Vor dem Impfgipfel von Bund und Ländern am Montag mehren sich Forderungen nach Lockerungen der Corona-Auflagen für Geimpfte und Genesene. Laut Robert Koch-Institut sind Geimpfte und Genesene weniger infektiös als negativ getestete Personen. Es sei also "rechtlich geboten, dass Geimpfte dieselben Rechte haben wie Getestete", sagte CDU-Chef Armin Laschet der "Süddeutschen Zeitung".
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erklärte, die Bund-Länder-Runde am Montag solle über einen "zeitlich gut gestaffelten" Plan reden, wie und wann Geimpfte wieder Rechte erhalten sollten. "Wer geimpft ist, der muss mehr Freiheit haben", fügte er im ARD-Interview hinzu. Man brauche einen Anreiz, sich impfen zu lassen.
Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, betonte in den Zeitungen der Funke Mediengruppe: "Wir brauchen jetzt eine klare Vorgabe, dass Personen, die beide Impfungen erhalten haben, aber auch Bürgerinnen und Bürger, die eine Corona-Erkrankung durchgemacht haben und nachweisbar nicht ansteckend sind, von bestimmten Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes ausgenommen werden."
Alena Buyx: Pläne ethisch unproblematisch
Auch ein am Wochenende fertiggestelltes Eckpunktepapier der Bundesregierung, das für den Gipfel am Montag bestimmt ist, wies in diese Richtung. Demnach könnten für vollständig gegen Covid-19 Geimpfte und für Genesene bei dem Zugang zu Ladengeschäften und bestimmten Dienstleistungen dieselben Ausnahmen eingeräumt werden, die für negativ Getestete gelten. Bei der Einreise würde in den meisten Fällen die Quarantäne wegfallen.
Die Ethikrat-Vorsitzende Alena Buyx zeigt sich mit den Plänen einverstanden. Eine künftige Gleichstellung von Geimpften, Getesteten und gegebenenfalls Genesenden sehe sie als ethisch unproblematisch an, sagte sie im Gespräch mit dem BR. Sie betonte: "Je sicherer es ist, dass Geimpfte nicht mehr infektiös sind, desto eher ist es geboten, dass auch harte individuelle Freiheitseinschränkungen wie die Quarantäne" für sie aufgehoben werden. Maßnahmen wie Maske und Abstand dagegen seien nicht so "eingriffstief", so Buyx und könnten allen länger zugemutet werden.
Auch FDP und Grüne für Lockerungen
FDP-Chef Christian Lindner erklärte: "Inzwischen ist klar, dass von Geimpften nach der Zweitimpfung und einer Wartezeit keine Gefahr ausgeht. Damit entfällt jegliche rechtliche Grundlage, die Menschen bei der Verwirklichung ihrer Grundrechte einzuschränken", sagte Lindner der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Auch die Grünen-Rechtsexpertin Katja Keul forderte im "Handelsblatt" die Aufhebung bestimmter Einschränkungen. Sie seien nicht mehr zu rechtfertigen.
Debatte um Impf-Priorisierung
Beim Impfgipfel wird es auch um die Impfpriorisierung gehen. CDU-Chef Laschet mahnte angesichts steigender Impfstoffmengen, in den nächsten Wochen "das Impfsystem für alle zu öffnen" und "spätestens im Juni die Priorisierungen" bestimmter Gruppen bei der Impfung aufzuheben. Den Juni nennt auch das Bundesgesundheitsministerium als möglichen Zeitraum. CSU-Chef Markus Söder hält schon den Mai für möglich. "Nach dem Abarbeiten von bereits vereinbarten Impfterminen sollten alle Impfstoffe für jeden komplett freigegeben werden. Das sollte am besten noch im Mai erfolgen", sagte Söder der "Bild am Sonntag".
Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums beteiligen sich inzwischen mehr als 65.000 Ärzte an der Impfkampagne. In der 17. Kalenderwoche (ab 26. April) sollen demnach in den Arztpraxen erstmals mehr als zwei Millionen Dosen verabreicht werden, in der Woche darauf mehr als drei Millionen Dosen. Im zweiten Quartal dieses Jahres sind laut Ministerium von den verschiedenen Herstellern insgesamt 80 Millionen Impfdosen zugesagt worden.
Inzidenz bundesweit bei 165,5
Der Impfgipfel beginnt um 15 Uhr, danach ist eine Pressekonferenz mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) geplant. Die Entscheidungskompetenz bei möglichen Erleichterungen liegt beim Bund. Jedoch ist im Infektionsschutzgesetz festgelegt, dass Bundestag und Bundesrat solchen Änderungen zustimmen müssen.
Rund 23 Prozent der Deutschen haben nach Angaben des Robert Koch-Instituts eine erste Impfung gegen das Coronavirus erhalten, vollständig geimpft sind rund sieben Prozent. Die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner lag laut RKI am Sonntagmorgen bundesweit bei 165,6.
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