Archivbild: Joe Biden (l.) mit Olaf Scholz
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"Mein Freund Joe": So reagiert Deutschland auf Biden-Rückzug

Bundeskanzler Scholz dankt seinem "Freund", Außenministerin Baerbock lobt die wohl bisher intensivste transatlantische Zusammenarbeit. Nach dem Rückzug Bidens sollen Europa und Deutschland "stärker" werden. Reaktionen aus Berlin und Bayern.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Drei Mal war Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bisher bei Joe Biden im Weißen Haus zu Besuch. Das letzte Mal im Februar, vor knisterndem Kamin. Die Bilder lassen keine Zweifel: Scholz und Biden können offensichtlich sehr gut miteinander. Die zwei strahlen Verbundenheit aus. Deutschland und die USA, Seite an Seite.

Fast zwei Stunden dauert dann auch das Vier-Augen-Gespräch – viel Zeit, die sich der amerikanische Präsident nicht für jeden nimmt. Gefragt nach den deutsch-amerikanischen Beziehungen antwortet Scholz hinterher: "So eng, so einvernehmlich, so intensiv wie seit Jahrzehnten nicht mehr."

Scholz: Biden "guter Freund Deutschlands"

Nach dem Verzicht Bidens auf eine erneute Kandidatur bei der US-Präsidentschaftswahl dankt Scholz auf der Plattform X schließlich auch seinem "Freund Joe Biden". Dieser habe viel erreicht für die USA, für Europa, für die Welt. Bei einem Besuch einer Gebirgsjäger-Einheit der Bundeswehr im oberbayerischen Schneizlreuth schiebt Scholz hinterher: "Biden ist ein guter Freund Deutschlands und Europas. Auch ich selber habe mich mit ihm sehr gut verstanden und tue das unverändert."

Die transatlantische Zusammenarbeit habe durch Biden einen "großen Fortschritt" gemacht. Das sei wichtig für die gemeinsame Sicherheit gewesen, weil der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine alle herausgefordert habe und sich die Verbündeten hätten neu organisieren müssen.

Auf enge transatlantische Beziehungen setzt Scholz auch nach der Amtszeit Bidens. Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann sagt derweil in Berlin, die Bundesregierung bereite sich in Hinblick auf die US-Wahl auf alle denkbaren Möglichkeiten vor.

Scholz über Harris: "Erfahrene und kompetente Politikerin"

US-Vizepräsidentin Kamala Harris würde gerne die erste Präsidentin der USA werden. Der erste Schritt wäre, dass sie die US-Demokraten auf ihrem Parteitag im August offiziell als Kandidatin nominieren.

Laut stellvertretender Regierungssprecherin Hoffmann haben sich Scholz und Harris ebenfalls bereits mehrfach getroffen, unter anderem auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Dort hatte sich Harris zuletzt deutlich zur NATO und zur internationalen Zusammenarbeit bekannt – in Abgrenzung zu Donald Trump, der für die Republikaner ins Rennen ums Weiße Haus geht. Scholz habe Harris als "erfahrene und kompetente Politikerin" erlebt.

Jürgen Hardt, außenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, sagt im Morgenmagazin von ARD und ZDF, Biden könnte Kamala Harris durch einen Amtsverzicht den nötigen "Rückenwind verpassen" und sie – nach erfolgreicher Nominierung – schon Mitte August zur Präsidentin machen.

Transatlantik-Koordinator Link: "Tiefe Zäsur"

Den Rückzug Bidens als Kandidat bezeichnet der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Michael Link (FDP), als "tiefe Zäsur" für Deutschland und Europa.

"Es gab wahrscheinlich noch nie einen US-Präsidenten, der aus eigener Verbundenheit heraus die EU-Institutionen und den 'alten' Kontinent insgesamt so ernst genommen hat", sagt Link dem "Tagesspiegel".

Baerbock: Europa muss mehr in eigene Sicherheit investieren

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) betont am Rande des EU-Außenministertreffens in Brüssel, unter Biden sei die transatlantische Zusammenarbeit "vielleicht so intensiv gewesen wie nie zuvor". Die Nato sei stärker denn je.

Unabhängig von der US-Wahl fordert Baerbock, mehr in die eigene Sicherheit zu investieren. "Europa muss stärker werden, gerade im Bereich der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik".

USA als Sicherheitsgarant – Europa darf sich nicht zurücklehnen

Für Thomas Silberhorn (CSU), Sprecher für transatlantische Beziehungen der Unionsfraktion im Bundestag, sind die Amerikaner "unsere wichtigsten Verbündeten". Nicht nur, weil sie laut Silberhorn eine "Sicherheitsgarantie für Europa" geben, sondern auch als Handelspartner.

Allerdings stellten Demokraten wie auch Republikaner in der Vergangenheit zunehmend eigene Interessen nach vorne. Was künftig nicht mehr funktionieren werde, "dass wir Europäer uns zurücklehnen und erwarten, dass die Amerikaner unseren Job machen", sagt Silberhorn im Gespräch mit BR24.

Söder: Bundeswehr und Wirtschaft stärken

Für mehr Eigenverantwortung spricht sich auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) aus. Er befürchtet, die Distanz von den USA zu Europa und Deutschland werde auf Dauer größer.

Söder fordert deswegen die Stärkung der Bundeswehr. "Es ist ein fundamentaler Fehler, gerade in der jetzigen Situation, die Bundeswehr zu schwächen, indem man einen Haushalt macht, in dem die Bundeswehr eher zurückfällt, statt nach vorne kommt", sagt der CSU-Chef nach einer Vorstandssitzung seiner Partei in München.

CSU-Chef: Deutschland darf nicht "blauäugig" sein

Auch wirtschaftlich müsse sich Deutschland "enorm stärken". Die USA könnten deutsche Kernindustrien wie Automobil, Chemie und Maschinenbau mit Zöllen massiv treffen. Man dürfe nicht "blauäugig" auf ein für Deutschland besseres Ergebnis der US-Wahl hoffen. "Wir müssen im Gespräch bleiben, egal wie schwierig einem der Partner scheint."

Mehr zum Verhältnis zwischen Deutschland und den USA auf Tagesschau.de

Mit Informationen von Reuters und AFP

Im Video: Bidens Rückzug – So reagieren Amerikaner in München

So reagieren die Amerikaner in München auf Bidens Rückzug aus der US-Präsidentschaftswahl
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So reagieren die Amerikaner in München auf Bidens Rückzug aus der US-Präsidentschaftswahl

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