Die EU will bis zum Ende des Jahrzehnts massiv aufrüsten. Die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten entschieden bei ihrem Frühjahrsgipfel, alles daranzusetzen, um Europas Verteidigungsbereitschaft in den nächsten fünf Jahren entscheidend zu stärken, , wie aus einer am Abend veröffentlichten Erklärung hervorgeht. Dafür sollen unter anderem die Arbeiten an den jüngsten Vorschlägen der EU-Kommission zügig vorgetrieben werden.
Kommission: Verteidigungsausgaben von Schuldenregeln ausnehmen
Die Behörde unter der Führung von Präsidentin Ursula von der Leyen (CDU) will für Aufrüstungsprojekte unter anderem EU-Kredite in Höhe von 150 Milliarden Euro vergeben und Verteidigungsausgaben von den strengen EU-Schuldenregeln ausnehmen. So sollen dem Plan zufolge allein in den kommenden vier Jahren insgesamt 800 Milliarden Euro mobilisiert werden. Zudem ist unter anderem vorgesehen, Auflagen und Vorschriften für die Rüstungsindustrie zu lockern. Die Pläne sollen es auch ermöglichen, die von Russland angegriffene Ukraine künftig noch stärker militärisch zu unterstützen.
EVP-Chef Weber: Wiederbewaffnung Europas alternativlos
Der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber (CSU), sieht eine Wiederbewaffnung Europas als alternativlos. In den vergangenen Jahrzehnten habe Europa zu wenig an seine Verteidigung gedacht und sich zu sehr "an der amerikanischen Brust ausgeruht", sagte Weber BR24. Jetzt gelte es, Frieden zu sichern und Europa so stark zu machen, dass niemand auf die Idee komme, Europa anzugreifen. Das wirtschaftlich starke Europa mit seinen 450 Millionen Einwohnern sei in der Lage, in der Welt eine Rolle zu spielen. "Aber nur, wenn wir jetzt endlich handeln."
Trump und Putin sorgen für Unsicherheit
Hintergrund der Planungen ist, dass sich die EU nach Einschätzung der Europäischen Kommission umgehend auf die Möglichkeit eines großangelegten Krieges mit Russland vorbereiten muss. "Die Geschichte wird uns Untätigkeit nicht verzeihen", warnte die Kommission in einem kurz vor dem Gipfel vorgelegten Strategiepapier zur Zukunft der europäischen Verteidigung. Als besonders gefährlich gilt die Situation, nachdem US-Präsident Donald Trump angekündigt hat, dass die atomare Supermacht USA künftig nicht mehr bedingungslos als Garant für Frieden in Europa zur Verfügung zur stehen wird. Die Gipfelerklärung macht allerdings deutlich, dass die EU dennoch auf ein Überleben der Nato setzt.
Kein gemeinsamer EU-Text wegen Ungarn
Der scheidende deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verwies in Brüssel darauf, dass in der Bundesrepublik bereits ein riesiges neues Finanzpaket für Aufrüstung geplant wird. Es sei ein gutes Zeichen, dass der Bundestag in Berlin dafür in dieser Woche eine sehr umfassende Verfassungsänderung beschlossen habe, sagte er. Diese werde die Finanzierung für die Verteidigung Deutschlands, die Zusammenarbeit in Europa und weitere Ukraine-Hilfen sicherstellen.
Überschattet wurde der Gipfel von der Ankündigung Ungarns, keinerlei neue EU-Entscheidungen zugunsten der Ukraine zu akzeptieren. Wie schon beim Sondergipfel am 6. März konnte deswegen kein gemeinsamer EU-Text dazu angenommen werden. Die ungarische Regierung begründet ihre Haltung damit, dass sie den Kurs des neuen US-Präsidenten Donald Trump unterstütze.
Mit Material der dpa
Im Video: So soll sich Europa ab 2030 verteidigen
Im Video: So soll sich Europa ab 2030 verteidigen
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!