Symbolbild: Blutspenderin Madita
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Wer darf bluten und wer nicht? Das ändert sich für Blutspender

Menschen über 60 und homo- oder bisexuellen Männern war es bislang in Deutschland oft verwehrt, Blut zu spenden. Politik und Bundesärztekammer haben das Regelwerk nun geändert. Was Spender und Empfänger jetzt wissen müssen.

Künftig dürfen Menschen nicht mehr wegen ihres Alters oder ihrer sexuellen Orientierung vom Blutspenden ausgeschlossen werden. Das sieht eine Erneuerung der Blutspende-Richtlinie der Bundesärztekammer vor, die Vorgaben von Bundestag und Gesundheitsministerium umsetzt. Die Orientierung und die Geschlechtsidentität spielen nun keine Rolle mehr bei der Risikobewertung, wie die Organisation mitteilte – wohl aber die Sexualpraxis.

Risikoanalyse ersetzt Ausschlussverfahren

"Jetzt wird das individuelle Risiko erhoben, indem nach der Anzahl der Partner und nach der Sexualpraxis gefragt wird", sagt Johannes Oldenburg, Arzt und Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer. Ziel der Risikoanalyse ist es, die Übertragung einer Infektion auf den Empfänger einer Blutspende möglichst zu verhindern. Auch heterosexuelle Menschen werden künftig konkret nach ihrer Sexualpraxis befragt. Spezielle Ausschlusskriterien für Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), und für Transmenschen fallen weg.

Auch Senioren können künftig spenden

Wegfallen soll bei entsprechender physischer Konstitution zudem die bisherige Altersgrenze von 60 Jahren. "Die Qualität des Blutes wird durch das Alter nicht beeinträchtigt", sagt Oldenburg. Die bisherige Regelung sei zum Schutz von Spendern eingerichtet worden, weil ältere Menschen zum Teil Kreislaufprobleme oder Bluthochdruck hätten.

Wer künftig als ungeeignet gilt

Nicht als Blutspender geeignet ist den neuen Regeln zufolge, wer "innerhalb der letzten vier Monate ein Sexualverhalten aufgewiesen hat, das ein deutlich erhöhtes Übertragungsrisiko für durch Blut übertragbare schwere Infektionskrankheiten birgt". Dazu gehören Sex mit mehr als zwei Personen innerhalb von vier Monaten, bestimmte Sexpraktiken und Prostitution.

Neuregelung folgt dem wissenschaftlichen Forschungsstand

Die Änderungen seien im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut sowie unter Beteiligung des Bundesgesundheitsministeriums und des Robert Koch-Instituts erfolgt, so der Sprecher. In Kraft ist die neue Regelung am Montag; ab wann genau sie in der Praxis angewendet wird, hängt einem Sprecher zufolge davon ab, wie schnell die Blutspendedienste auf einen neuen Fragebogen umstellen.

Viele Empfänger, zu wenig Spender: Mehr Blut tut not

Nach Angaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung werden täglich 15.000 Blutspenden benötigt – für Operationen, zur Versorgung von Unfallopfern und für die Behandlung schwerer Krankheiten. Allein Bayern verbraucht täglich rund 2.000 Blutkonserven. Jeder Dritte ist mindestens einmal im Leben auf eine Blutspende angewiesen – doch nur sieben Prozent der Menschen in Bayern gehen zum Blutspenden.

Verfahren zur Umwandlung von Blutgruppen und zur künstlichen Herstellung von Blutkörperchen könnten das Angebot irgendwann vergrößern – doch das ist vorläufig noch Zukunftsmusik. Vor allem in der sommerlichen Ferienzeit werden die Blutvorräte regelmäßig knapp.

So soll die Sicherheit künftig gewährleistet werden

Um eine sichere Versorgung zu garantieren, werden alle Blutspenden im Labor auf spezielle Infektionskrankheiten untersucht, etwa auf HIV, Syphilis und Hepatitis B, C und E.

Transfusionsmediziner Oldenburg zufolge wird die Spende etwa auch auf eine Infektion mit dem West-Nil-Virus überprüft. Allerdings könnten die Tests keine absolute Sicherheit geben, auch wenn sie äußert sensibel seien. Vor allem sehr neue Infektionen können erst nach einer gewissen Zeit im Blut nachgewiesen werden – daher der Fragebogen.

Aidshilfe sieht weiterhin Diskriminierung

Die Deutschen Aidshilfe und Schwulen-Vertreter bezeichnen die neue Richtlinie als nach wie vor diskriminierend. Die neuen Kriterien würden die meisten schwulen Männer weiterhin ausschließen, ohne dies klar zu benennen. Aidshilfe, der Berliner Queer-Beauftragte und der Lesben- und Schwulenverband forderten neue Regeln. So hält die Aidshilfe die Regelung für Analverkehr für falsch – die Sexualpraktik an sich sei kein Risiko. Es sei nicht nachvollziehbar, warum Schutzmaßnahmen wie Kondome und HIV-Prophylaxe in der Risikobewertung nicht berücksichtigt würden.

Im Video: Warum ist Blutspenden so wichtig und wie läuft das ab

Nadine Hadad
Bildrechte: BR
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PULS Reportage - Blutspenden

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