Die Künstlerin Liliane Lijn (84)
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Alles fließt! Liliane Lijn im Haus der Kunst

Alles fließt! Liliane Lijn im Haus der Kunst

Eine Pionierin der kinetischen Kunst feiert ihr spätes Debüt: "Arise Alive" ist Liliane Lijns erste große Einzelausstellung in einem deutschen Museum. Das Haus der Kunst setzt damit seinen Fokus auf Genre-sprengende Künstlerinnen fort.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 Kulturleben am .

Hierzulande ist ihr Name noch nicht allzu bekannt, aber das könnte sich nun endlich ändern: Mit 84 Jahren bekommt die in London lebende Künstlerin Liliane Lijn ihre erste große Einzelausstellung in einem deutschen Museum eröffnet. Und das ausgerechnet im Haus der Kunst in München. Lijn selbst spricht von einer "Ironie des Lebens". Sie kommt schließlich aus einer jüdischen Familie. Ihre Eltern flohen vor den Nazis in die USA.

Liliane Lijn ist eine Pionierin der Bewegungskunst

In den 60er- und 70er- Jahren war Liliane Lijn eine der ersten Frauen, die mit Elektromotoren arbeitete, sie gilt als Pionierin der kinetischen Kunst, also Kunst, in der es um Bewegung geht.

Eine Installation sticht sofort ins Auge: zwei Kugeln auf einer Drehscheibe, etwas größer als Orangen, aus massivem Glas und mit einem Hauch Farbe darin. Durch die Drehbewegung rollen die Kugeln hin und her, stoßen aneinander, entfernen sich wieder ein Stück. Alles ist im Fluss. Lichtstrahler zielen auf die Kugeln, an der Wand dahinter zeichnen sich Schatten ab.

Bewegung und Licht sind die Grundpfeiler im Werk von Liliane Lijn. Sie wolle damit Unsichtbares sichtbar machen, sagt sie. Klänge, Stimmen, Sprache, Energie. Schon früh kulminierten diese Ideen in einer "Gedichtmaschine": eine sich drehende Rolle, etwa schreibmaschinengroß, darauf Wörter, manche größer, manche kleiner, in Rot und Schwarz. Manchmal erhascht man eines - "Body" etwa, "Minute", oder "Government". Doch es geht nicht darum, das Gedicht zu lesen, man soll es sehen, spüren. Sprache wird zum Bild.

Lijns Ziel: das "außergewöhnliche Potenzial" des Weiblichen zeigen

Ein ganz anderes Bild erzeugt Lijns "Woman of War" von 1986. Drei Meter hoch ragt sie auf, eine riesige Figur aus aufrecht stehenden Stahlplatten, das Gesicht verborgen hinter einer Mauer aus rot-schwarzen Eisenringen wie bei einem Helm. Plötzlich öffnet sich der Oberkörper, Arme breiten sich aus wie Flügel in leuchtendem Gelb, aus der Ferne denkt man an Federn, in Wahrheit sind es Kunststoffborsten. Rauch steigt auf, ein roter Laserstrahl durchkreuzt die Luft, trifft den Kopf einer zweiten Figur, wird weitergeleitet.

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"Woman of War" von Liliane Lijn

Von Gewalt, Wut und Liebe singt diese gepanzerte Gottheit, und in ihr kommt alles zusammen, was die Kunst von Liliane Lijn ausmacht: weibliche Energie, Bewegung, Licht, Sound, Sprache und natürlich Feminismus. "Ich bin eine Frau", sagt Lijn dazu ganz lapidar, "wie kann ich da kein Interesse an Feminismus und an der weiblichen Tragödie haben".

Ihre eigene Geschichte spricht Bände. Seit sie 18 ist, macht Liliane Lijn Kunst, im Paris der 60er bewegte sie sich im Zentrum der Kunstwelt, alle kannten sie, aber große Ausstellungen bekam sie nicht. Daraus entstand eine feministische Haltung, die ganz auf die Kraft und das - wie sie sagt - "außergewöhnliche Potenzial" des Weiblichen zielt.

Ladik, Monk, Lijn: Das Haus der Kunst zeigt Gesicht

Die Ausstellung zeigt eine ganze Reihe ihrer "Female Figures", anthropomorphe Skulpturen aus Stahl, Kunststoff oder Federn. Als Köpfe dienen große Prismen. Ein schönes Bild, so ein glasklarer Kopf, der Licht in Farbe verwandelt, Reflexionen und Schatten um sich streut.

Nach Katalin Ladik und Meredith Monk präsentiert das Haus der Kunst mit Liliane Lijn einmal mehr eine Künstlerin, die sich nicht um Genregrenzen schert: Poesie, Malerei, Sound und Skulptur gehen nahtlos ineinander über, genauso wie Spiritualität und Mathematik, griechische Mythologie und Raumfahrttechnologie, Motoren und Kunststoffe: Alles fließt bei Liliane Lijn zusammen und alles ist in Bewegung.

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