Fast ein Jahrzehnt lang war es ziemlich still um Stefan Raab. 2015 hatte sich der Entertainer von der Fernsehbühne verabschiedet. Auf dem Höhepunkt seines Erfolgs - und für viele ziemlich überraschend.
Raab will wieder in den Boxring steigen
Der gelernte Metzger hat das Gesicht des deutschen Unterhaltungsfernsehens verändert. Vor allem die Generation der Millennials ist mit ihm aufgewachsen. Raab präsentierte mit "TV Total" die erfolgreichste Late-Night-Show der Nullerjahre und entwickelte Formate, die noch heute stilprägend sind. Die diversen Gaming-Shows von Joko und Klaas wären ohne "Schlag den Raab" wohl nicht denkbar.
So gesehen ist es verständlich, dass Raabs Instaposts diese Woche ziemlich hohe Wellen schlugen. So wie es aussieht, will der Entertainer im September noch einmal gegen Ex-Weltmeisterin Regina Halmich in den Ring steigen - eine Wiederauflage des ebenfalls von ihm erfundenen "Promiboxens". Nach "Bild"-Informationen könnte das Comeback sogar noch größer ausfallen. Raab plane auch einen neuen Streaming-Kanal, heißt es.
Scrollt man sich durch die Kommentare auf Instagram, entsteht der Eindruck, dass Raabs Ankündigung vor allem eines auslöst: riesige Begeisterung. Jenseits von Social Media ist die Skepsis jedoch groß.
Passt Raabs Humor noch in unsere Zeit?
Der "nach unten trampelnden Hämehumor der Raab'schen 'TV Total'-Jahre" passe nicht mehr ins Fernsehen der Jetztzeit, kommentiert etwa Anja Rützel im "Spiegel". Der österreichische "Standard" spricht von einem "Schlag in die Magengrube". Auch Frank Schwab, Medienpsychologe an der Uni Würzburg, zeigt sich dem BR gegenüber skeptisch, ob Raabs "aggressiver Humor" heute noch funktioniert.
Tatsächlich bestand Raabs Geschäft immer schon vor allem darin, jene auszustellen, die irgendwie anders waren. Währen Harald Schmidt den intellektuellen Zyniker gab, spielte Raab den Schulhof-Bully, der sich über alles lustig machte, was irgendwie von der Norm abwich. Sexistische, rassistische oder homophobe Witze gehörten da ganz selbstverständlich ins Programm. Nachdem sich der Fußballer Thomas Hitzelsberger als schwul geoutet hatte, kommentierte Raab das damit, dieser spiele nun für "Zenit St. Penisburg".
Die 2000er kommen wieder: Surft Raab auf der Retro-Welle?
Damals gab es noch ein Publikum dafür - und heute? Das sei "schwer zu prognostizieren", meint Frank Schwab im BR-Interview. "Auf der einen Seite haben wir neue Sensibilitäten. Viele Komiker aus den 1990er Jahren haben inzwischen gesagt, sie würden Scherze, die sie damals gemacht haben, heute so nicht mehr machen." Eine von ihnen ist zum Beispiel Anke Engelke. Anderseits, so Schwab, könne man in den Medien gerade eine Retro-Welle beobachten, die sich vor allem auf die 1990er und 2000er Jahre beziehe. Man versuche, die Leute mit dem vor die Bildschirme zu locken, was schon früher funktioniert habe. Fazit: Chance für Raab.
Was Winnetou für die Boomer war, das ist Raab also für die Millennials? Ein nostalgischer Fluchtpunkt, dem Kritik nichts anhaben kann oder soll? Schwer vorstellbar. Immerhin ist es gerade die Generation der Millennials, in der die Sensibilität für Diskriminierungsformen, etwa sprachlicher Art, am größten ist. Aber wer weiß – vielleicht kehrt Stefan Raab ja sowieso als ein anderer zurück, als der, der er war. So viel Hoffnung darf sein.
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