Liane Bednarz ist Juristin und Publizistin. Sie recherchiert vor allem dazu, welchen Einfluss rechte Christen auf unsere Gesellschaft haben. Sich selbst bezeichnet sie als konservativ und christlich. Bei ihrer Arbeit beobachtet Liane Bednarz immer wieder, dass rechte oder rechtsextreme Akteure das Abtreibungsthema besetzen und mit rassistischen Argumenten verknüpfen.
AfD und Geburtenraten
Ein Beispiel ist für sie das Grundsatzprogramm der AfD von 2016. Darin fordert die AfD zum Beispiel "Mehr Kinder statt Masseneinwanderung" und vergleicht die Geburtenraten von Migrantinnen und deutschstämmigen Frauen. "Da sind wir mittendrin im völkischen Denken", sagt Liane Bednarz. Der Lebensschutz habe in konservativen Kreisen große Bedeutung, so ihre Analyse. Die CDU habe das Thema aber vernachlässigt: "Deshalb lassen sich die Leute von der AfD einfangen. Ohne zu realisieren, dass die AfD das Thema gerade nicht christlich angeht. Denn aus christlicher Sicht ist jedes werdende Leben, egal welcher Hautfarbe, gleich wertvoll."
Verstärkt eine neue Diskussion um §218 die Spaltung der Gesellschaft?
Gerade weil sie die Emotionalität mitbekommt, mit der konservative Kreise das Thema Schwangerschaftsabbruch diskutieren, warnt Liane Bednarz davor, die bisherige Gesetzeslage beim Thema Schwangerschaftsabbruch neu zu diskutieren oder §218 gar reformieren zu wollen. Neue Diskussionen um das Thema Abtreibung, wie sie Deutschland zum Beispiel in den 70er oder 90er Jahren erlebt hat, so ihre Befürchtung, würden zu einer weiteren Spaltung der Gesellschaft führen, von der vor allem populistische und rechte Parteien profitieren könnten.
Kommission empfiehlt, Schwangerschaftsabbrüche neu zu regeln
Ganz anders sieht das die Strafrechtlerin Liane Wörner. Sie hat im Auftrag der Ampelregierung eine Kommission geleitet, die Anfang des Jahres zu dem Schluss kam, dass das Abtreibungsrecht liberalisiert werden sollte. Etwa, indem Abbrüche in den ersten drei Monaten erlaubt werden.
- Mit dem Streit um Abtreibung und den Argumenten für und gegen eine Reform von §218 beschäftigt sich auch der Audio-Podcast "Die Entscheidung. Der ewige Streit um Abtreibung".
Juristin: Bisherige Regelung stigmatisiert Frauen
Bis heute sind Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland verboten. Ein Abbruch bleibt innerhalb der ersten drei Monate aber straffrei, wenn die Frauen eine Pflichtberatung besuchen und zwischen Beratung und Eingriff eine Bedenkzeit einhalten.
Grundsätzlich empfiehlt die Kommission, Schwangerschaftsabbrüche nicht länger im Strafgesetzbuch – und damit auf einer Ebene mit Mord und Totschlag – zu regeln. Die aktuellen Regelungen, so argumentiert die Juristin Liane Wörner, schützen das ungeborene Leben nicht, kriminalisieren und stigmatisieren aber Frauen.
"Büchse der Pandora war nie geschlossen"
Dass man das aktuelle Abtreibungsrecht besser nicht anfasst, um einen die Gesellschaft befriedenden Kompromiss nicht zu gefährden, sieht Liane Wörner anders: "Teilweise wird uns vorgeworfen, dass wir dadurch die Büchse der Pandora wieder öffnen. Aber diese Büchse war nie geschlossen." Das zeige die dauernde Diskussion darüber, ob Ärzte auf ihren Homepages schreiben dürfen, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Und das sehe man auch daran, dass radikale Lebensschützer vor Arztpraxen demonstrieren. Das Thema sei also sowieso ständig in der Diskussion, nicht erst seit dem Kommissionsbericht mit seinen Empfehlungen.
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