24.3.2025: Harter Polizeieinsatz in Istanbul
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24.3.2025: Harter Polizeieinsatz in Istanbul

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Türkei: Machtprobe zwischen Regierung und Demonstranten

Türkei: Machtprobe zwischen Regierung und Demonstranten

Die landesweiten Proteste gegen die Inhaftierung des türkischen Oppositionsführers Ekrem Imamoğlu reißen nicht ab. Die Regierung Erdoğan bezeichnet die Demonstranten als "Straßenterroristen". Die Zahl der Festnahmen liegt inzwischen bei 1.170.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Erneut haben in der Türkei Zehntausende Menschen gegen die Inhaftierung des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoğlu protestiert. Trotz Demonstrationsverbots gingen den sechsten Abend in Folge Menschen in Istanbul, Ankara und anderen Städten des Landes auf die Straße, um die Freilassung des prominentesten Kopfes der türkischen Oppositionspartei CHP zu fordern – und inzwischen auch den Rücktritt von Präsident Recep Tayyip Erdoğan.

Wasserwerfer und weiteres Versammlungsverbot

Die Polizei ging teils massiv gegen die Demonstrierenden vor und löste unter anderem eine Sitzblockade von Studenten auf der Galata-Brücke am Goldenen Horn in Istanbul gewaltsam auf, wie AFP-Reporter berichteten. Auf Fernsehbildern waren zahlreiche Bereitschaftspolizisten und Wasserwerfer zu sehen. Mehr als 120 Polizisten seien verletzt worden; offizielle Zahlen zu verletzten Protestteilnehmern gibt es nicht.

Unterdessen haben die Behörden in Ankara das Versammlungsverbot in der Hauptstadt verlängert. Das bereits geltende Verbot bleibe nun bis zum 1. April in Kraft.

Viele Festnahmen – darunter auch Journalisten

Seit Beginn der bedeutendsten Unruhen seit den Gezi-Protesten 2013 wurden laut Innenministerium 1.170 Menschen festgenommen, darunter mindestens zehn Journalisten und Fotografen. Erdoğan bezeichnete die in der Mehrzahl friedlichen Demonstrationen als "Gewaltbewegung" und "Straßenterroristen".

Für 55 Festgenommene verkündete die Nachrichtenagentur Anadolu inzwischen den Grund des Freiheitsentzugs: "Beleidigung von Präsident Erdoğan und seiner Familie". Justizminister Ali Yerlikaya führte auf X auch die verstorbene Mutter Erdoğans als Beleidigungsopfer an.

CHP-Chef besucht Imamoğlu im Gefängnis

CHP-Chef Özgür Özel würdigte den Einsatz der Demonstranten in einer Rede am Montagabend laut Berichten als "Akt des Trotzes gegen den Faschismus". Er erklärte, die Partei werde ein Mitglied des Stadtrats ernennen, das als Bürgermeister an Imamoğlus Stelle amtieren soll. So will die CHP verhindern, dass die Regierung einen vorläufigen Bürgermeister ernennt.

Zugleich kündigte Özel an, Imamoğlu im Gefängnis von Silivri westlich von Istanbul zu besuchen. Das hat er inzwischen getan: in einem Fahrzeugkonvoi war Özel am Dienstagmorgen am Gefängnis eingetroffen.

Kurden in Deutschland fordern Ende von "Appeasement-Politik"

Der Bundesvorsitzende der Kurdischen Gemeinde in Deutschland, Ali Ertan Toprak, hat unterdessen ein Ende der "Appeasement-Politik" gegenüber dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan gefordert. "Das ist Erdoğans letztes Gefecht", sagte Toprak dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Wenn er gewinnt, wird es in der Türkei zu einer Diktatur kommen."

Wenn Imamoğlu und der ebenfalls inhaftierte Co-Vorsitzende der pro-kurdischen Partei DEM, Selahattin Demirtas, nicht freigelassen würden, dürfe es "keine weitere finanzielle und politische Unterstützung der Türkei mehr geben".   

Erdoğans populärster Gegner

Imamoğlu gilt als Erdogans aussichtsreichster politischer Herausforderer bei der für 2028 angesetzten Wahl und wurde von der größten Oppositionspartei als Kandidat aufgestellt. Er war am Mittwoch zusammen mit etlichen seiner Mitarbeiter unter Korruptions- und Terrorvorwürfen festgenommen und am Sonntag als Bürgermeister der Millionenmetropole Istanbul abgesetzt worden. Imamoğlu selbst bestreitet alle Vorwürfe und wirft der Regierung vor, ihn mit den Ermittlungen politisch kaltstellen zu wollen. 

Video: Die Türkei kämpft um die Demokratie

Nach Imamoglu-Absetzung: Erneut große Proteste in der Türkei
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Nach Imamoglu-Absetzung: Erneut große Proteste in der Türkei

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