Szene aus dem Film Winnetou I
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60 Jahre Winnetou - Woher kommt der Erfolg?

60 Jahre Winnetou - Woher kommt der Erfolg?

Vor 60 Jahren feierte der Film "Winnetou I" Kinopremiere. Seither verfolgten Generation die filmischen Abenteuer rund um Winnetou und seinen Blutsbruder Old Shatterhand. Woher kommt dieser Erfolg? Eine Spurensuche.

Der Fernseher war ja wirklich einmal ein Ort der familiären Zusammenkunft. All jene, die noch im letzten Jahrtausend auf die Welt kamen, mögen sich vielleicht erinnern. Wem das Programm nicht passte, der konnte nicht auf einen Second- oder Third-Screen im eigenen Zimmer ausweichen. Wer sich abends berieseln lassen wollte, der oder die musste schauen, was das Programm eben so hergab. Bis in die 80er-Jahre hinein, war das nicht viel. Später, mit Einführung des Privatfernsehens, wurde es etwas mehr.

Man muss das wissen, um zu verstehen, warum es für viele Menschen, die die 40 überschritten haben, das Highlight der Woche ist, wenn Thomas Gottschalk das letzte Mal "Wetten dass..?" moderiert. Fernsehen im vordigitalen, linearen Zeitalter war von kleinen Ritualen durchzogen, die von Generation zu Generation weitergeben wurden. 18 Uhr Sportschau, dann "Wetten, dass..?" oder "Verstehen Sie Spaß?". Sonntagabend dann der Tatort. Und zwischendurch "Winnetou".

Winnetou lief immer irgendwo

Ganz subjektiv und im Rückblick betrachtet, lief Winnetou immer irgendwo - es gab ja auch genügend Filme. Und für einen kleinen Jungen, der Ende der 80er-Jahre das fernsehfähige Alter erreichte, waren die Geschichten rund um den Apachen-Häuptling und seinen Blutsbruder Old Shatterhand eine spannende Abwechslung zum übrigen Programm. An das sich der Autor dieser Zeilen im Übrigen auch gar nicht mehr erinnern kann - mit einigen Ausnahmen, wie zum Beispiel den Pumuckl.

Bei Winnetou war das anders. Von den Filmen blieben bruchstückhaft Bilder und Filmsequenzen haften. Winnetou und Old Shatterhand, wie sie die Arme kreuzen, um ihre Blutsbruderschaft zu besiegeln. Das Toupet von Sam Hawkens, der nie um einen flotten Spruch verlegen war. Die glänzenden Nieten an Winnetous Gewehr. Die stets von blond nach grau changierende Haarfarbe von Lex Barker, der in den Filmen Old Shatterhand verkörperte. Der durchgestreckte Rücken von Pierre Brice, der nie mehr etwas anderes sein konnte als Winnetou. Und natürlich das Ende: Der sterbende Winnetou in den Armen von Old Shatterhand. Nur herzlose Menschen haben hier nicht geweint.

Karl Mays Fantasiewelt

Für einen kleinen Jungen war die Winnetou-Filmreihe gute Unterhaltung. Sie hat mich mitgenommen in eine Welt, die ich nicht kannte und die es so natürlich auch niemals gegeben hatte. Die Filme und deren literarische Vorlagen entstammen der Fantasie eines Mannes, der die Regionen, in die er seine Leser mitnahm, zunächst nie besuchen wollte. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts - ein paar Jahre vor seinem Tod - bereiste Karl May den Orient und später Amerika - er soll bei seiner Rückkehr mehr oder weniger desillusioniert gewesen sein. Denn die Wirklichkeit schien sich ihm wohl etwas anders dargestellt zu haben als in seiner Vorstellung. Seine Werke waren nicht mehr als das Fantasieprodukt Mannes, der sich mit einer beinahe kindlicher Begeisterung in die Ferne träumte. Und nicht wenige träumten mit.

Nach einer kurzen Phase der kindlichen Begeisterung hat sich meine Winnetou-Phase schnell wieder gelegt. Ich habe seither nie mehr einen Winnetou-Film gesehen. Ob die Filme besonders gut oder besonders schlecht waren, kann ich heute kaum mehr beurteilen. Aus filmkritischen Perspektive lässt sich zumindest festhalten, dass es sich nicht um filmische Meisterwerke handelt. Und natürlich ließe sich bezweifeln, dass ein Film wie "Winnetou I" so in dieser Form heute noch einmal gedreht werden würde. Geht man heute doch sensibler mit den Belangen unterdrückter indigener Bevölkerungsgruppen um, indem man klischeehafte Überzeichnungen zu Unterhaltungszwecken eher vermeidet – selbst wenn es sich um positive Attribute handeln mag.

Vererbte Gewohnheit

Und trotzdem ist die Winnetou-Filmreihe für einen Teil der Gesellschaft zum Phänomen geworden. Für jenen Teil nämlich, der sich Samstagabends millionenfach vor den Fernseher gesetzt hat, um "Wetten dass..?" anzusehen. Nicht etwa, weil diese Sendung von solch vorzüglicher Güte gewesen war. Sondern weil man das halt so machte, als der Fernseher noch Mittelpunkt der meisten deutschen Wohnzimmer war - und nicht all die Smartphones und Tablets. Machte ja auch Spaß, gemeinsam auf dem Sofa zu sitzen und sich berieseln lassen. Und so wie bei "Wetten dass..?" war es eben auch bei Winnetou. Man schaute halt gebannt zu, weil ja manchmal auch nichts anderes kam. Die Winnetou-Begeisterung - und das ist meine ganz persönliche Meinung - hat also viel zu tun mit vererbter Gewohnheit.

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