US-Präsident Donald Trump will, dass die Vereinigten Staaten die Kontrolle über den Gazastreifen übernehmen und das vom Krieg zerstörte palästinensische Küstengebiet wirtschaftlich entwickeln. "Die USA werden den Gazastreifen übernehmen", sagte Trump nach einem Treffen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu im Weißen Haus in Washington. "Wir werden ihn besitzen." International und unter arabischen Staaten stoßen Trumps Pläne auf Ablehnung.
Man werde sich darum kümmern, "alle gefährlichen, nicht explodierten Bomben und andere Waffen auf dem Gelände zu beseitigen" und es "einebnen", um es dann wieder aufzubauen, führte Trump aus, der einst als Immobilienunternehmer tätig war. Auf diese Weise sollten "eine unbegrenzte Anzahl von Arbeitsplätzen und Wohnraum für die Menschen in diesem Gebiet" geschaffen werden.
"Riviera" des Nahen Ostens: "Völlig durchgeknallt"
Trumps Vorstoß sieht vor, dass die USA den Gazastreifen nach einer Umsiedelung der palästinensischen Bevölkerung wieder aufbauen und das Gebiet in eine "Riviera des Nahen Ostens" verwandeln, wie er es ausdrückte. "Es wird wundervoll sein für die Menschen – die Palästinenser, vor allem die Palästinenser, über die wir hier sprechen."
"Er ist völlig durchgeknallt", sagte der demokratische Senator Chris Murphy aus Connecticut zu Trumps Vorschlag. "Er will eine US-Invasion in den Gazastreifen, die Tausende von Amerikanern das Leben kosten und den Nahen Osten für 20 Jahre in Brand setzen würde? Das ist krank." Sein Senatorenkollege Chris Van Hollen bezeichnete Trumps Ideen als "ethnische Säuberung" und wertete sie als "in vielerlei Hinsicht verabscheuungswürdig". Er warnte, dass der Präsident mit seinen Aussagen die Sicherheit von US-Soldaten und Botschaftspersonal in der Region massiv gefährde.
Unterstützung von Republikanern
Außenminister Marco Rubio unterstützte hingegen Trumps Äußerungen. Die USA stünden bereit, den Gazastreifen "wieder schön zu machen", erklärte er in Anlehnung an Trumps Wahlkampfslogan "Make America Great Again". Das Ziel sei dauerhafter Frieden in der Region für alle Menschen. Auch der Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Mike Johnson, lobte Trumps Pläne. Er sprach im Netzwerk X von einem "mutigen" Vorgehen, in der Hoffnung, einen dauerhaften Frieden im Gazastreifen zu erreichen.
SPD sieht Widerspruch zum Völkerrecht
Kritik an Trumps Plänen kommt auch aus Deutschland. So bezeichnete der außenpolitische Sprecher der SPD, Nils Schmid, die Ideen als "völlig inakzeptabel". "Er steht im krassen Widerspruch zum Völkerrecht und würde zwei Millionen Palästinensern ihre Heimat rauben", sagte der SPD-Politiker. Nur eine Zweistaatenlösung könne die Sicherheit Israels und die Rechte der Palästinenser gewährleisten, frei und in Würde zu leben. Schmid warnte, dass es bei einer Vertreibung der Palästinenser keine Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und arabischen Staaten geben werde. "Trump ist hier als Immobilienkaufmann unterwegs und nicht als ehrlicher Makler für einen gerechten Interessenausgleich zwischen Israelis und Palästinensern", kritisiert Schmid.
Palästinenser sollen dauerhaft umgesiedelt werden
Die rund zwei Millionen Palästinenser, für die der Gazastreifen ihre Heimat ist, sollen nach Trumps Willen künftig in anderen arabischen Staaten der Region leben. Auch dieser Vorstoß ist höchst umstritten. Denn: Die Palästinenser lehnen eine Vertreibung ab.
Konkret äußerte sich inzwischen die PLO (Palästinensische Befreiungsorganisation) zu Trumps Plänen. Sie wird international als Vertretung des palästinensischen Volkes anerkannt und von der Fatah-Partei geführt. Man bekräftige die Position, "dass die Zweistaatenlösung im Einklang mit internationaler Legitimität und dem Völkerrecht die Garantie für Sicherheit, Stabilität und Frieden ist", erklärt der PLO-Generalsekretär Hussein al-Scheich, auf X.
PLO: "Wir werden hier bleiben"
Man weise "alle Aufrufe zur Vertreibung des palästinensischen Volkes aus seinem Heimatland" zurück, schrieb der palästinensische Spitzenfunktionär weiter. "Wir sind hier geboren, wir haben hier gelebt, und wir werden hier bleiben."
Die Autonomiebehörde des gemäßigten Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas will im Gazastreifen wieder die Kontrolle übernehmen. Die islamistische Hamas hatte sie 2007 gewaltsam von dort vertrieben und bezeichnete Trumps Vorschläge wiederum als "Rezept zur Schaffung von Chaos und Spannungen in der Region", hieß es in einer Mitteilung. Die Nachbarländer Jordanien und Ägypten wollen die Palästinenser aus dem Gazastreifen nicht aufnehmen.
Saudi-Arabien bekräftigt Unterstützung für Palästinenser
Saudi-Arabien bekräftigte erneut seine Unterstützung für die Palästinenser. Man wende sich gegen "jegliche Verletzung der legitimen Rechte des palästinensischen Volkes, sei es durch israelische Siedlungspolitik, Annektierung von Land oder Versuche, das palästinensische Volk von seinem Land zu vertreiben", hieß es in einer Stellungnahme des Außenministeriums. Auch China sprach sich gegen eine zwangsweise Umsiedelung der Palästinenser aus.
Finanzielle Interessen hinter Trumps Ideen möglich
Kritiker vermuten ein finanzielles Interesse von Donald Trumps Familie im Gazastreifen. Seinem Schwiegersohn Jared Kushner, der während Trumps Amtszeit als Nahost-Berater fungierte und in der Immobilienbranche tätig ist, werden wirtschaftliche Ambitionen vorgeworfen. So bezeichnete er das Küstengebiet des Gazastreifens im Februar des vergangenen Jahres als "sehr wertvoll".
Mit Informationen von dpa, AP und Reuters.
Zum Audio: Trump will Gazastreifen unter US-Kontrolle bringen
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