Es ist das Jahr 2296. Vor etwas mehr als 200 Jahren haben Atombomben Nordamerika in ein lebensfeindliches Ödland verwandelt. Ein Teil der Bewohner lebt seitdem isoliert in sogenannten Vaults, autarken Bunkern tief unter der Erde, in denen die Zeit still zu stehen scheint. Produziert wurden sie – wie fast alles in dieser Welt – von einem zwielichtigen Unternehmen namens Vault-Tec, das die Schutzeinrichtungen als "Camelot des Atomzeitalters" anpreist ("Denn wenn es morgen zum Schlimmsten kommen sollte, braucht die Welt Sie, um ein besseres Danach zu schaffen").
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Ein Albtraum im retrofuturistischen Gewand
Trotz der fortschrittlichen Nukleartechnologien sieht diese Zukunft so aus, wie man sie sich in den atom- und konsumgläubigen 1940er und 1950er Jahren vorgestellt hat – vom pastellfarbenen Nierentisch bis zum hilfreichen Küchenroboter. Doch diese retrofuturistische Zukunft ist nicht sauber, sorglos und virtuell. Sie ist ein wahr gewordener Alptraum.
Das wissen die Bewohner von Vault 33 in der Nähe von Los Angeles aber nicht. Eine von ihnen ist Lucy McLean (Ella Purnell) – gekleidet in einen blau-gelben Vault-Overall, immer ein Lächeln auf den Lippen und überzeugt davon, die Welt eines Tages neu zu besiedeln, wie ihre Vorfahren die einstige Prärie des amerikanischen Westens. Als ihrem Vater (Kyle MacLachlan), dem Aufseher der Vault, etwas zustößt, wagt sie sich als einzige an die verstrahlte Oberfläche, wo nicht nur jede Menge mutierter Monster auf sie warten, sondern auch feindselige Banden ihr Unwesen treiben.
Wie das Game: Die Serie folgt keiner linearen Erzählung
"Fallout" ist die Serienverfilmung einer populären Videospielreihe mit mittlerweile sechs Teilen und einer riesigen und durchdachten Game-Mythologie. An der bedient sich Serienschöpfer Jonathan Nolan (u.a. "Westworld" und "Interstellar") großzügig, um eine völlig neue Geschichte mit neuen Charakteren zu erzählen. Das passt zur Logik und Mechanik des Open World-Rollenspiels, in dem die Spielenden ihr eigenes Abenteuer schreiben und keiner linearen Story folgen. Natürlich kann kein einzelner Held und keine einzelne Heldin die Welt retten – so wie im Videospiel. Und das macht die Serie auch sehr deutlich.
Auf ihrer Quest trifft Lucy immer wieder den 200 Jahre alten "Ghoul" (fantastisch: Walter Goggins), der in einem früheren Leben Western-Darsteller war und nun als nasenloser Kopfgeldjäger seine Kronkorken verdient. Auch ein Knappe der sogenannten Stählernen Bruderschaft (Maximus, gespielt von Aaron Moten), einer hochtechnologisierten Miliz mit undurchsichtigen Zielen, kreuzt immer wieder ihren Weg.
Über diese drei sehr unterschiedliche Hauptfiguren lotet die Serie wie ein Western aus, wie bedeutsam Allianzen und moralische Marker wie "gut" und "böse" in einer Welt sind, in der alle auf sich allein gestellt zu sein scheinen.
Fans von Videospielen dürften an der Serie Gefallen finden
Wie die Zuschauenden vor dem Bildschirm begegnet auch Vault-Bewohnerin Lucy der fremden Realität an der Oberfläche sehr blauäugig. Mit ihr zusammen erkunden Neulinge das faszinierende Fallout-Universum, lernen seine Geschichte kennen und erfahren langsam von den katastrophalen Auswüchsen eines aus der Kontrolle geratenen Kapitalismus.
Für Fans der Games fühlt sich die Serie an, wie ein Nach-Hause-kommen: Bis ins kleinste Detail hat Serienschöpfer Jonathan Nolan zusammen mit den beiden Showrunnern Geneva Robertson-Dworet und Graham Wagner die Fallout-Welt rekreiert. Und wie gewohnt trifft auch hier die fröhliche Jazz- und Swingmusik aus dem Games-Soundtrack wie ein sarkastischer Kommentar auf die comichafte Brutalität der Action-Szenen.
"Fallout" ist eine auf allen Ebenen gelungene Serie: für Science-Fiction-Liebhaber und Fans der Games gleichermaßen. Nach den acht Folgen möchte man sofort zum Gamepad greifen und zurückkehren ins Ödland.
"Fallout" ist ab dem 11.4. bei Amazon Prime verfügbar.
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