"No future", so lautet das Motto des Brechtfestivals 2024 in Augsburg, dessen Konzept am Dienstag von Festivalleiter Julian Warner vorgestellt wurde. Das Motto ist eine Referenz auf die Punk-Bewegung der 1970er-Jahre, die aus einem Song der Sex Pistols stammt und inzwischen als Realität gelten kann: Kriege, Klimakrise und andere Katastrophen erschweren eine Antwort auf die Frage, wie wir in Zukunft leben.
Warum das Brechtfestival nach Oberhausen wandert
Festivalleiter Julian Warner will das zehntägige Kulturfestival, das am 23. Februar startet, diesmal vor allem im Stadtteil Oberhausen verorten: "Was wir dort gefunden haben, ist natürlich eine diverse Stadtgesellschaft, also Menschen mit arabischen, türkischen, russischen, englischen Wurzeln. Was ich mitgenommen habe, ist diese Gastfreundschaft, der Wahnsinn."
Was Brecht mit Boxen zu tun hat
Die Menschen in dem Stadtteil hätten ihm immer wieder gesagt, dass Sport und das Trainieren eine zentrale Rolle im Alltag spielen. "Und da haben wir gesagt, wenn das so ist, wenn das der Türöffner für die Leute ist, dann machen wir ‚Brechts Kraftklub‘ im Lederle." Das "Lederle" ist ein ehemaliges Möbelhaus gegenüber des Plärrer-Festplatzes in Oberhausen. Das große Gebäude, das von der Besitzerfamilie zur Verfügung gestellt wurde und im März abgerissen wird, soll auf zwei Etagen als Veranstaltungsort und Konzertraum dienen. Dort soll es einen Boxring geben, in dem Profis trainieren, aber auch jeder Interessierte kostenlos mitmachen kann. Dazu kommen Capoeira-, Tanz-, Yoga-, Skate- und Rollschuh-Angebote.
Eröffnet wird das Brechtfestival mit dem Stück "Mutter Courage und ihre Kinder", in einer Neuinszenierung am Staatstheater Augsburg. Dem jungen Publikum will das Festival mit den Workshops "Brecht Bites" eine Bühne bieten, mit der Möglichkeit, selbst kreativ zu werden und Brechts Zeilen auf ihre Rap- und Hip-Hop-Tauglichkeit hin zu überprüfen. Zwei lange Clubnächte sollen zudem die Tanzbegeisterten auf Brecht einschwören.
Brechtfestival als Kritik
Aber es geht nicht nur um Spaß, sagt Warner, sondern auch um die kritische Lage derer, die sich für Kunstfreiheit und Bürgerrechte einsetzten. Das Brechtfestival widmet sich etwa dem kurdischen Dichter Ilhan Sami Çomak, der seit 1994 ohne Prozess in der Türkei inhaftiert ist. Die russische Regisseurin Anastasia Patlay hat für das Brechtfestival das Stück "Memoria" erarbeitet, das die Zerschlagung einer Institution zur Aufarbeitung von Regierungsverbrechen der Stalinzeit thematisiert. Patlay lebt seit einem Jahr als residierende Künstlerin im Brechthaus.
Die Premiere des Brechtfestivals im vergangenen Jahr unter Warners Leitung sei ein voller Erfolg gewesen, vor allem seine Idee, die Stadtteile samt ihren Vereinen und Kulturen mehr einzubinden, so Kulturreferent Jürgen Enninger heute: "Und was ich wirklich sehr, sehr schön finde, ist, dass Julian Warner mit unglaublich viel Empathie, mit unglaublich viel Sensibilität, mit einer großen Begeisterung für die Menschen auf sie zugeht und sagt 'Macht doch mit'. Und auf dieser Wertschätzung baut jetzt dieses Festival auf."
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