So war es einmal: kreischende Kinder, Bauchplatscher, der Pfiff des Bademeisters. 2012 wurde das architektonisch wie in der Ausstattung gehobene Hallenbad samt Saunabereich und Gastronomie geschlossen. Für die oberbayerische 3.500-Einwohner-Gemeinde Unterwössen rentierte es sich nicht mehr im Kosten-Nutzen-Abgleich.
Zuvor war es schon nicht mehr direkt, sondern von einem eigens gegründeten Verein betrieben worden, dem "Sporthallenbad Achental e.V.". So konnten durch ehrenamtliche Tätigkeiten Personalkosten eingespart werden, erzählt Bürgermeister Ludwig Entfellner. Doch dann musste der Verein Insolvenz anmelden.
Der Wunsch der meisten Unterwössener Bürger sowie des Gemeinderats war es, das alte Hallenbad von 1974 als Gebäude zu erhalten und es in ein Bürgerzentrum umzuwandeln. Dazu kam noch, dass im Ort verschiedene Treffpunkte für Vereine und Gruppen wegfielen - auch, weil zwei Gaststätten abgebrannt waren: "Daher hat es sich angeboten, dass wir die Schwimmhalle als überdachten Dorfplatz oder als Halle für alle umfunktionierten", so Ludwig Entfellner.
Leuchtturmprojekt
Die "Halle für alle" wurde kürzlich auf der bayerischen Jahrestagung der Wohnraumförderung und Städtebauförderung in Baunach bei Bamberg von Entfellner als ein regionales Leuchtturmprojekt vorgestellt - als vorbildliche Maßnahme in Zeiten, in denen das Bauen im Bestand wegen des Klimawandels zunehmend an Bedeutung gewinnt.
In der ganzheitlichen Betrachtung ist die Bauindustrie für rund 40 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Die nachhaltige Nutzung von Bestandsgebäuden im Sinne der Energieeinsparung ist also geradezu überlebensnotwendig.
Geplant wurde auf verschiedensten Ebenen: zum einen die thermische Sanierung, zum anderen der sozial sinnvolle Umbau zu einem gesellschaftlichen und kulturellen Mittelpunkt im Achental. Die Unterwössener Bürger trafen sich immer wieder vor Ort zu Infoveranstaltungen im Schwimmbecken, aus dem bereits das Wasser ausgelassen worden war. "Das ehemalige Schwimmbad ist jetzt ein Veranstaltungsraum, der Saunabereich ein Familienzentrum - und die ehemaligen Gastro- und Umkleideräume sind jetzt eine interkommunale Einrichtung für vier Gemeinden im Achental", sagt Entfellner.
Staatszuschuss von fünf Millionen Euro
2018 fiel der Startschuss zu dem Acht-Millionen-Euro-Projekt, für das die Gemeinde von der bayerischen Regierung fünf Millionen Euro an Zuschüssen erhielt, vor allem aus dem Topf der Städtebauförderung. Architekt Christoph Scheithauer machte die Räume, die sein Kollege Gunter Maurer vom Münchner Planungsbüro GTB vor Jahrzehnten entworfen hatte, mit nur kleinen Eingriffen für die Gegenwart fit. Ein Konzept, das aufgegangen ist, sagt Entfellner. Das "Alte Bad" werde sehr gut genutzt, und sei "den Unterwössnern eine Heimat geworden" - "eine gute Stube hat es jemand mal genannt".
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