Die Rolle des Vaters verändert sich in der Gesellschaft – und mit ihr die Wünsche und Vorstellungen der Männer, wie sie ihre Vaterrolle ausüben wollen. Immer weniger Menschen finden, dass der Vater heute die Rolle des Familienoberhaupts einnehmen muss, zudem wünschen sich Väter stärker als früher eine partnerschaftliche Aufgabenteilung in der Familie. Sie sind der Meinung, dass kleine Kinder genauso gut vom Vater betreut werden können wie von der Mutter. So lauten die Kernergebnisse einer aktuellen Studie des Bundesfamilienministeriums: "Das Modell des alleinigen Familienernährers schwebt immer weniger Vätern als Ideal vor. Ein schöner Befund: Familie spielt für Väter eine wichtige Rolle", so Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne).
Wunsch und Wirklichkeit: Verharren in traditionellen Vaterrollen
Doch auch wenn die Mehrheit der befragten Väter (63 Prozent) gleiche berufliche Chancen für beide Elternteile befürwortet, jeder zweite Vater sogar die Hälfte der Kinderbetreuung übernehmen möchte, hapert es bei der Umsetzung – Wunsch und Wirklichkeit klaffen auseinander: Laut Studie verharrt mehr als die Hälfte der Väter in traditionellen Vorstellungen der Mutter- und Vaterrolle. 86 Prozent der erwerbstätigen Väter sind in Vollzeit tätig und die Hauptlast von Kinderbetreuung und Haushalt tragen noch immer die Mütter. Für die Bundesfamilienministerin ist bei der tatsächlichen Entlastung der Mütter bei der Familienarbeit noch "Luft nach oben".
Für viele Familien ist dabei die entscheidende Frage: Kann man sich leisten, ob der Vater zuhause bleibt und die Kinderbetreuung übernimmt? Das hänge einerseits davon ab, ob der Vater der Alleinverdiener ist. Auch die Frage nach Kinderbetreuungsmöglichkeiten spielt eine bedeutende Rolle.
Immer mehr Väter beziehen Elterngeld
Wie es in der Studie aber heißt, sind Väter stärker in die Familie involviert, wenn sie Elternzeit nehmen und dabei Elterngeld beziehen und sich so Zeit für ihre Kinder nehmen können. Seit Einführung des Elterngelds im Jahr 2007 ist die Zahl der männlichen Bezieher kontinuierlich gestiegen und liegt mittlerweile bei rund 44 Prozent.
Jedoch gehen die meisten Väter nur für die Dauer von zwei Monaten in Elternzeit. Aufgeteilt nach Bundesländern variiert die Bezugsdauer bei Vätern von im Jahr 2020 geborenen Kindern: So nahmen in Bayern Väter im Durchschnitt 2,9 Monate Elternzeit, in Berlin hingegen sind es 4,5 Monate. Als Grund verweist die Studie auf einen Zusammenhang: Väter, die kein Einkommen haben, beziehen länger Elterngeld.
"Familienstartzeit": Es hakt an Abstimmung zwischen Familien- und Finanzministerium
Für Bundesfamilienministerin Lisa Paus von den Grünen hat die Politik mit Elterngeld und Elternzeit entscheidende Weichen gestellt, die beide Eltern gleichermaßen nutzen können. Sie verweist zudem auf die von ihr geplante "Familienstartzeit". Ein Gesetzesvorhaben, wodurch sich Väter künftig die ersten zehn Arbeitstage nach der Geburt ihres Kindes bei vollem Lohnausgleich freistellen lassen können. Auf Anfrage heißt es von einem Familienministeriumssprecher jedoch, dass der Entwurf hierzu immer noch in der Ressortabstimmung sei, seit Frühjahr. Es gehe um "Detailfragen" vor allem mit dem FDP-geführten Bundesfinanzministerium. Dieses hat eine BR24-Anfrage unbeantwortet lassen.
Im Koalitionsvertrag hatten sich SPD, Grüne und FDP darauf geeinigt, die "gemeinschaftliche elterliche Verantwortung" zu stärken. Sozial- und Frauenverbände machen Druck – denn eigentlich sollte die Familienstartzeit im Januar 2024 eingeführt werden.
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