Selbstgebaute Instrumente, Schläuche und Kabel am Boden
Bildrechte: Markus Tretter Courtesy of the artist © Tarek Atoui, Kunsthaus Bregenz
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Tarek Atoui: Souffle Continu. Installationsansicht 1. Obergeschoss Kunsthaus Bregenz, 2024

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Sounddesigner Tarek Atoui im Kunsthaus Bregenz

Sounddesigner Tarek Atoui im Kunsthaus Bregenz

Tarek Atoui ist Geräuschemacher, Sounddesigner und Komponist in einem. Der Sound kommt bei ihm mitunter aus dem Inneren großer Steine oder verfängt sich in den Kanten riesiger Stahlträger. Jetzt ist er im Kunsthaus Bregenz zu erleben.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 Kulturleben am .

Ein Klingen, Rauschen, Pulsieren, Tönen und Dröhnen: zart, konzentriert, an- und abschwellend. Die Instrumente für diese Klanglandschaft liegen am Boden, selbstgebaute Flöten und Pfeifen aus Kupferrohren, dicke Schläuche, dazu Computer, Ventilatoren, Motoren. Alles ist miteinander verbunden. "Jeder Klang kann zu Musik werden", sagt Tarek Atoui, "solange man ihn in den Takt bringt oder den Begriff der Zeit einführt, wie es auch bei der Ambient-Musik und Brian Eno der Fall war, oder vielleicht durch die Abwesenheit von Zeit, durch die Überlagerung von Frequenzen und Klängen."

"Windhouse" heißt die Installation im ersten Stock im Kunsthaus Bregenz, alle Klänge entstehen hier durch Luft. Aber es geht nicht nur ums Hören, man kann den Klang auch spüren: Es gibt Kammern, die dem Inneren einer Orgelpfeife nachempfunden sind: Das Wummern und Dröhnen so tief, dass man den eigenen Körper als schwingende Masse empfindet, ohne dass der Ton extrem laut wäre. So müssen sich Gehörlose im Inneren eines Schiffsrumpfs fühlen. An anderer Stelle kommt die Vibration der hölzernen Bodenplatte oder ein kühler Luftstrom im Nacken hinzu.

Tarek Atoui macht Musik spürbar

Tarek Atoui ist Geräuschemacher, Sounddesigner und Komponist in einem. Darüber hinaus "komponiert er die Hörsituation", wie er es nennt: "Hier ist das Instrument, so spielt man es, das ist der Klang, den es macht, aber es geht auch darum: Wie nehmen wir den Sound wahr, wie kommt der Sound zu uns, nehmen wir den Sound über einen simplen Lautsprecher wahr, wie in Konzerten üblich oder durch einen Stein, einen Metallträger oder andere Elemente, die nicht gerade für Klang stehen, auch sie haben ihre Identität." Manchmal kommt der Sound aus dem Inneren großer Steine, manchmal aus großen Holzboxen oder er verfängt sich in den Kanten riesiger Stahlträger.

Bildrechte: Blaž Gutman Courtesy of the artist © Tarek Atoui, MGML
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Tarek Atoui: Horns of Putin, Ausstellungsansicht Standing Waves, Cukrarna Gallery MGML, Ljubljana

Doch das ästhetische Klangerlebnis reicht dem Künstler nicht, er will auch gesellschaftliche, politische, geografische oder historische Aspekte integrieren. "Waters Witness" heißt die große Installation im 2. Obergeschoss, riesige schwarze Stahlträger und massive Blöcke aus weißem Marmor verteilen sich im Raum, dazu Wasser-Stationen, an denen einzelne Tropfen in gefüllte Schalen fallen, manchmal liegen Mikrofone im Wasser, manchmal führt ein Schlauch hinein und erzeugt Blubberbläschen.

Hafen-Sound von Wasser bis Stahl

Die Aufnahmen stammen allesamt aus Häfen, aus Athen und Abu Dhabi, Singapur, Istanbul oder Sydney: Städte, für deren Entwicklung und Selbstverständnis der Hafen eine entscheidende Rolle spielt – oder besser: spielte. Häfen sind heute oft unzugängliche Enklaven, als Ort und Klang vom Rest der Stadt abgetrennt. Im Sound vereint Atoui Städte und Häfen wieder, führt Vogelstimmen und Arbeitsgeräusche zusammen, legt antiken griechischen Marmor und Stahlträger nebeneinander – alles verbunden durch den Sound des Wassers.

Tarek Atoui wurde 1980 in Beirut geboren, er ist also selbst an einem Hafen aufgewachsen: Vom Balkon aus hat er sehnsüchtig die Schiffe erwartet, die das Öl für den Strom brachten. Zur aktuellen Situation in seiner Heimat braucht er sich nicht mehr eigens zu äußern, seine Arbeit ist Statement genug: "Lasst uns einander zuhören, dann finden wir schon gemeinsam eine Lösung."

Tarek Atoui: Bis 12. Januar im Kunsthaus Bregenz.

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