EU-Kommissionpräsidentin Ursula von der Leyen hat in ihrer Rede zur Lage der Europäischen Union weitere Maßnahmen gegen die Energiekrise angekündigt. Dazu zählte sie auch die Verpflichtung der EU-Länder, sogenannte Übergewinne von Stromproduzenten abzuschöpfen. Damit würden 140 Milliarden Euro eingenommen werden können, die dann an Haushalte und Firmen als Hilfe umverteilt werden sollen, erklärte von der Leyen vor dem EU-Parlament in Straßburg.
"Vorteile aus Kriegssituation" sollten geteilt werden
Es sei derzeit für Millionen von Haushalten und Unternehmen schwer geworden, finanziell zurecht zu kommen, so die Kommissionpräsidentin. Gleichzeitig würden Stromproduzenten Gewinne erzielen, die sie sich nie hätten erträumen können. Prinzipiell seien Gewinne zwar in Ordnung, aber "ein Vorteil aus der Kriegssituation müsste in dieser Situation geteilt werden". Die übermäßigen Gewinne sollten denen zugute kommen, die das jetzt brauchen.
- Zum Artikel: "Hoher Strompreis an der Börse - Fatale Folgen für Verbraucher?"
Aber auch Gas- und Ölkonzerne sollten von der Leyen zufolge ihren Beitrag leisten über eine Krisenabgabe. Laut dem Entwurf sollen sie auf Profite des laufenden Jahres, die 20 Prozent über dem Durchschnitt der vergangenen drei Jahre lagen, eine Solidaritätsabgabe von 33 Prozent zahlen.
Gaspreise vom Strompreis entkoppeln
Von der Leyen will zudem die Energiepreise deckeln. Das sogenannte "Merit-Order-Prinzip" passe nicht zur derzeitigen Situation und für die Verbraucher. Nach diesem bestimmt das teuerste Kraftwerk, das noch benötigt wird, um den Bedarf zu decken, den Strompreis für alle anderen Marktteilnehmer. Durch den gestiegenen Gaspreis sind dies derzeit Gaskraftwerke. Es müsse daher eine Entkopplung der starken Gaspreise von den Strompreisen geben, betonte sie.
Gaslieferungen: Weg von Russland, engere Zusammenarbeit mit Norwegen
Auch die Versorgungssicherheit sei wichtiger geworden. "Wir wollen weg von unzuverlässigen Lieferanten wie Russland", sagte von der Leyen. Man wolle sich bei Gaslieferungen in Zukunft mehr an Länder wie Norwegen wenden. Dazu habe sie schon mit Norwegens Ministerpräsident Jonas Støre gesprochen, um eine gemeinsam Taskforce einzurichten, wie man vernünftig den Gaspreis regeln könnte.
Von der Leyen will heute nach Kiew reisen
"Die Zeiten, die vor uns liegen, werden nicht einfach sein", sagte von der Leyen. Sie zeigte sich beeindruckt vom Mut und der Tapferkeit der Ukrainer. Dies würde sich auszahlen, sagte sie auch im Hinblick auf die Gebietsgewinne der Ukraine in den vergangenen Tagen. Die Ukraine würde der EU Hoffnung geben, bedankte sich von der Leyen auch der bei ihrer Rede anwesenden Ehefrau des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, Olena Selenska. Von der Leyen wolle zudem noch am Mittwoch nach Kiew reisen, um sich mit Selensky zu treffen. Die Kommission wolle der Ukraine den nahtlosen Zugang zum europäischen Binnenmarkt eröffnen.
- Zur Übersicht: "Aktuelle Nachrichten zum Russland-Ukraine-Krieg im News-Ticker"
Europäische Perspektiven
BR24 wählt regelmäßig Inhalte von unseren europäischen öffentlich-rechtlichen Medienpartnern aus und präsentiert diese hier im Rahmen eines Pilotprojekts der Europäischen Rundfunkunion.
- Zum Artikel: "EBU-Projekt Europäische Perspektiven"
"Sanktionen werden bleiben"
Eine Ende der Sanktionen gegen Russland werde es nicht geben, betonte von der Leyen. "Das ist der Preis für Russlands und Putins Spur des Todes und der Vernichtung." Die Strafmaßnahmen der EU gegen Russland seien die schärfsten Sanktionen, die die Welt je gesehen habe. Europa wolle "Putin mit Mut und Solidarität zum Scheitern bringen".
100 Millionen für Wiederaufbau von Schulen in Ukraine
Gleichzeitig werde die EU die Ukraine weiter unterstützen. Bisher seien schon 19 Milliarden Euro an finanziellen Hilfen geflossen, so von der Leyen, da seien die militärische Hilfe noch nicht mit eingerechnet. Zusätzlich soll die Ukraine nun 100 Millionen Euro zum Wiederaufbau von zerstörten Schulen im Land von der Europäischen Union erhalten. "Denn die Zukunft der Ukraine beginnt in ihren Schulen." Die Angriffe Russlands haben ihren Angaben nach mehr als 70 Schulen in der Ukraine zerstört. Der Wiederaufbau des Landes werde massive Ressourcen benötigen.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!