern auch Religiosität und christliche Glaubensvorstellungen seien deutlichen Erosionsprozessen unterworfen, sagte der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf damals laut Mitteilung der Deutschen Bischofskonferenz.
In seiner Silvesterpredigt hatte auch Limburgs Bischof Georg Bätzing, der aktuelle Vorsitzende der Bischofskonferenz, die Studie thematisiert – und schonungslos analysiert: "Der Mitgliederverlust ist rasant, die gesellschaftliche Bedeutung schwindet." Die Mehrheit der Bevölkerung sei "kaum noch religiös ansprechbar".
Dass es auch um die Planungen für das Heilige Jahr gehen wird, das Papst Franziskus für 2025 ausgerufen hat, ist sicherlich eine willkommene Abwechslung angesichts der bereits erwähnten Programmpunkte. Themen sind ferner die Internationale Ministrantenwallfahrt nach Rom im Sommer und die "Woche für das Leben", bei der die Lebenswirklichkeit Jugendlicher und junger Erwachsener mit Behinderungen im Mittelpunkt steht.
Synodaler Weg von Tagesordnung gestrichen
Schon wieder Post aus Rom. Schon wieder ein Stoppschild für den Synodalen Weg. Eigentlich wollte die Bischofskonferenz bei ihrer Tagung in Augsburg beschließen, wie es weitergeht mit diesem Reformprojekt der Katholischen Kirche in Deutschland. Auf der Tagesordnung: die Verabschiedung der Satzung eines Synodalen Ausschusses. Der Vatikan hat nun, unmittelbar vor Beginn der Frühjahrstagung der Bischöfe, Bätzing gebeten, diesen Punkt von der Tagesordnung zu nehmen. Der Grund: Der geplante Ausschuss soll einen Synodalen Rat vorbereiten, als gemeinsames Leitungsorgan von Basisvertretern und Bischöfen. Im Synodalen Rat sollen die Themen des Synodalen Wegs weiter besprochen und beschlossen werden: die Machtverteilung in der Kirche, die Rolle der Frau oder die Sexualmoral.
Dass Bischöfe zusammen mit gewählten Laienvertretern Fragen von solcher Tragweite entscheiden, ist für Rom offenbar nicht vorstellbar. "Ein solches Organ ist vom geltenden Kirchenrecht nicht vorgesehen", heißt es in dem Schreiben aus dem Vatikan, das von Papst Franziskus ausdrücklich gebilligt wurde. Die Abstimmung über den Synodalen Rat wurde nun auf Wunsch Roms von der Tagesordnung in Augsburg genommen. Alles Weitere werde sich während der Vollversammlung zeigen, so ein Sprecher der Bischofskonferenz. Irritiert reagiert das Zentralkomitee der Deutschen Katholiken (ZdK), die Vertretung der Katholikinnen und Katholiken: "Das bedeutet eine weitere Verzögerung der dringend notwendigen Reformen in der Kirche", sagt die ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp. Die Reformbewegung "Wir sind Kirche" rief für den Nachmittag gemeinsam mit anderen Gruppen zu einer Mahnwache am Augsburger Dom auf.
Mit Informationen von KNA, epd und dpa
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