Achim Greser stammt aus Lohr, Heribert Lenz aus Schweinfurt. Seit fast drei Jahrzehnten leben sie in Aschaffenburg. Quell ihrer Inspiration ist das tagesaktuelle Nachrichtengeschehen und die Sichtweise darauf in der Gesellschaft. Und wo könnte man diese besser greifen als in der Kneipe? Das Kult-Wirtshaus Schlappeseppel in der Aschaffenburger Altstadt spielt eine große Rolle für die beiden Karikaturisten, sagt Heribert Lenz. "Es war tatsächlich so, dass dieses Wirtshaus hier gelockt hat, weil es richtig so ein schönes Bierhaus ist. Als Nachrichtenumschlagplatz und für Klatsch ist das wirklich großartig."
An den Tischen wird über große und kleinere Themen gestritten und philosophiert. Ein gefundenes Fressen für die beiden Zeichner. "Sowas hier hat schon Tempelcharakter und es ist auch eine öffentliche Arena. Man kann das auch philosophisch hochtreiben und ihm huldigen in der Weise, dass man sagt, dass das die letzte demokratische Instanz noch ist. Also zumindest aus der analogen Zeit", sagt Achim Greser. Und nicht zuletzt aus dieser demokratischen Instanz heraus entstehen die besten Pointen für die Karikaturisten – natürlich auch abhängig vom Thema. Ganz grundsätzlich gelte, "je brenzlicher das Thema ist, umso angeregter ist es für uns und für unserer Arbeit", sagt Greser. "Krieg, Seuche, sowas: Nix wie her damit. Da fällt einem weitaus mehr ein als bei einer Rentenreform-Debatte oder Vergleichbares."
Die bekannte Bierdeckel-Edition ist auch Teil der Ausstellung
Das Kult-Gasthaus Schlappeseppel war auch die Wiege für die Bierdeckel-Edition für eine bekannte Aschaffenburger Biermarke. Sie sind auch Teil der Greser und Lenz-Ausstellung. Die Bierdeckel zeigen bissig-ironische Szenen aus dem Alltag – seit mittlerweile 20 Jahren. Sie sind zu beliebten Sammlerstücken für die Kneipengänger in der Region geworden. Ein Teil ihres Schaffens, auf den beide Künstler durchaus stolz sind, erzählt Lenz. "Wir haben den Werbe-Chef, der immer wieder hier vorbeikam, angesprochen, er soll mit seinem Chef reden, wir wollen das machen. Das hat dann irgendwann geklappt. Das war großartig, weil wir jetzt immerhin Auflagen-Millionäre sind, was Bierdeckel anrührt."
Kennengerlernt haben sich Greser und Lenz während ihres Grafik-Studiums in Würzburg. Das ist fast 50 Jahre her. Als Fans des Satire-Magazins Titanic und der dort begründeten Neuen Frankfurter Schule schlossen sie damals schnell Freundschaft. Mittlerweile arbeiten sie seit Jahrzehnten als erfolgreiches Karikaturisten-Duo. Möglich machten das zwei Etappen in ihrer Laufbahn: ihre Arbeit beim Satiremagzin Titanic und bei der Tageszeitung FAZ. Bei der Titanic hätten die beiden ein "Zweitstudium" absolviert, in Gegenwart und Zusammenarbeit mit den Helden ihrer Jugend. "Dass die FAZ auf uns aufmerksam wurde, war der zweite Glücksfall, weil wir dadurch ein riesiges Schaufenster ausstatten konnten. Und außerdem ein Auskommen gefunden haben", sagt Achim Greser.
Zum ersten Mal werden auch großformatige Arbeiten auf Leinwand gezeigt
Dass das Duo jetzt den Kulturpreis der Stadt Aschaffenburg bekommen hat, wurde höchste Zeit. Dass ihre Karikaturen aber in der Kunsthalle Jesuitenkirche in Aschaffenburg gezeigt werden, das ist schon was Besonderes, sagt Thomas Schauerte, Leiter der Aschaffenburger Museen. "Durch die Hochkunst, der ja in den letzten Jahrzehnten die Kunsthalle hauptsächlich gewidmet war, haben wir uns hier natürlich einen Ruf erworben, der das ganze hier in der Region richtiggehend zu einem Kunsttempel macht. Das heißt also, es ist auch eine Auszeichnung."
Einen besonderen Fokus legt die Ausstellung auf die bekannten Tierszenen, die seit 2008 in der FAZ veröffentlicht werden und auf die gesellschaftlichen und politischen Cartoons des Duos. Auch viel diskutierte Arbeiten wie das Soloprojekt von Achim Greser "Der Führer privat" sind zu sehen. Neben den Karikaturen erwartet die Besucher auch eine Weltpremiere: Es werden erstmals auch großformatige Arbeiten auf Leinwand der beiden Zeichner und Maler gezeigt. Kuratiert hat die Werkschau der Leiter der Museen, Thomas Schauerte höchstpersönlich. Zurück im Wirtshaus, wo auch die Idee zur Ausstellung entstand, gesteht er: "Irgendwie scheine ich geahnt zu haben, dass das ein großer Spaß werden könnte. Und so war es auch, natürlich jenseits der ganzen organisatorischen Arbeit, die da zu leisten war. Aber das war ein Projekt, das mir mal richtig Spaß gemacht hat."
Im Audio: Karikaturisten Greser und Lenz in Aschaffenburg
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