Veganen Ersatz für Eier zu finden, war bisher schwierig. Deswegen forscht die TU München an veganen Eiern, die alle Eigenschaften eines "echten" Eis haben.
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Ein veganes Ei aus dem Labor

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Tierfreie Alternative: Start-ups brüten über veganem Ei-Ersatz

Tierfreie Alternative: Start-ups brüten über veganem Ei-Ersatz

Für fast alles gibt es mittlerweile pflanzlichen Ersatz. Milchprodukte, Fleisch, Käse. Ans Ei trauten sich bislang nur wenige heran. Kaum etwas ist in Struktur und Eigenschaften derart komplex. Doch jetzt gibt es interessante neue Ansätze.

Über dieses Thema berichtet: Unser Land am .

Immer mehr Menschen ernähren sich ganz oder teilweise vegan – aus Tierschutzgründen oder als Beitrag zum Klimaschutz. Viele kochen oder backen auch einfach ab und an für Freunde oder Familienmitglieder, die keine tierischen Produkte konsumieren. Besonders beim Backen stellt sich dann die Frage: Was als Alternative für das Ei hernehmen?

Das können je nach Backwerk Apfelmus, Bananen, Aquafaba, also das Abtropfwasser von Bohnen oder Kichererbsen, oder auch Leinsamen sein. Die Ergebnisse reichen in der Regel von sehr gut bis eher bescheiden. Aus Sicht von Marius Henkel braucht das nicht zu verwundern. Solche Alternativen könnten nicht "alle Eigenschaften des Eis nachbilden", meint der Professor für Cellular Agriculture an der TU München.

Wunderwerk Ei

Das Ei an sich ist sehr komplex – auch wenn es nicht so aussieht. Doch "Eigelb und Eiklar sind im Prinzip zwei unterschiedliche Produkte", erklärt Henkel, "mit ganz unterschiedlichen Eigenschaften". Eier können binden, gelieren, schäumen – was sie für die Industrie sehr interessant macht. Von der Zusammensetzung her besteht ein Ei aus verschiedenen Proteinen, Fetten, Vitaminen und Mineralstoffen. Alles eben, was ein Küken zum Leben benötigt. Wer das im Labor nachbauen möchte, hat es nicht leicht.

Ernährungstransformation nötig

Die Lebensmitteltechnologin Verónica García-Arteaga hat es trotzdem gewagt. Es war der hohe Eier-Konsum ihrer Landsleute, der die gebürtige Mexikanerin zum Nachdenken brachte. Die Vegetarierin begann, die Haltungsbedingungen von Legehennen zu recherchieren und versuchte, auf Eier zu verzichten.

Doch es fiel ihr schwer. Und so reifte ihr Entschluss, dass es auch mit Blick auf künftige Generationen Alternativen brauche, um die Menschen zu ernähren. Am Fraunhofer-Institut in Freising entwickelte sie schließlich ein Ei, das nicht auf Kosten von Umwelt und Tieren gehen sollte.

Erstes komplett veganes Ei

Mit ihrem Berliner Start-up Neggst will sie das erste komplett vegane Ei auf den Markt bringen. Und zwar inklusive Schale. Es soll dem Hühnerei möglichst ähnlich sein und genauso verwendet werden können: als Spiegelei, als Rührei oder zum Backen.

Die größten Schwierigkeiten hatte die junge Wissenschaftlerin bei der Entwicklung des Eiklars. "Wir mussten etwas finden, was transparent ist wie ein Hühnerei, aber auch mit dem richtigen Proteingehalt", erzählt Verónica García-Arteaga. Entweder wurde es zu flüssig, dann passte die Textur nicht oder die Farbe wurde aufgrund der gelösten Pflanzenproteine zu trüb. Jetzt ist das Eiklar von Anfang an weiß und etwas dickflüssiger, aber sobald es in der Pfanne anbrät, ist es optisch kaum von einem echten Spiegelei zu unterscheiden.

