Eine Originalillustration von Walter Trier: Ein Seehund, fröhlich schauend, und ein älterer Herr im gestreiften Badedress, in den Wellen. Die Internationale Jugendbibliothek München würdigt Walter Trier mit einer Ausstellung.
Bildrechte: Walter Trier / Stiftung Internationale Jugendbibliothek München
Audiobeitrag

Herr und Seehund: Illustration von Walter Trier zum Bilderbuch "The Steamer Jolly" aus dem Jahr 1948.

Audiobeitrag
> Kultur >

Spieler mit Stift und Farbe – eine Ausstellung über Walter Trier

Spieler mit Stift und Farbe – eine Ausstellung über Walter Trier

Mit dem Titelbild für Erich Kästners "Emil und die Detektive" entwarf der Illustrator eines der berühmtesten Buchcover überhaupt. Die Internationale Jugendbibliothek München würdigt nun Leben und Werk von Walter Trier. Zu sehen sind 60 Originale.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Wenn das mal gut geht: Till Eulenspiegel sitzt in einem großen Bienenkorb. Zwei Männer – der eine rund, der andere dünn – tragen ihn, von rechts nach links, und mühen sich sichtlich dabei ab, ihre Nasenspitzen sind schon ganz rot. Der Narr, frech aus dem Korb grinsend, zieht dem Vordermann am Haar, die roten Schellenbänder seiner Kappe wirbeln durch die Luft. Eine farbige Original-Illustration von Walter Trier für Erich Kästners Nacherzählung von Till Eulenspielgel, 1938 entstanden. Da lebte Trier schon in England, im Exil.

Bilder mit einer großen Überdeutlichkeit

"Till Eulenspiegel ist genau in der Mitte", sagt Rotraut Susanne Berner, eine der bekanntesten Illustratorinnen der Gegenwart. Sie steht vor dem Bild in der Internationalen Jugendbibliothek München (IJB) und betrachtet die Komposition. "Das Blatt ist auf die Hälfte quer geteilt, unten Gras, oben Himmel. Und diese übertriebenen, auf die Spitze getriebenen Bewegungen, das ist so typisch und so herrlich. Ohne dass es am Ende eine Karikatur wäre, hat es trotzdem eine Überdeutlichkeit. Man sieht die Figuren gleich nach links verschwinden."

Rotraut Susanne Berner, unter anderem mit ihren Wimmelbüchern in unendlich vielen Kinderzimmern zu Hause, zählt Walter Trier (1890 - 1951) zu den Künstlern, die sie mit Blick auf die eigene Arbeit geprägt haben und überdies ihr Leben lang begleiten. In der Kindheit las sie etwa Mark Twains Abenteuer von Tom Sawyer und Huck Finn, mit den klaren, pointierten Zeichnungen von Walter Trier. Jetzt sieht Rotraut Susanne Berner zum ersten Mal seine Originale.

"Er ist sehr definitiv, in seiner Linie", sagt die Künstlerin über Walter Triers Stil. "Wobei ich nachgelesen habe, dass er sehr oft korrigiert hat. Was mich als Kollegin sehr beruhigt, dass das nicht nur mir so geht. Man hat den Eindruck, dass das ein Wurf ist. Aber das ist das Entscheidende, was auf dem Blatt ist. Wie es entstanden ist, ist des Künstlers Geheimnis."

Bildrechte: Walter Trier / Stiftung Internationale Jugendbibliothek München
Bildbeitrag

Münchhausen auf kühnem Ritt. Eine Illustration von Walter Trier, links die typische Signatur: Trier.

Meeresbilder und Münchhausen

In der Walter-Trier-Ausstellung in der IJB sind 60 farbige Original-Illustrationen aus eigenem Bestand zu sehen, darunter zum Bilderbuch "The Jolly Steamer", einer Meeres-Geschichte, und zu den Abenteuer von Münchhausen, wiederum nacherzählt von Erich Kästner. Auf einem bunten Blatt fliegt der Lügenbaron – Spitzbart, Perücke und Uniformrock– von Enten (genauer von Erpeln!) gezogen über das Land, über Seen und Wälder. Das Bild – Gouache, Buntstift und Kreiden – entstand 1948, drei Jahre vor dem Tod Walter Triers.

