US-Präsident Donald Trump
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Trumps turbulentes Tempo – jeden Tag ein Verfassungsbruch?

Trumps turbulentes Tempo – jeden Tag ein Verfassungsbruch?

In den ersten Wochen nach seiner Rückkehr ins Weiße Haus haben Präsident Trump und seine Regierung eine wahre Flut von Entscheidungen getroffen - oft ohne klare öffentliche Erklärung, wie ihr Handeln mit der Rechtsstaatlichkeit vereinbar sein könnte.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Donald Trump habe die ersten Wochen seiner erneuten Amtszeit "wie ein ehemaliger Reality-TV-Moderator und -Produzent gemeistert". Er habe die Nation und die Welt mit zahllosen "Cliffhangern" überrascht, also oftmals mit Entscheidungen, die doch noch nicht ganz getroffen worden seien, und daher stets auf "sein letztes Wort warten". Diesen Vergleich stellt die traditionsreiche Washingtoner Zeitung "Roll Call" an, die in erster Linie über den US-Kongress berichtet. So erklärt sich zumindest "Roll Call" die politische und mediale Wirkung der inzwischen kaum mehr überschaubaren Flut von präsidialen Dekreten und Äußerungen, die Amerika und die Welt kaum mehr zu Atmen kommen lässt.

Einer der "Cliffhanger" Trumps: "Das dreitägige Drama um die von ihm vorgeschlagenen Zölle auf Produkte aus Kanada und Mexiko", die Trump dann um mindestens 30 Tage verschoben hat. Wie es dann weitergeht? Hänge alles vom Präsidenten ab. Große US-Medien haben bereits "Trump Administration Live Updates" eingerichtet, um mit dem Tempo der Anordnungen Schritt halten zu können.

Zerschlagung der US-Bundesbehörden

Ende Januar erhielten die Mitarbeiter der US-Bundesbehörden eine E-Mail von ihrer Personalabteilung, dem "Office of Personal Management": Bis Donnerstag, 06. Februar, 12 Uhr mittags (Ortszeit) hätten die Bediensteten Zeit, zu kündigen und könnten trotzdem bis zum 30. September die vollen Bezüge und Leistungen zu behalten. Wer dies in Anspruch nehmen wolle, solle auf die E-Mail von ihrem Dienst-Account aus mit dem Wort "resign" antworten, und auf "send" klicken.

Auch die Mitarbeiter der Central Intelligence Agency (CIA), der National Security Agency (NSA) und des Office of the Director of National Intelligence (ONI) hätten in dieser Woche Kündigungsangebote erhalten. Das sei das jüngste Beispiel für eine Regierung, die "in ihrem unbändigen Wunsch nach Umwälzungen die Auswirkungen auf die nationale Sicherheit nicht zu kennen scheint", erzürnt sich der "Washington Post"-Journalist David Ignatius, einer der erfahrensten sicherheitspolitischen Experten.

Welche Folgen dies auf die Arbeit der US-Geheimdienste haben wird? Es sei offenbar nebensächlich. Ehemalige CIA-Beamte hätten ihn angerufen, wie der "Washington Post"-Redakteur weiter berichtet, und ihm erzählt, "dass sich in dieser Woche viele Stationschefs bei ihnen gemeldet haben, um sich nach Stellen umzusehen." Es werde nicht einfach sein, Beamte zu ersetzen, die über "wertvolle, schwer zu erwerbende Fähigkeiten verfügen, wie z. B. fließend Russisch, Chinesisch oder Arabisch zu sprechen."

Elon Musk greift auf US-Datensätze zu

Von seiner freien Hand, die Elon Musk von Präsident Trump erhalten hat, um Ministerien und Bundesbehörden auf "Einsparpotentiale und Effizienzsteigerung" durchzuforsten, macht der Tech-Milliardär umfassend Gebrauch. Obgleich es kein Ministerium ist, gilt Musks sogenanntes "Department of Government Efficiency" (DOGE) inzwischen als Synonym für den unmittelbaren Zugriff auf zahlreiche, streng vertrauliche Daten der US-Ministerien und Behörden. Dazu gehört unter anderem das interne Zahlungssystem des Finanzministeriums, das die persönlichen und finanziellen Daten von Millionen von Menschen verwaltet und für die Finanzleistungen des Bundes zuständig ist.

Pro Jahr würden über diese Zahlungsstelle 5,4 Billionen Dollar im Auftrag der diversen Bundesbehörden ausgezahlt. Das entspreche 88 Prozent aller Bundeszahlungen des Jahres 2024. Trumps neuer Finanzminister Scott Bessent hatte Mitgliedern des "Musk-Teams" gegen den Widerspruch eines leitenden Finanzbeamten Zugang zum System erlaubt. Dagegen klagte die Gewerkschaft der Bundesangestellten vor einem Bundesgericht in Washington.

Nicht Musk persönlich habe Zugang zu den in jeder Hinsicht unschätzbaren Datensätzen, sondern zwei Mitglieder des Musk-Teams, erklärte ein Regierungsanwalt am Mittwoch dieser Woche laut "New York Times". Die beiden Personen, vormals Angestellte in Musks Unternehmen, seien erst gerade eingestellt worden, als "special government employees", die nun als Mitarbeiter des Finanzministeriums betrachtet werden sollten.

"Natürlich ist das ein Staatsstreich"

Vormals, so schreibt der amerikanische Historiker Timothy Snyder von der Yale Universität am Mittwoch auf seinem Blog "Thinking about", hätte man sich Staatsstreiche stets mit Panzern, abgeriegelten Regierungsvierteln und vielen Bewaffneten vorstellen müssen. Wenn also eine "Gruppe bewaffneter Männer mit seltsamen Symbolen Regierungsgebäude gestürmt hätte, hätten die Amerikaner dies als Putschversuch erkannt." Und diese Art von Putschversuch wäre gescheitert.

Jetzt würden "ein paar Dutzend junge Männer von Regierungsbüro zu Regierungsbüro gehen, in Zivil gekleidet und nur mit Zip-Drives bewaffnet." Sie würden sich Zugang zu den "grundlegenden Computersystemen der Bundesregierung" verschaffen. Danach würde diese Gruppe ihrem Anführer "Zugang zu Informationen und die Befugnis gewähren, alle staatlichen Zahlungen zu starten und zu stoppen." Dieser "Staatsstreich", so warnt der Yale-Historiker, fände gegenwärtig statt. Und er fügt hinzu: "Und wenn wir ihn nicht als das erkennen, was er ist, könnte er gelingen."

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