Zusammensetzung des Pflanzen-Eis

Die genaue Formel ist Betriebsgeheimnis. Im Eiklar vernetzen sich Proteine aus Hülsenfrüchten wie Erbsen oder Ackerbohne mit pflanzlichen Geliermitteln wie Algenextrakten. Die aktuelle Rezeptur für das Eigelb enthält unter anderem auch Süßkartoffel und natürliches Beta-Carotin für die Farbe. Hinzu kommen natürliches Aroma, verschiedene Mineralien und Pflanzenöl. Bei richtiger Mischung entsteht eine orangefarbene Emulsion.

Die nächste Hürde war, Eiweiß und Eigelb zusammenzukriegen. Denn normalerweise würden sich die zwei Flüssigkeiten mischen. Die Lösung: Das Calcium im Eigelb bildet bei Kontakt mit dem Algenextrakt im Eiklar eine stabile Membran. So bildet das Eigelb tatsächlich einen Dotter samt Dotterhaut aus und vermischt sich nicht mit dem Eiweiß.

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Verkapselung von Eigelb und Eiklar

Verbraucher erkennen kaum einen Unterschied

In ihren Berliner Räumen zeigt Verónica García-Arteaga auch, wie man das Spiegelei in der Pfanne brät. Mit dem Unterschied, dass das Eiklar von Anfang an weiß ist, sieht es beinahe aus wie ein echtes Ei. Zuletzt gibt sie noch etwas Kala Namak darüber. Ein asiatisches Steinsalz, das aufgrund seines Geruchs stark an Ei erinnert.

Das Ergebnis: Die Konsistenz des Spiegeleis ist nah dran am Original. Und auch geschmacklich ist viel Ähnlichkeit mit einem echten Hühnerei. Nur beim Schlucken kommt eine leicht bittere Note hinzu. Das, so erklärt Gründerin Verónica García-Arteaga, hänge mit den Bitteraromen der Hülsenfrüchte zusammen und der Tatsache, dass sie keine künstlichen Aromen benutzen wollen. An der Lösung werde noch geforscht.

Bei Blindverkostungen mit Muffins und Quiche erkannten 85 Prozent der Testesser nicht, ob echte oder pflanzliche Eier verarbeitet wurden. Die pflanzlichen Varianten wurden sogar als saftiger und geruchlich angenehmer empfunden.

Schale ist kompostierbar

Verónica García-Arteaga will ihr Ei komplett mit Schale anbieten. Den Prototypen entwickelte ein Kollege am Fraunhofer-Institut. Er besteht aus Bioplastik und mineralischen Stoffen und lässt sich aufschlagen und auch kompostieren. Noch gibt es kein Gerät, dass die Komponenten zusammenfügt. Auch die Membranbildung des Eigelbs soll automatisiert werden.

Sobald der Prototyp stehe, "können wir Produktionsversuche und erste Verbraucherakzeptanztests durchführen", so García-Arteaga. Die Fertigstellung wird also noch etwas dauern. Dafür sollen bereits Anfang nächsten Jahres sogenannte "Egg-Patties" an die System-Gastronomie geliefert werden.

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Das "Egg-Patty" kommt bald auf den Markt

Noch zu wenig Forschung

Pflanzliche, ebenso wie biosynthetische Ei-Alternativen hält Prof. Marius Henkel für dringend notwendig. Bislang gebe es dazu nur einzelne Forschungsarbeiten, die man an ein oder zwei Händen abzählen könne. "Leider nicht in dem Umfang, wie ich mir das als Wissenschaftler auch wünschen würde", so Henkel.

Zwar werde sicher in größeren Firmen geforscht, nur könne man da nicht unbedingt einen Blick darauf haben. Die Wissenschaft müsse daher als Innovationstreiber wirken und Grundlagen zur Verfügung stellen, basierend auf denen dann Produkte entwickelt werden können.

Es geht nicht ohne Alternativen

Dass es Alternativen braucht, darin sind sich Forscher und Produzenten einig. "Wir sehen ja, dass unser Lebensmittelsystem einfach einen sehr negativen Impact auf unsere Umwelt hat", sagt Lidia Fabian vom Berliner Start-up Lovely Day Foods. "Und wir sehen gleichzeitig, dass die Weltbevölkerung stetig steigt und dementsprechend viel mehr Proteine gebraucht werden als bisher." Dementsprechend könne man nicht weitermachen, wie bis bisher, "weil wir damit einfach unseren Planeten zerstören".

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Forschung an bioidentischen Proteinen

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