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Vor der Auflösung: Wie geht's mit der Linksfraktion weiter?

Seit dem Parteiaustritt von Sahra Wagenknecht und neun anderen Abgeordneten ist klar, dass die Linksfraktion im Bundestag vor dem Aus steht. An diesem Dienstag soll das Ende besiegelt werden – ein historischer Schritt.

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Wenn die Linksfraktion im Bundestag an diesem Dienstag wie geplant ihr eigenes Ende beschließt, wird sie Parlamentsgeschichte schreiben. Wenn auch anders, als sich das die Parteistrategen nach der zurückliegenden Bundestagswahl vorgestellt haben dürften. Seit Jahrzehnten hat sich keine Fraktion mehr in der laufenden Wahlperiode aufgelöst. Ein Beispiel war die "Deutsche Partei", die Anfang der 60er Jahre eine Reihe von Abgeordneten an die Unionsfraktion verlor. Doch im Hinblick auf Finanzen oder Mitarbeiterzahl waren diese Fälle nicht mit den heutigen Fraktionen vergleichbar. Umso größer die Herausforderung, vor der die Linke im Bundestag jetzt steht.

Warum löst sich die Fraktion auf?

Politisch ist die Fraktion schon erledigt – das leugnet auch in den Reihen der Linken niemand. Es geht also an diesem Dienstag darum, das Ende auch formal zu beschließen. Höchste Zeit, finden manche in der Fraktion. Denn seit dem Parteiaustritt von Sahra Wagenknecht und neun anderen Abgeordneten im Oktober steht fest: Das endgültige Aus für die Fraktion ist nur noch eine Frage der Zeit. Schließlich wollen Wagenknecht und ihre Mitstreiter Anfang nächsten Jahres eine eigene Partei gründen. Spätestens dann wäre der Fraktionsstatus sowieso verloren.

Der Grund: Ein- und derselben Fraktion dürfen nur Vertreter von Parteien angehören, die sich nicht gegenseitig Konkurrenz machen. Das geht aus der Geschäftsordnung des Bundestags hervor. Zudem muss eine Fraktion auf mindestens fünf Prozent aller Abgeordneten kommen. Das sind bei der jetzigen Größe des Bundestags 37 Mandatsträger. Ohne Wagenknecht und ihre Unterstützer bleiben aber nur 28 Abgeordnete der Linken übrig: zu wenige, um den Fraktionsstatus zu retten.

Welche Folgen hat die Auflösung?

Ganz konkret: Die Geschäftsstelle der Fraktion wird aufgelöst. Räume und Computer gehen zurück an den Bundestag. Besonders trifft es die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fraktion: Im Zuge der Auflösung wird ihr Arbeitsverhältnis beendet. Bisher beschäftigt die Linke im Bundestag mehr als 100 Menschen. Politisch bedeutet das Aus für die Fraktion weniger Geld und weniger Einfluss im Parlament. Im vergangenen Jahr bekam die Linke im Bundestag rund 11,5 Millionen Euro an staatlichen Zuwendungen. Das meiste davon gab die Fraktion fürs Personal aus.

Wie geht es jetzt mit der Linken im Bundestag weiter?

Hat sich die Fraktion aufgelöst, bleiben zunächst einzelne Abgeordnete übrig. Trotzdem gibt es für die Linke eine Möglichkeit, weiter unter der Bundestagskuppel mitzumischen: nämlich durch Bildung einer Gruppe. In Berlin geht man davon aus, dass das sowohl die Abgeordneten der Linken als auch die Leute um Wagenknecht versuchen werden. Eine Gruppe kann allerdings nur gebildet werden, wenn der Bundestag zustimmt. Das Parlament hat bereits Erfahrung mit Gruppen. Nach der Wende hatte zum Beispiel die PDS zeitweise diesen Status, die Vorgängerpartei der Linken.

Welche Einflussmöglichkeiten hat eine Gruppe?

Das hängt davon ab, was die künftige Gruppe mit den Fraktionen der anderen Parteien vereinbart. In der Vergangenheit hatten Gruppen ähnliche Rechte wie Fraktionen, wenn auch etwas abgespeckt: Sie konnten zum Beispiel Gesetzentwürfe einbringen und bekamen entsprechend ihrer Größe Redezeit in den Bundestagsdebatten. Bisher konnten Gruppen jedoch keine namentlichen Abstimmungen verlangen – ein bei der Opposition beliebtes Mittel, um das Regierungslager zu piesacken. Geld und Ressourcen gibt es zwar üblicherweise auch für Gruppen, aber deutlich weniger als für Fraktionen.

Wie wirkt sich die Auflösung auf den Parlamentsbetrieb aus?

Die Sacharbeit findet vor allem in den Ausschüssen statt, nicht bei den Plenarsitzungen des Bundestags. In der Vergangenheit waren auch Gruppen in den Ausschüssen vertreten. Sollten nun aus der Fraktion der Linken anerkannte Gruppen hervorgehen, dürften wohl auch diese Abgeordnete in Ausschüsse schicken. Das Problem: Normalerweise wird am Anfang einer Wahlperiode entschieden, wer wie viele Leute in die Fachgremien schickt. Die Fraktion der Linken zerfällt aber in der laufenden Wahlperiode. Also wäre die Frage zu klären, ob und wie die Sitze in den Ausschüssen neu verteilt werden.

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