Höfen ist ein kleiner Vorort von Herzogenaurach, ländlich geprägt. Auf der einen Seite der Dorfstraße verbringen Kinder ein paar Stunden auf dem Pferdehof. Gegenüber hat Liliana Martinez ihr Gerüst aufgebaut. Vor einem Silo, das schon lange nicht mehr genutzt wird. Bäume und Sträucher ragen aus dem runden Betonbau. Auf der Wand schaut schon ein übergroßer Storch den Autofahrern entgegen, die durch das Dorf fahren. So hat auch die Künstlerin aus Kolumbien, die mittlerweile in Oberreichenbach mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern wohnt, das Objekt entdeckt. "Seit Wochen und Monaten bin ich vorbeigefahren", erklärt Liliana Martinez. "Und dann habe ich einfach gefragt, ob ich das Silo verschönern darf." Sie durfte. Die Familie fand ihr Konzept überzeugend. Die Künstlerin plant Tiere wie Karpfen und Störche zu verewigen, dazu Blumen und Gemüse aus der Region.
Lateinamerikanische Lebensfreude in Franken
Der Stil der Malerin – vor allem bunt und lebensfroh. Ob auf Leinwand, Hauswänden oder Trafohäuschen. Schon ihr Großvater war Impressionist und Wandmaler und begeisterte seine Enkelin für die Kunst. In ihrer Heimatstadt Cali in Kolumbien lernte sie ihr Handwerk an der Kunstschule. Die Liebe hat sie nach Franken gebracht. Und schon seit Jahren versucht sie, etwas Farbe und Freude in die neue fränkische Heimat zu bringen. Sei es bei Live-Paintings oder Malkursen mit Jugendlichen. In Herzogenaurach gestaltete sie beispielsweise im vergangenen Jahr ein Jugendzentrum zusammen mit Mädchen eines Ferienkurses.
Erstmal mit dem Dampfdruckreiniger vorgearbeitet
Doch zurzeit steht sie in ihrem schwarzen, mit Farbe gesprenkelten Overall auf dem Gerüst vor dem Betonsilo in Höfen. Mit einem Dampfdruckreiniger hat sie zuvor den Grünspan und den Dreck der Jahre entfernt, um Raum für ihre bunten Bilder zu schaffen. Samara Grimm, die Enkelin des Landwirts aus Höfen, kann sich gar nicht mehr erinnern, dass das Silo für Gülle genutzt wurde. "Das war vor meiner Zeit". Es wurde so gegen 1970 gebaut, 1990 dann stillgelegt. "Ich finde das sehr, sehr schön und finde es toll, dass ein bisschen Farbe in unser Dorf kommt", schwärmt die junge Frau. Bei Liliana Martinez hat sie sich auch schon ein Motiv gewünscht, das mit auf das Silo soll – über eine Libelle zwischen den Blumen würde sie sich freuen.
Kunst im Dialog mit dem Publikum
Die wird die Künstlerin sicher mit verewigen, denn das passt zu ihrem Verständnis von Kunst. "Ich beziehe das Publikum gerne mit ein", erklärt sie. Bei ihrem Kunstwerk denkt sie vor allem an die vielen Demonstrationen der Bauern in Deutschland. Das Bild sei ihre Form der Unterstützung. Die Landwirte seien sehr wichtig für die Bevölkerung und ihr Werk soll eine Hommage für die Bauern sein. Natürlich ganz in ihrem Stil. Ihre bunten, knalligen Farben seien besonders gut für ein Land wie Deutschland. Hier gebe es so viele Monate, wo alles grau sei. Durch Kunst, ein Bild oder eben eine Wand könne sie so etwas Freude zu den Menschen bringen. Ihr Stil sei auch nicht realistisch, so wie in der Natur, sondern "ich mache es etwas heller, etwas bunter, etwas stärker, so dass da auch noch Raum für Phantasie ist", erklärt die gebürtige Kolumbianerin.
Mehr Farbe für Franken
Ihr Bilder und Live-Paintings präsentiert sie nicht nur bei Vernissagen in Frankfurt oder Erlangen. Ihr Lebensmotto sei: "Kunst ist für alle da, nicht nur für Museen oder Galerien, sondern für alle zum Entdecken, zum Fühlen, zum Erleben". Daher nutzt sie gerne öffentliche Gebäude, die nicht auf den ersten Blick für Kunst geeignet sind, wie etwa Stromkästen, Treppengänge oder auch Betonsilos wie in Höfen. Ihr aktuelles Werk will sie in den nächsten Tagen vollenden – je nachdem, wie Wind und Wetter ihre Arbeit vorankommen lässt. Und bringt so wieder etwas lateinamerikanische Lebensfreude in die fränkische Tristesse.
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