"Niemand mag ein schlechtes Foto oder Gemälde von sich selbst, aber das in Colorado, im State Capitol, das der Gouverneur dort zusammen mit den Porträts aller anderen Präsidenten aufgehängt hat, wurde absichtlich so sehr verzerrt, wie ich es wohl noch nie zuvor gesehen habe", schimpfte Donald Trump auf seinem Kanal bei "Truth Social" (externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt).
Es folgte eine Breitseite gegen die in England geborene Malerin Sarah A. Boardman, freilich ohne sie namentlich zu nennen: "Die Künstlerin hat auch Präsident Obama gemalt, und er sieht wundervoll aus, aber das Bild von mir ist wirklich das Schlimmste. Sie muss ihr Talent mit dem Alter verloren haben."
Republikaner sammelte Geld für Porträt
Viele Bürger Colorados hätten ihn angerufen, so Trump, und sich beschwert. Da sei es ihm lieber, gar nicht in der Präsidenten-Galerie vertreten zu sein als auf solche Weise. Den Gouverneur von Colorado, Jared Polis, schmähte der Präsident als "linksradikal".
Der Faktencheck des US-Nachrichtenmagazins TIME (externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt) rückte Trumps Behauptungen in ein trübes Licht: Polis hatte demnach mit dem Bild gar nichts zu tun. Es war demnach der Republikaner Kevin Grantham, 2018 Senatspräsident von Colorado, der um private Spenden für ein Trump-Porträt warb, nachdem bis dahin kein Geld dafür eingegangen war. Demokratische Aktivisten hatten es sogar gewagt, an die leere Stelle, wo Trumps Bild hängen sollte, kurzzeitig ein Porträt des russischen Präsidenten Wladimir Putin anzubringen.
Crowdfunding für "populären" Trump
Darüber aufgebracht, startete Grantham umgehend eine Crowdfunding-Aktion. Prompt kamen die nötigen 10.000 US-Dollar innerhalb von 32 Stunden zusammen, wobei auch demokratische Regionalpolitiker aus Patriotismus kleinere Beträge beigesteuert haben sollen.
Während der Enthüllungszeremonie des Porträts am 1. August 2019 (externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt) im Kapitol in Colorados Hauptstadt Denver, hatte Grantham das Crowdfunding als angemessene Finanzierungsmethode für einen so "populären" Präsidenten wie Trump bezeichnet: "Ob dieses Porträt Sie zum Lächeln bringt oder Sie finster dreinblicken lässt, denken Sie stets daran, dass Sie das Recht dazu haben, denn dies sind die Vereinigten Staaten von Amerika." Kritische Bemerkungen über die Qualität des Bilds gab es bei diesem Anlass nicht.
"Er muss neutral wirken"
Künstlerin Sarah A. Boardman sagte bei dieser Gelegenheit über ihre Arbeit, sie habe sie monatelang nach einem Foto angefertigt: "Mein Porträt von Präsident Trump wurde als nachdenklich, nicht konfrontativ, nicht wütend, nicht triumphierend und nicht twitternd bezeichnet. In fünf, zehn, 15 oder 20 Jahren wird er ein weiterer Präsident an der Wand sein, der dann nur noch von historischer Bedeutung ist, und er muss neutral wirken."
Auf den ersten Blick erscheint das Porträt tatsächlich nicht sonderlich lebensecht. Trumps Gesicht ist blass, die Wangen und die Halspartie etwas aufgedunsen. Die unteren Augenlider haben einen grauen Schatten. Doch während der Arbeit am Bild hatte Boardman in einem Interview beteuert (externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt): "Persönliche Gefühle zu einem Motiv sind bei mir nicht relevant und bleiben gemäß der Grundsätze aus meiner Ausbildung, diese Emotionen draußen vor der Tür zu lassen, außerhalb des Ateliers."
Gouverneur: "Besuchererlebnis weiter optimieren"
Ein Porträt sei "kein politisches Statement, sondern die Darstellung eines Menschen". Mit Bedacht will Boardman Trumps rote Krawatte abgebildet haben, weil sie farblich gut in die Galerie passe. Zur schon damals geäußerten Kritik am "neutralen" Bild bemerkte die Malerin: "Es wird immer Meinungsverschiedenheiten geben."
Mit dem Porträt von Barack Obama war Boardman beauftragt worden, nachdem ihr Vorgänger Lawrence Williams, der bis dahin alle 43 vorherigen Präsidentenporträts für das Kapitol von Colorado gemalt hatte, 2003 gestorben war.
Gouverneur Polis zeigte sich "überrascht", dass sich Trump für die Kunst im Kapitol von Colorado interessiert. Die Behörden seien stets darum bemüht, das "Besuchererlebnis" dort weiter zu optimieren.
Für Aufsehen hatte kürzlich gesorgt, dass Wladimir Putin dem US-Unterhändler Steve Witkoff ein Trump-Porträt eines russischen Künstlers als Gastgeschenk überreicht hatte. Wer das Bild anfertigte und ob es im Weißen Haus Gefallen fand, ist bisher nicht bekannt geworden. Über die Geste als solche sich Trump allerdings gefreut haben.
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