Hinweis: Dieser Beitrag entstand im Rahmen der Kooperation der ARD Faktenchecker von ARD-Faktenfinder, BR24 #Faktenfuchs, und DW Fact check zur US-Wahl 2024.
Sollte der republikanische Präsidentschaftskandidat und ehemalige US-Präsident Donald Trump wie schon bei der vergangenen US-Wahl 2020 verlieren, ist es wahrscheinlich, dass er diese Niederlage auch in diesem Jahr nicht anerkennen wird. Um für seine Lüge von der vermeintlich gestohlenen Wahl – der angeblichen "Big Lie" – Glaubwürdigkeit zu gewinnen, verbreiten er und seine Anhänger seit Jahren Falschbehauptungen über angebliche Manipulationen. So tauchen auch jetzt auf der Zielgeraden des US-Wahlkampfs in den sozialen Netzwerken vermehrt Behauptungen über angebliche Wahlmanipulationen auf.
Auch 2020 und 2021 verbreiteten Trump und seine Anhänger schon entsprechende Falschbehauptungen. Er behauptete wiederholt, in einer großen Verschwörung – der "Big Lie" – sei ihm eine zweite Amtszeit geraubt worden.
Sogar 2016 log Trump – als er die Wahl gewann. Damals behauptete er fälschlicherweise, dass Millionen von Menschen auf illegale Weise für Hillary Clinton gestimmt hätten. Diese früheren und die aktuellen Falschbehauptungen bereiten den Boden für eine mögliche Wiederholung der Lüge Trumps und seiner Anhänger am und nach dem 5. November 2024.
Gefälschtes Video eines angeblichen Wahlbetrugs in Georgia verbreitet sich stark
Über die Timelines der User verbreiten sich entsprechend auch vor der Wahl am 5. November 2024 Gerüchte, dass Ausländer in die USA kämen, um dort illegal bei der Präsidentschaftswahl abzustimmen. In den Tweets sind Fotos von angeblich ausgefüllten Wahlzetteln und Reisepässen zu sehen.
Ein Video mit einer solchen Falschbehauptung verbreitete sich in den Tagen vor der Wahl besonders stark. Der republikanische Innenminister und Wahlleiter von Georgia bezeichnete es als ein Beispiel für gezielte Desinformation. Das Video ist eine Fälschung – wie auch schon der ARD Faktenfinder unter Berufung auf das britische Faktencheckerteam BBC Verify berichtete.
Es soll zwei Männer aus Haiti zeigen, die nach ihrer Ankunft in den USA angeblich innerhalb von sechs Monaten die amerikanische Staatsbürgerschaft erhielten. Einer der Männer zeigt mehrere Führerscheine und behauptet, mehrmals im Bundesstaat Georgia für die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris gestimmt zu haben.
Die Hinweise auf die Fälschung: Auf den Führerscheinen seien keine Wohnadressen vermerkt und bei dem Passbild handele es sich um ein Stockfoto, so BBC Verify. Laut ARD-Faktenfinder gebe es bei dem Video Merkmale einer russischen Desinformationskampagne. Diese These stützen demnach sowohl der Wahlleiter aus Georgia als auch Forscher der Clemson University.
Der Wahlleiter und Innenminister aus Georgia war es übrigens auch, der im Januar 2021 einen Anruf von Trump bekam. Trump drängte den Wahlleiter, noch Stimmen für ihn zu finden. Mehr zu diesem Versuch, die US-Wahl 2020 zu beeinflussen, finden Sie im Podcast "Die Entscheidung".
- Lesen Sie hier, wie Bot-Netzwerke versuchen, die US-Wahl im Sinne von Trump zu beeinflussen (auf Englisch).
Analyse zeigt Anzeichen einer koordinierten Aktion
Auch andere Posts mit Gerüchten und Falschbehauptungen zu Ausländern, die in den USA wählen, zeigen Anzeichen einer abgestimmten Aktion. Wie eine Analyse des Institute for Strategic Dialogue (ISD) zeigt, einer Non-Profit-Organisation, die auch Desinformation untersucht, stammen viele dieser X-Posts von einem scheinbar koordinierten Netzwerk aus Accounts, die miteinander interagieren.
Dem ISD zufolge stammt der erste Post des Netzwerkes vom 22. Oktober. Darin behauptet ein User, er sei Europäer und werde für Trump stimmen. Seitdem scheint auch X selbst die Posts vermehrt Usern anzuzeigen. Nach Angaben des ISD haben deren Analysten von der Plattform eine Push-Nachricht zu einem der größten Accounts der koordinierten Aktion erhalten, obwohl sie ihm zu diesem Zeitpunkt nicht folgten.
Fälle von Ausländern, die illegal in den USA wählen, sind sehr selten
Die Aussage, Ausländer wählten illegal, verbreitete der damalige Präsidentschaftskandidat Donald Trump bereits im Wahlkampf 2016, sprach von "Wahlbetrug". Es ist laut News Literacy Project eines der häufigsten Gerüchte, die sich auch zur aktuellen Wahl verbreiten. Für die aktuelle Präsidentschaftswahl berichteten die Faktenchecker des amerikanischen Fernsehsenders ABC News: Fälle von Ausländern, die illegalerweise in den USA wählten, seien extrem selten.
Das gilt auch für die vorherigen Wahlen: Das Brennan Center for Justice hat im Anschluss an die Wahl 2016 systematisch Wahlbeamte im ganzen Land befragt. Das Ergebnis: Bei den rund 23,5 Millionen Stimmen, die die befragten Wahlbeamten in ihrer Zuständigkeit hatten, gab es rund 30 Verdachtsfälle von Stimmabgaben durch Nicht-US-Bürger. Von einem "big problem", wie Donald Trump es damals nannte, zeugen diese Zahlen nicht.
Das bestätigt eine Recherche der "Washington Post". Die US-Zeitung hat eine Datenbank des konservativen Think-Tanks "Heritage Foundation" zu Fällen von Wahlbetrug durchsucht und fand zwischen 2002 und 2023 lediglich 85 Fälle, die in Zusammenhang mit angeblicher Stimmabgabe durch Nicht-US-Bürger stehen.
Auch die pauschale Behauptung, man könne in den USA einfach wählen, ohne seine Identität nachzuweisen, ist falsch. Das zeigen verschiedene Faktenchecks, unter anderem von PolitiFact und Deutscher Welle Faktencheck. Ob man bei der Stimmabgabe seinen Ausweis vorzeigen muss, hängt vom Bundesstaat ab. In 36 Staaten muss man sich ausweisen – in manchen Fällen werden auch Geburtsurkunden oder der Sozialversicherungsausweis akzeptiert. 14 Staaten nutzen andere Methoden, um die Identität der Wählenden zu verifizieren, etwa den Abgleich von Unterschriften.
Fazit
Seit Jahren bereiten Trump und seine Anhänger die – erneute – Lüge einer gestohlenen Wahl vor. Im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahl verbreiten sich nun wieder viele Posts mit der Falschbehauptung, Ausländer wählten illegalerweise in den USA. Trump spricht von einem "großen Problem" – das ist es aber nicht. Solche Fälle sind extrem selten, wie verschiedene Analysen zeigen. Experten sehen bei einzelnen Posts sogar Hinweise auf koordinierte Aktionen und russische Desinformation.
Mitarbeit: Carla Reveland und Laura Bisch, ARD-Faktenfinder; Monir Ghaedi, DW Fact check
Im Video: Wahllokale in den USA geöffnet
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