Man sehe dabei eine große Lust an der Malerei und Landschaftsmalerei, sagt Rotraut Susanne Berner. "Münchhausen schwebt über eine Seenlandschaft. Und wir sehen einen sehr schönen, klassischen Himmel, Wolken – und da gibt es die berühmte Trier'sche Diagonale, in diesem Bild, die wir ganz oft finden. Rechts unten Münchhausen – und dann ziehen die Enten ihn nach links oben. Und auch das Lakonische daran: Münchhausen scheint überhaupt nicht besonders erstaunt zu sein über diesen Vorgang."

Der Künstler als Freigeist und Homo Ludens

Walter Triers Bilder sind spielerisch, heiter und zugewandt – und das, obwohl dieser Erzähler mit Stift und Farbe auch sehr dunkle politische Zeiten erlebte und aus Deutschland fliehen musste. Die IJB will Walter Trier nicht nur als Illustrator Erich Kästners würdigen, wenngleich die Kästner-Bücher im Mittelpunkt stehen, darunter auch "Emil und die Detektive" und "Die Konferenz der Tiere". Christiane Raabe, Direktorin der Internationalen Jugendbibliothek, will am Beispiel einzelner Exponate auch an den Menschen hinter den Bildern erinnern, etwa an eine große Leidenschaft für diverse Sportarten, darunter Tischtennis, ebenso für Spielzeuge aller Art.

In einem Buch aus dem Jahr 1922 hat Walter Trier ausgewählte Exponate seiner großen Spielzeug-Sammlung farbig illustriert und dazu kleine Texte geschrieben. Christiane Raabe beschreibt den Künstler als Homo Ludens - als spielenden Menschen: "Er spielte gerne auch Fußball, trieb Sport - und hatte neben dieser fantastischen künstlerischen Begabung die Freude, das Leben freundlich zu gestalten."

Bildrechte: Stiftung Internationale Jugendbibliothek
Bildbeitrag

Besondere Schätze: Bücher von Walter Trier

Tusch für einen großen Künstler

Walter Trier, ein Spieler auch mit Stift und Farbe, war ein Freigeist – Folge auch der Erziehung, die er im Elternhaus genoss. Und er hatte einen großartigen Humor. Auch das ist seinen Bildern immer wieder anzumerken. Eine der Original-Illustrationen, die jetzt in der Ausstellung in der IJB zu sehen sind, zeigt einen musizierenden Oktopus, aus dem "Jolly Steamer"-Bilder-Zyklus. Noch eines der Bilder, für die sich Triers Kollegin Rotraut Susanne Berner sehr begeistern kann: "Dieser Oktopus hat nicht umsonst so viele Arme. Er hat ein Akkordeon, er hat eine Geige, ein Saxophon und ein Schlagzeug – und stößt dabei die Tinte aus."

Und das alles im Wasser, ein Fisch zur rechten, ein Fisch zu linken, bunt und voller Poesie, dazu Blubberblasen und viel Tinte. Wie wäre es, fragt man sich, wenn dieses Tier sogleich einen laut vernehmbaren, fröhlichen Tusch spielte. Walter Trier, dessen großartige Kunst man nun in der Münchner Ausstellung neu oder einmal mehr entdecken kann, hätte eine solche musikalische Ehrung unbedingt verdient.

Die Ausstellung "Walter Trier. Der frech-fröhliche Illustrator von Erich Kästners Kinderbüchern" ist bis zum August in der IJB München zu sehen. In den kommenden Tagen gibt es im Haus - aus Anlass des Erich-Kästner-Jahres - zudem eine Tagung über den Humor bei Erich Kästner.

Bildrechte: Stiftung Internationale Jugendbibliothek
Bildbeitrag

Auftakt der Münchner Ausstellung: Eine Installation zum Cover von "Emil und die Detektive". Auch "Die Konferenz der Tiere" erhält einen Raum.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!