Das Filmfestival Türkei Deutschland setzt in diesem Jahr den Fokus vor allem auf Filme von und mit starken Frauen, sagt Festivalpräsident Adil Kaya. So eröffnet der Film "Ellbogen" der Berliner Regisseurin Aslı Özarslan das Festival.
Im Mittelpunkt des Films steht die 18-jährige Hazal, gespielt von Melia Kara, die auf eine Chance im Leben hofft, auf eine Ausbildung, um sich aus dem Elternhaus zu lösen und weg vom Arbeitsamt zu kommen. Ein tragischer Zwischenfall verändert jedoch alles.
Filmfestival eine Plattform für verschiedene Sichtweisen
"Es ist immer spannend, Filmemachern mit Migrationshintergrund eine Plattform zu bieten, und zu erfahren, wie sie die Gesellschaft empfinden und in welche Richtung sich diese aus ihrer Sicht entwickeln soll", betont Festivalpräsident Kaya. Auch der vielfach prämierte Film "Das Lehrerzimmer" des deutschen Regisseurs İlker Çatak steht auf dem Programm. Eine Lehrerin versucht eine Serie von Diebstählen in einer Schule aufzuklären. Dabei stößt sie an die Grenzen des Schulsystems und ihre eigene Belastungsgrenze.
Zeichen setzten gegen Rassismus
Der Film ist für die Oscars nominiert. In der deutschen Presse kam jedoch der Name des Regisseurs in Berichten zur Nominierung kaum vor, kritisiert Kaya: "Das ist sehr, sehr schade." Die nun entbrannte Diskussion zum Thema struktureller Rassismus verfolgt der Festivalpräsident genau, denn das Filmfestival Türkei Deutschland wirbt seit Jahrzehnten für gegenseitiges Verständnis und stellt sich gegen Rassismus mit Hilfe des Kinos. "Wir zeigen Filme, die die deutsche Geschichte aufarbeiten, die die Aktualität aufarbeiten, die in die Zukunft hineinschauen. Sie sind unheimlich wichtig", betont Kaya.
Aufarbeitung der NS-Verbrechen
In diesem Jahr steht beispielsweise der Film "Das Zeugenhaus" mit Iris Berben auf dem Programm. Der Film beruht auf wahren Begebenheiten und spielt in Nürnberg um 1945 – in der Zeit der Nürnberger Prozesse. In einer Villa sind die Zeugen untergebracht, die vor dem Internationalen Militärgerichtshof aussagen sollen. Darunter NS-Funktionäre und traumatisierte KZ-Überlebende. Als Gastgeberin soll eine Gräfin, gespielt von Iris Berben, für eine harmonische Atmosphäre sorgen.
Auszeichnung für Iris Berben und Hale Soygazi
Iris Berben erhält in diesem Jahr, wie auch die türkische Schauspielerin Hale Soygazi, den Ehrenpreis des Filmfestivals Türkei Deutschland für ihr Schaffen und ihr politisches Engagement. Berben setze sich seit Jahren gegen Rassismus und Antisemitismus ein. So engagiere sie sich bei der bundesweiten Initiative "Gesicht zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland" und ist Jurymitglied des Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreis, heißt es von Seiten des Festivals.
Leidenschaftliches Plädoyer für den Frieden
Passend zum Film "Das Zeugenhaus" zeigt das Festival auch die Dokumentation: "Krieg und Gerechtigkeit" von Marcus Vetter. Der Dokumentarfilm beschäftigt sich mit der 25-jährigen Geschichte des Internationalen Strafgerichtshofs, der nach dem Vorbild der Nürnberger Prozesse Völkermord und Kriegsverbrechen strafrechtlich verfolgt. Der Filmemacher begleitete dabei prominente Chefankläger wie Benjamin Ferencz, der auch Ankläger bei den Nürnbergern Prozessen war. In der Dokumentation wird neben dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine auch der Krieg in Nahost thematisiert, der seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel im vergangenen Jahr wütet.
Weniger türkische Filme beim Festival als sonst
Dem Team des Filmfestivals Türkei Deutschland ist in diesem Jahr gelungen, ein Programm zusammenzustellen, das so aktuell wie nie ist. Insgesamt stehen 37 Filme aus Deutschland und der Türkei in den nächsten zehn Tagen auf dem Programm. In diesem Jahr sind es allerdings etwas weniger Filme aus der Türkei, weil das Antalya-Filmfestival nach einem Eklat im Oktober abgesagt wurde, berichtet Festivalpräsident Kaya.
Eklat bei Antalya-Filmfestival hat Folgen für Nürnberger Festival
Viele Filme feiern dort ihre Weltpremiere und gehen dann erst auf Tour und können bei anderen Filmfestivals gezeigt werden. Im vergangenen Jahr hatte das Kultusministerium in der Türkei seine Unterstützung für die Veranstaltung zurückgezogen, weil der Dokumentarfilm Kanun Hükme, Gesetz und Gerechtigkeit, gezeigt werden sollte, der sich mit den Folgen des Putschversuchs von 2016 beschäftigt. Zahlreiche Filmemacher protestierten dagegen, berichtet Kaya.
Die Filme des Festivals Türkei Deutschland werden in den Kinos des KunstKulturQuartier und im Cinecitta in Nürnberg gezeigt. Tickets können Online und vor Ort gekauft werden.
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