Farbfotografie von Nan Goldin, die Keith Haring und Andy Warhol nebeneinander zeigt
Bildrechte: © Nan Goldin, Courtesy Nan Goldin, New York

Nan Goldin: Keith Haring & Andy Warhol at Palladium, 1985

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

"Party of Life": Keith Haring und Andy Warhol in München

Andy Warhol und Keith Haring begegneten sich Anfang der 80er in New York und wurden Freunde. Beide waren homosexuell, und beide wollten die Kunst revolutionieren. Das Museum Brandhorst in München zeigt sie nun gemeinsamen in einer Ausstellung.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 Die Welt am Morgen am .

New York, Anfang der 1980er: zwei Männer begegnen sich, beide aus Pennsylvania, beide homosexuell, beide wollen die Kunst revolutionieren. Der 30 Jahre ältere Andy Warhol wird zum Role-Model für Haring: Bereits in den 1960er Jahren hatte er gezeigt, wie das mit der Erweiterung des Kunstbegriffs gehen könnte: geschickte Selbstvermarktung und ein unverwechselbarer Stil spielen dabei eine wichtige Rolle. Umgekehrt inspiriert Warhol die offenbar grenzenlose Kreativität des jungen Harings: Graffiti, Design, Musik, Mode: Haring mischt überall mit, schart ein ganzes Netzwerk an jungen Stars wie Madonna, Grace Jones oder Jean-Michel Basquiat um sich.

"Beide haben sich sehr stark für Berühmtheiten interessiert", sagt Kuratorin Franziska Linhardt. "Für ihre eigene Berühmtheit, was muss ich dafür machen, um berühmt zu werden, und aber auch für Berühmtheit als Konstrukt. Und dafür steht natürlich Marilyn Monroe als die filmische Ikone schlechthin."

Berühmte Marilyn Monroe-Bilder

Die Ausstellung im Museum Brandhorst zeigt Marilyn Monroe gleich zweimal: Andy Warhol setzt ein altes Pressefoto der Schauspielerin auf einen runden goldenen Untergrund und macht damit eine Ikone aus der Ikone. Haring nimmt ein schlecht gedrucktes Plakat und pinselt seine schwarzen Umrisslinien darüber: Er malt sich Marilyn, wie sie ihm gefällt. Die herablaufende schwarze Farbe unterstreicht diesen rotzigen Kommentar, auf das Bild einer Frau, in der jeder sieht, was er will.

Unverwechselbarer "Signature-Style"

Das Foto Warhols und die Umrisslinie Harings: Das ist die Antwort auf die Frage, warum beide Künstler heute so berühmt sind. Beiden ist es gelungen, einen unverwechselbaren Stil, einen "Signature-Style" zu entwickeln. Bei Haring sind es die comicartigen Figuren, mit denen er wirklich alles darstellt: krabbelnde Babys, bellende Hunde, tanzende Leiber. Bei Warhol ist es der Siebdruck, die Nutzung von Fotos, die Arbeit in Serie. Beide Stile sind aber doch sehr unterschiedlich, sagt Linhardt: "Keith Haring nutzt ja seine schnellen Linien, seine wiederkehrenden Figuren immer wieder, setzte sie ein.

Warhol dagegen probiert sich eigentlich einmal komplett durch die Kunstgeschichte." Warhol ist in den 1950ern Werbedesigner gewesen, hat ganz filigrane feine Zeichnungen gemacht, sich dann für den Siebdruck entschieden und immer wieder seine Kunst, reproduziert in knalligen Farben. Er "probiert sich nochmal viel mehr aus als Keith Haring, gleichzeitig vereint sie doch der Wiedererkennungswert, der auch total in der Ausstellung zu sehen ist", so Linhardt.

Bildrechte: © Collection: Keith Haring Foundation, New York, NY
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Andy Warhol und Keith Haring, undatiert, Polaroid, Ausschnitt

Kunst für alle und überall

Der Witz am Signature-Style: Man kann alles damit überziehen. Leinwände und Häusermauern, Platten-Cover und Poster, T-Shirts und Autos. Es ist eine Kunst, die die Galerien verlässt und auf die Straße geht, hin zu den Menschen. Sowohl Haring als auch Warhol machen Kunst für alle. Und beide haben es geschafft, eine Ästhetik zu finden, die bis heute viele Menschen anspricht.

"Party of Life"

"Party of Life" heißt die Ausstellung: Das klingt nach Leichtigkeit und Musik, nach Freizügigkeit und unendlichem Spaß. Damit ist die Ausstellung auch eine Zeitreise ins New York der 1980er, zu Disco und Pop, Keller-Partys und MTV, aber auch zu Neoliberalismus, Atomwaffen und AIDS. "Wenn man sich die 80er anguckt, dann lernt man auch fürs heute", sagt Linhardt. Es sei eine Zeit mit extrem vielen gesellschaftlichen Umbrüchen gewesen, unabhängig von New York. Es ging um Themen wie nukleare Aufrüstung, Aktivismus, die Sichtbarkeit von Queerness, überbordendem Kommerz. Linhardt: "All diese Themen stecken in der Ausstellung und auch in unserer Zeit."

Haring wendet sich mit seinen kindlichen Figuren gegen die Apartheid in Südafrika, gegen häusliche Gewalt, er plädiert für Abrüstung, Aufklärung über AIDS und mehr Sichtbarkeit von Queerness. Warhol entwirft sogar ein Werbeplakat für die Partei "Die Grünen". Und er schafft es wie kaum ein anderer Künstler, den Kapitalismus zu kritisieren und gleichzeitig für sich zu nutzen. Ins riesige Gemälde von Hammer und Sichel als blutrote Symbole schmuggelt er das Foto eines echten Hammers und einer echten Sichel, gekauft im Eisenwarengeschäft um die Ecke – inklusive Firmenaufdruck und Produktionsnummer.

Man sollte diese Ausstellung nicht besuchen, weil Keith Haring und Andy Warhol berühmt sind oder weil man ihren Stil mag. Man sollte sie besuchen wegen der Inhalte.

"Andy Warhol & Keith Haring. Party of Life": Bis 26. Januar 2025 im Museum Brandhorst in München.

Zwei T-Shirts mit Bild von Warhol und einem Strichmännchen von Haring hängen von der Decke
Bildrechte: BR
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Andy Warhol & Keith Haring-Party of Life

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!